Stoffel Vandoorne hat früher als erwartet sein Grand-Prix-Debüt in der Formel 1 gegeben. In Bahrain drehte der Belgier seine ersten Runden als Ersatzmann für Fernando Alonso, der wegen seiner Verletzung absagen musste. Dass Vandoorne so schnell in den McLaren-Honda steigen würde, hätte er selber nicht gedacht. Am Freitagmorgen erst kam der 24-Jährige in Bahrain an, um wenig später bereits im 1. Training Gas zu geben.

Donnerstagabends saß der F1-Rookie noch in Okayama, Japan am Flughafen - zunächst unsicher, ob er wirklich fahren würde. Eigentlich waren Testfahrten in der Superleague Formula anberaumt gewesen. "Gestern Abend kam der Anruf von Eric (Boullier:d.Red.), als ich Japan verlassen habe", sagte Vandoorne. "Dann wurde es ein bisschen hektisch. Ich hatte einige Telefonate mit den McLaren-Ingenieuren. Sie haben mir alle nötigen Informationen durchgeschickt. Ich hatte im Flieger also einiges zu lesen."

Kleine Hoffnung

Zu Beginn der Woche hatte es erste Anzeichen gegeben, dass Vandoorne tatsächlich in Bahrain zum Einsatz kommt. Boullier teilte dem eigentlichen Ersatzmann mit, dass Alonso noch den medizinischen Check der FIA bestehen müsse. "Er sagte, dass die Chance auf einen Einsatz wahrscheinlich ziemlich gering ist", so Vandoorne. "Normalerweise schaffen die Fahrer den FIA-Check ziemlich locker. Deshalb hatte ich mir keine größeren Hoffnungen gemacht." Doch Alonsos Genesungsprozess war vor allem im Brustbereich nach dem Australien-Crash nicht weit genug fortgeschritten, um die Rennfreigabe von den Ärzten zu erhalten.

Vandoorne hat seit 2014 einige Formel-1-Tests bestritten - zuletzt beim Regenreifen-Test in Paul Ricard - doch den aktuellen McLaren war er bis zum Training in Bahrain noch nie gefahren. Dafür schlug sich das Supertalent gut. Die beiden Sessions schloss er auf den Plätzen 14 und 11 ab, sein Rückstand auf Gradmesser und Teamkollege Jenson Button betrug je rund acht Zehntelsekunden. Hilfe bei seiner Premiere erhielt Vandoorne dabei von oberster Stelle: Fernando Alonso. Der Spanier unterstützte das Team und auch Vandoorne am Freitag in der Garage.

"Fernando war den ganzen Tag hier und hat mir gut geholfen", bedankte sich Vandoorne bei seinem prominenten Fahrlehrer. "Er gab Kommentare zum Setup des Autos und was wir im Training probieren sollen. Das war eine sehr gute Hilfe. Es ist nie ideal, ins Auto zu springen ohne vorher getestet zu haben und Fernando kennt das Auto natürlich besser als ich. Ich kann mir schon vorstellen, dass es hart für Fernando ist, nicht zu fahren. Er wird alles dafür tun, um schnellstmöglich wieder fit zu werden."

Stoffel Vandoorne kam kurzfristig zu seinem F1-Debüt in Bahrain, Foto: Sutton
Stoffel Vandoorne kam kurzfristig zu seinem F1-Debüt in Bahrain, Foto: Sutton

Ein bisschen Druck ist da

Trotzdem freute sich Vandoorne über die Gelegenheit, echte Formel-1-Luft schnuppern zu können. Immerhin schielt der amtierende GP2-Meister ab 2017 auf ein Stammcockpit in der Königsklasse. Der Bahrain Grand Prix liefert einen guten Vorgeschmack auf die verheißungsvolle Zukunft. "Ich spüre jetzt aber nicht so viel Druck", blieb Vandoorne zunächst einmal locker. "Ein bisschen Druck ist natürlich schon da, du willst ja eine gute Leistung zeigen. Aber ich fühle mich zu 100 Prozent bereit."

Zumindest im Simulator konnte sich Vandoorne mit dem 2016er McLaren vertraut machen. Dort sei er zuletzt viel gefahren, erklärte das Ausnahmetalent am Freitagabend im Fahrerlager. Denn: "Wenn du dann wirklich einmal fährst, kommt die Info auf den letzten Drücker. Deshalb musst du so gut wie möglich vorbereitet sein." In den Trainings standen zudem zahlreiche Übungs-Starts und Boxenstopps auf dem Programm, um sich auch unter realen Bedingungen vorzubereiten.

Bester Hashtag der Formel 1: #BelieveInStoffel, Foto: Sutton
Bester Hashtag der Formel 1: #BelieveInStoffel, Foto: Sutton

Stoffels Stolpersteine

Ein weiterer Punkt des ausgiebigen Programms: die Kommunikation mit dem Kommandostand. Seit der Einschränkung des Funkverkehrs ist es schwieriger geworden für die Fahrer - das gilt noch mehr für einen Rookie wie Vandoorne. "Das ist auf jeden Fall eine größere Herausforderung, weil ich das ja noch nie gemacht habe", erklärte er. "Ich habe anderen Fahrern dabei zugeschaut und es auch mal im Simulator versucht. Aber es ist immer eine andere Nummer, wenn du selbst am Steuer sitzt. Wir haben das heute ausgiebig geübt, und es lief ganz gut."

Vorteil Vandoorne: Er kennt den Bahrain International Circuit gut aus seiner Vergangenheit, muss sich also nicht auch noch an eine neue Rennstrecke gewöhnen. 2014 und 2015 gewann er in der GP2 jeweils das Hauptrennen in der Wüste. "Ich bin hier schon einige Rennen gefahren und hatte Erfolg", sagte Vandoorne auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Und irgendwann musste ja der Tag kommen, an dem ich mein Debüt in der Formel 1 gebe. Jetzt ist die Chance gekommen und dafür bin ich sehr dankbar."

Teamkollege Button überraschte im 2. Training mit der drittschnellsten Zeit - wenn es auch eher eine Momentaufnahme war. Ziele wollte sich Vandoorne jedenfalls nicht setzen für das Rennen am Sonntag. "Es heißt immer, dass das erste Mal ein bisschen schwer zu genießen ist, vor allem, wenn du nur einen Schuss hast", sagte er. "Aber ich möchte so viel Spaß haben wie möglich. Ziele habe ich mir nicht gesetzt. Jeder weiß ja, dass das mein erstes Rennen wird. Ich möchte es erst einmal genießen und dann schauen, wo wir landen."