Ein Top-Thema des Rennwochenendes in Barcelona steht schon lange vor dem Spanien GP fest: Wie schlägt sich Youngster Max Verstappen bei seinem Debüt im Red Bull? Wie? Was? Max Verstappen im RB12? Ja. Nach seiner doppelten Torpedo-Attacke gegen Sebastian Vettel in Russland hat der Rennstall Daniil Kvyat mal eben ausgebootet und durch den Youngster vom eigenen B-Team Toro Rosso ersetzt. Kvyat soll derweil dort wieder in Ruhe zu seiner Normalform zurückfinden, so die offizielle Version des Rennstalls.

In der Szene gilt der fliegende Fahrerwechsel jedoch vielmehr als Vorsichtsmaßnahme Red Bulls gegen Verstappen-Abwerbungsversuche seitens Ferrari. Kvyat doppelter Patzer bei seinem Heimrennen sei da gerade recht gekommen, heißt es unter vorgehaltener Hand. Rein sportlich gilt es für Red Bull Racing unterdessen, in Spanien wieder gegen Williams zu kontern. Das Traditionsteam hatte zuletzt das Ruder im Ringen um die dritte Kraft der F1 herumgerissen.

Das letzte Rennen: Nullnummer in Russland

Ein Debakel war der Russland GP für Red Bull Racing. In China noch überragend in Form (P2 und P4) schaffte es in Sochi keiner der beiden Red Bulls auch nur einen einzigen Zähler einzufahren. Daniil Kvyat verspielte bereits durch seine doppelte Kollision mit Sebastian Vettel in Runde eins und die resultierenden Strafen und Schäden alle Chancen.

Dasselbe gilt im Grunde auch für Teamkollege Daniel Ricciardo. Der Bolide des Australier wurde bei dem ersten Crash ebenfalls beschädigt, mehr als Platz elf war nicht mehr drin. Zu einem ähnlich starken Ergebnis wie in Shanghai hätte es allerdings auch ohne den Start-Horror nicht gereicht. Williams war in Russland einfach eine Ecke schneller, Geraden und Mercedes-Power sei Dank. Noch dazu verzockte Red Bull sich mit der Strategie.

Die Neuerungen: Verstappen statt Kvyat

Die wesentliche Neuerung ist natürlich Max Verstappen, der Daniil Kvyat ersetzt. Ansonsten gibt es bei Red Bull nicht sonderlich viel zu melden, einmal abgesehen von den Barcelona-üblichen Upgrades zum Europaauftakt der Formel 1. Details hierzu sind allerdings nicht bekannt, auch Red Bull spielt im Geheimniskrämerclub F1 mit großer Leidenschaft mit. Eine Ausbaustufe der Power Unit Renaults lässt ebenfalls - planmäßig - weiter auf sich warten. Erst beim übernächsten GP in Kanada kommt das Power-Plus aus Frankreich.

Die Erwartungen: Schnuppern am Podium

Dass man in Russland aufgrund des Streckenlayouts auch unter idealen Umständen keine Chance auf ein weiteres Top-Ergebnis gehabt hätte, ist auch im Red-Bull-Lager gut bekannt. Mindestens genauso sehr, wie die in Spanien wieder deutlich besseren Aussichten. "Wir kommen für gewöhnlich ziemlich gut auf dem Circuit de Catalunya klar, also freue ich mich drauf", sagt Daniel Ricciardo - und erklärt auch, warum das so ist.

"Barcelona ist ein ziemlicher High-Downforce-Kurs. Also können wir die meisten der Teile ans Auto bringen, die es schneller machen. Die Strecke ist auch ziemlich hart zu den Reifen und genau da sind wir normalerweise ein bisschen stärker als die anderen Teams um uns herum", beschreibt der Australier. "Das macht es zu einer guten Gelegenheit für uns, nahe an das Podium heranzukommen", hofft Ricciardo.

Sein neuer Teamkollege Max Verstappen warnt jedoch indirekt, die Hauptgerade sei ziemlich lang, da brauche es eine gute Top-Speed. Genau die schafft Red Bull aber nur, wenn man etwas Downforce opfert. Bislang scheint das jedoch gut zu funktionieren. Im Klartext: Das Chassis des RB12 ist so stark, dass es ein wenig mehr Fokus auf schnelle Endgeschwindigkeit in den Kurven durchaus verzeiht.

Alles andere als Standard. Vielleicht freut sich Verstappen auch deshalb ganz besonders über sein Debüt. "Ich bin total von der Gelegenheit begeistert, für Red Bull Racing zu fahren und kann es gar nicht abwarten, in Barcelona ins Auto zu springen", schwärmt er. Konkrete Ziele setzt er sich für seine Premiere nicht, geht die Sache aber gewohnt professionell an: "Ich muss vor dem Rennen noch viel Arbeit erledigen, viele Daten studieren, aber zum Glück kenne ich die Strecke gut, weil ich dort schon viel gefahren bin."

Papa Jos hegt jedenfalls nicht den leisesten Zweifel an einer starken Vorstellung seines Juniors. "Max ist bereit, er hat das gezeigt. Er macht wenige Fehler, wächst schnell und fährt starke Rennen, in denen er massiv punktet", sagt Verstappen senior auf der Homepage seines Sohnes. Dennoch brauche er sicherlich ein wenig Eingewöhnungszeit: "Er muss mit dem neuen Auto klarkommen, anderen Arbeitsweisen und dem ganzen Team. Max muss langsam anfangen, das Auto kennenlernen und dann Schritt für Schritt das Limit finden." Red Bull räume ihm allerdings diese Zeit ein.

Die Statistik: Red Bull beim Spanien GP

SiegePolesSchn. RundenPodiumPunktekm geführt
Red Bull 2 215 161498
Daniel Ricciardo - --1 22-
Max Verstappen - --- --

Red Bull: Barcelona-Bilanz

Red Bull in Barcelona:Für das vierfache Weltmeisterteam stehen in Barcelona zwei Siege zu Buche, die von Mark Webber (2010) respektive Sebastian Vettel (2011) erzielt wurden. Hinzukommen drei dritte Plätze aus den Saisons 2009, 2010 und 2014.

Daniel Ricciardo in Barcelona: Der Australier stand 2014 zum ersten Mal in seiner Karriere auf dem Podium. Ricciardo belegte in Barcelona den dritten Platz und schlug damit seinen Teamkollegen Sebastian Vettel. Zuvor hatte ein zehnter Rang Ricciardos Bestleistung in Spanien dargestellt. 2015 wurde er Siebter.

Max Verstappen in Spanien: Bei seinem Debütrennen in Barcelona verpasste Max Verstappen 2015 als Elfter die Punkte denkbar knapp. Nur eine Sekunde fehlte auf den Zehntplatzierten - und das war ausgerechnet Daniil Kvyat im Red Bull.

Bisher kennt Verstappen den Red Bull nur mit Schneeketten, Foto: Red Bull Content Pool
Bisher kennt Verstappen den Red Bull nur mit Schneeketten, Foto: Red Bull Content Pool

Die Prognose: Dritte Kraft - mindestens!

  • Bewährungsprobe für Verstappen
  • Schnelle Kurven liegen dem RB12
  • Lange Start-Ziel-Gerade dafür weniger
  • Hoher Verschleiß gut für Reifenflüsterer von Red Bull

Motorsport-Magazin.com meint: Dank des kurvenreichen Layouts ist mit Red Bull dank deren starken Chassis' in Barcelona wieder absolut zu rechnen. Jedenfalls deutlich mehr als zuletzt in Russland. Williams sollte das Team als dritte Kraft also wieder klar ablösen können. Mit etwas Rennglück ist sogar ein Kampf mit Ferrari und/oder Mercedes um einen Podiumsplatz drin. Schwachstellen sind jedoch auch auszumachen - genau zwei: Die lange Start/Ziel-Gerade und nötige Eingewöhnungszeit für Max Verstappen. (Jonas Fehling)