Toro Rosso hat ein Problem: Weil es für die Vorjahres-Power-Units Ferraris im Heck des STR11 im Saisonverlauf keine Updates gibt, wusste der Rennstall schon vor der Saison, die größten Punkte-Kohlen dringend schon in den Auftaktrennen aus dem Feuer holen zu müssen. Denn inzwischen beginnt allerorts das Wettrüsten der Motorenhersteller. Nur Toro Rosso muss zuschauen.

Allerdings hat es das Team verpasst - trotz vielversprechender Pace -, ein fettes Punktepolster aufzubauen. Selbst auf der für Toro Rosso vermeintlich starken Strecke in Monaco fiel das Team in der Konstrukteurswertung zuletzt sogar hinter Force India zurück. Mit 30 Punkten rangiert man nun auch noch gerade einmal sechs vor McLaren und acht vor Haas. Entsprechend gerät das Team schon beim kommenden siebten Lauf in Kanada in die Defensive.

Daniil Kvyat am Scheideweg seiner Karriere?, Foto: Sutton
Daniil Kvyat am Scheideweg seiner Karriere?, Foto: Sutton

Das letzte Rennen: Tiefschlag für Kvyat

Wenn es einmal nicht läuft dann klappt gar nichts mehr. So aktuell auch bei Daniil Kvyat. Im zweiten Rennen nach der Ausbootung bei Red Bull streikte beim Russen in der Startphase des Monaco GP die Technik. Kvyat fiel weit zurück, die folgende Aufholjagd endete früh - im Auto von Kevin Magnussen. Für die Kollision kassierte Kvyat obendrein noch eine Strafversetzung: In Kanada bekommt der Russe drei Plätze auf sein Qualifying-Resultat aufgebrummt. Längst ist im Haifischbecken F1 unter der Hand vom leisen Abschied Kvyats aus der Formel 1 die Rede.

Doch Kvyat macht sich nichts draus. "Der Frust vom Rennen vergangene Woche in Monaco ist jetzt vergessen und hat mich nur noch entschlossener gemacht, zu zeigen, wozu ich in der Lage bin", sagt Kvyat kämpferisch. "Sobald ich zurück Zuhause war, lag mein Fokus schon voll auf dem Kanada GP."

Besser, aber schlechter als in Monaco erhofft, lief das Rennen für Carlos Sainz. P8 war im Fürstentum weit weniger als der eigentliche Anspruch Toro Rossos auf einer langsamen Strecke wie dieser.

Die Neuerungen: Unauffällig bleiben

Großartige Neuigkeiten oder Sensationen gibt es bei Toro Rosso in Kanada offenbar nicht. Das typische Low-Downforce-Paket wird auch dieser Rennstall in Montreal auspacken, konkrete Upgrades nennt das Team im Vorfeld wie üblich nicht. An der 2015er Ferrari-Power-Unit ändert sich ohnehin nichts. Die Reifenwahl fällt im Vergleich zur Konkurrenz weder sonderlich aggressiv noch defensiv aus.

Die Erwartungen: Punkte trotz Power-Problemen im Visier

"Ich will mehr Punkte und das können wir schaffen. Also lasst uns dafür kämpfen!" fordert Sainz im Vorfeld des Wochenendes. Aus dem Spanier spricht eine gewisse Verstimmung, nachdem es in Monaco eben 'nur' zu P8 gereicht hatte. Doch ist es höchst fragwürdig, dass Sainz in Kanada mehr als vier Punkte erzielen kann. Selbst zusammengenommen mit den zu erwartenden Zählern seines Teamkollegen ist das ein ambitioniertes Ziel.

Der Grund: Das enge Monaco kam den Eigenschaften des Toro Rosso deutlich besser entgegen als die Power- und Stop&Go-Strecke in Kanada. Ohnehin treibt die Leistung Toro Rosso zunehmend Sorgenfalten in die Stirn. Immerhin gibt es für die 2015er Power Unit im Heck keine Upgrades mehr während rundherum die Konkurrenz Token um Token nachlegt. In Kanada etwa soll Ferrari für das neue Aggregat einen verbesserten Turbolader im Gepäck haben. Davon würde mit Haas ein direkter Widersacher Toro Rossos profitieren.

Noch dazu sind zwei andere Konkurrenten - Williams und Force India - dank Mercedes-Power auf den zahlreichen Geraden des Circuit Gilles Villeneuve auch ohne Ausbaustufe im Vorteil. Entsprechend muss Toro Rosso seine Bestform abrufen, um zumindest eine kleine Chance auf ein oder zwei Punkte zu haben. "Ich und das Team bleiben positiv gestimmt und wir werden hart zusammen arbeiten, das bestmögliche Resultat zu erzielen", sagt Kvyat. Seine Gridstrafe hilft dabei natürlich so gar nicht.

Die Statistik: Toro Rosso beim Kanada GP

SiegePolesSchn. RundenPodiumPunktekm geführt
Toro Rosso - --- 224
Daniil Kvyat - --- -2
Carlos Sainz - --- --

Toro Rosso: Montreal Bilanz

Toro Rosso in Montreal: Das beste Resultat für Toro Rosso in Montreal fuhr vor zwei Jahren Jean-Eric Vergne als Sechster heraus. Hinzu kommen vier achte Plätze, die von Sebastian Vettel, Sebastien Buemi, Jaime Alguersuari und abermals Vergne errungen wurden.

Carlos Sainz in Montreal: Keine atemberaubende Premiere für den Spanier. Beim Kanada-Debüt reichte es im Vorjahr nur zu P12 - immerhin drei Plätze vor Teamkollege Max Verstappen.

Daniil Kvyat in Montreal: Kvyat gab schon 2014 sein Kanada-Debüt, schied jedoch wegen eines Motorproblems vorzeitig aus. Im Vorjahr gelang mit Red Bull immerhin ein neunter Platz.

Die Prognose: Punkte Hartes Brot

  • Alter Ferrari-Motor zunehmend von Nachteil
  • McLaren und Haas jetzt auf Augenhöhe?
  • Direkter Gegner Force India zuletzt stärker in Form
  • Auch Williams wegen Mercedes-Power im Vorteil
  • Kvyat fährt Form weiter hinterher
  • Bittere Strafversetzung gegen Kvyat

Motorsport-Magazin.com meint: Toro Rosso wird in Kanada seine liebe Mühe haben, aus eigener Kraft in die Punkte zu fahren. Zum überlegenen Top-Trio Mercedes, Ferrari und Red Bull gesellen sich auf der Power-Strecke Kanada dank Mercedes-Aggregaten auch noch Williams und Force India als höchstwahrscheinlich unbezwingbare Gegner. Noch dazu fällt das eigene Aggregat (der 2015er Ferrari-Motor) zunehmend zurück, sodass auch McLaren und Haas vorbeizuziehen drohen. (Jonas Fehling)