"Ich kann nicht glauben, dass ich 44 Siege in der Formel 1 habe." Lewis Hamilton gelang in Monaco der so sehnlich erhoffte Befreiungsschlag nach einer ganzen Reihe verkorkster Rennen, acht Jahre nach seinem letzten Sieg im Fürstentum. In einem ausgesprochen turbulenten Grand Prix setzte sich der Mercedes-Pilot nicht zuletzt dank eines verpatzten Boxenstopps von Red-Bull-Fahrer Daniel Ricciardo durch und ist nun wieder voll zurück im Titelkampf.

Rosberg ließ Hamilton vorbei, Foto: Sutton
Rosberg ließ Hamilton vorbei, Foto: Sutton

Von Position drei gestartet, hing Hamilton zunächst einige Zeit hinter seinem Teamkollegen Nico Rosberg fest, ehe Mercedes zur Teamorder griff und den Briten am Deutschen vorbeischleuste. Rosberg hatte Probleme, seine Reifen auf Temperatur zu bringen, und hielt Hamilton auf, während Ricciardo sich an der Spitze sukzessive absetzte.

"Als ich hinter Nico war, wusste ich, dass ich viel schneller als er war und ihn überholen muss, um das Rennen zu gewinnen", schilderte Hamilton, der verriet, dass es bei Mercedes eine teaminterne Abmachung gibt, die Positionen zu tauschen, wenn es dem Wohl des Rennstalls zuträglich ist.

"Mein Ingenieur sprach zu mir und ich sagte, ich bin viel schneller, aber es ist so schwierig zu überholen. Ich spürte, ich kann dieses Rennen gewinnen, hing aber fest. Ich hatte den Plan, ihn zu überholen und habe nach Schwachpunkten gesucht", wollte sich Hamilton zunächst auf eigene Faust vorbeikämpfen, ehe er von Rosberg durchgelassen wurde.

Mercedes zockt erfolgreich

Während Spitzenreiter Ricciardo, der über einen Vorsprung von mehr als zehn Sekunden verfügte, zunächst von Regenreifen auf Intermediates wechselte, blieb Hamilton länger auf den Full Wets, um dann direkt zu den Slicks zu greifen. "Die einzige Möglichkeit, das Rennen zu gewinnen, war zu zocken, und auf den Regenreifen draußen zu bleiben", erklärte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.

Hamilton hielt Ricciardo hinter sich, Foto: Sutton
Hamilton hielt Ricciardo hinter sich, Foto: Sutton

Hamilton hatte zu diesem Zeitpunkt einen Vorsprung von 28 Sekunden auf Rosberg und verfügte damit über einen Puffer von knapp zehn Sekunden, konnte also ein wenig pokern. "Wir brauchten die zehn Sekunden nicht. Es war die richtige Entscheidung, draußen zu bleiben. Es war eine aggressive Entscheidung, schlussendlich aber die richtige", betonte Wolff.

Hamilton selbst war in diese Entscheidung voll eingebunden. "Als das Team mir sagte, an die Box zu kommen, konnte ich erkennen, dass die Strecke abtrocknete. Meine Reifen fühlten sich dabei noch ziemlich gut an. Das teilte ich ihnen mit und sie sagten dann, dass ich draußen bleiben sollte. Das ist super aufgegangen", erzählte er, wie er sich einen Stopp sparte.

Hamilton profitiert von Ricciardos Pech

Hamilton kam eine Runde vor Ricciardos zweitem Stopp an die Box. Da der Stopp des Red-Bull-Piloten völlig daneben ging, als er ebenfalls auf Slicks wechselte, gelang es Hamilton, die Führung zu übernehmen. "Als ich die Gerade entlang fuhr und sah, dass er aus der Boxengasse herauskam, wusste ich, dass ich vorbei war, weil es dort sehr nass war und er nicht so schnell Tempo aufnehmen konnte", schilderte der Brite den Wendepunkt des Rennens aus seiner Sicht. "Wenn er keinen schlechten Stopp gehabt hätte, wäre ich nicht vorne gewesen."

In weiterer Folge versuchte Ricciardo immer wieder, an Hamilton vorbeizukommen, dieser behauptete die Spitze jedoch beharrlich und überquerte schlussendlich als Erster die Ziellinie. Brenzlig wurde es für den dreimaligen Weltmeister aber doch noch einmal, nämlich als es in der Schlussphase des Rennens erneut zu Nieseln begann.

"Ich dachte mir einfach: 'Lieber Gott, bitte lass es noch ein paar Runden trocken sein'", schickte Hamilton ein Stoßgebet zum Himmel. Gleichzeitig war sich der Mercedes-Pilot aber auch im Klaren, dass er den Grand Prix kaum gewonnen hätte, hätte es zu Beginn nicht geregnet, da es nicht zum turbulenten Rennverlauf gekommen wäre. "Wäre es trocken geblieben, hätte es keine Chance gegeben."

Titel für Hamilton wieder in Reichweite

Weil Rosberg lediglich Siebter wurde, beträgt Hamiltons Rückstand in der Weltmeisterschaft nur noch 24 Punkte. Die Titelverteidigung scheint also wieder möglich. "Ich genieße derzeit einfach nur den Moment. Es ist noch ein weiter Weg, und die letzten Rennen zeigen, dass alles möglich ist", wollte der 30-Jährige kurz nach dem Rennen aber noch gar nicht so weit denken, sondern freute sich lieber, dass es seiner in den letzten Wochen und Monaten arg gebeutelten Crew endlich wieder glückte, einen Sieg zu feiern.

Ähnlich sah auch Wolff die Lage. "Wenn man zusammen durch schlechte Zeiten geht, stärkt das die Beziehung. Wir hatten viele Diskussionen und schwierige Momente, aber am Ende war das genau, was der Arzt verschrieben hat. Wir brauchten diesen Sieg", brachte es der Österreicher auf den Punkt. "Auch wenn ich sehr mit Nico fühle, ist es einfach eine große Erleichterung, den Sieg mit Lewis gefeiert zu haben nach einer furchtbaren Pechsträhne."

Für Hamilton könnte der Umschwung gerade zur rechten Zeit gekommen sein, geht es in zwei Wochen doch nach Kanada auf eine seiner absoluten Lieblingsstrecken. Schon vier Mal konnte der Brite in Montreal gewinnen, so oft wie kein anderer aktiver Pilot.