Williams ist mit einem hohen Anspruch in die Formel-1-Saison 2016 gestartet: Nicht nur den dritten Platz in der Konstrukteurs-WM verteidigen, sondern Ferrari auf Rang zwei attackieren. Im Idealfall soll mit dem neuen FW37 sogar der Angriff auf Mercedes geführt werden. Doch nach Zurückhaltung bei den Testfahrten erschütterte auch der Saisonstart die ganz großen Hoffnungen des Traditionsrennstalls aus Grove.

Das letzte Rennen: Unter Wert geschlagen

In Melbourne lieferte Williams nämlich eine andere Vorstellung, als man sich versprochen hatte. Das Team war in Australien nicht klare dritte Kraft mit Tuchfühlung zur Spitze, sondern musste sich nach dem Rennen sogar fragen, überhaupt noch an dritter Stelle in der Hackordnung zu rangieren. So erzielte Felipe Massa als Fünfter noch das bessere Ergebnis der beiden Williams-Piloten - allerdings weit abgeschlagen hinter Daniel Ricciardo, 'fair and square' besiegt von dem Fahrer Red Bulls.

Valtteri Bottas musste sich nach einem verwachsten Qualifying und einer zusätzlichen Strafe wegen eines Getriebewechsels sogar nur mit Rang acht abfinden. Immerhin noch eine starke Aufholjagd des Finnen, aber begünstigt durch die Rennunterbrechung im Albert Park und die sich selbst gegenseitig ausbremsenden Youngster von Toro Rosso..

Williams droht auch von Force India überflügelt zu werden, Foto: Sutton
Williams droht auch von Force India überflügelt zu werden, Foto: Sutton

Die Neuerungen: Kein Reifen-Risiko

Besonders auffällig ist bei Williams im Vorfeld des Bahrain GP die Reifenwahl für das Wüstenrennen. Wie Ferrari verfolgt das Team einen sehr konservativen Ansatz, setzt auf drei der härtesten Mischungen, während die Konkurrenz von Mercedes, Red Bull, Toro Rosso und Force India geschlossen maximal zwei Satz, oft sogar nur den Pflichtsatz, bei Pirelli geordert hat.

"Bei der Reifenwahl gibt es eine gewisse Abweichung mit Ferrari und uns, die eine etwas andere Route verfolgen als Mercedes. Es wird interessant sein, zu sehen, wie sich das im Lauf des Wochenendes bemerkbar macht", sagt Technikdirektor Pat Symonds. Ebenfalls gespannt ist Symonds auf die Auswirkungen der in Bahrain mehr als in Melbourne geforderten - und damit weiter geöffneten - Kühlsysteme auf die aerodynamische Performance. Fast so sehr wie auf die für Samstag angekündigte neue, kürzere Ausführung der Nase.

Die Erwartungen: Ziemlich bescheiden ...

Williams' großes Problem im Kampf um Platz drei ist nicht nur Red Bull. Vor allem deren Nachwuchs macht dem Rennstall Sorgen. "Toro Rosso hat uns richtig überrascht. Die sind schneller als Red Bull. Red Bull hat seine Karten im Rennen nur gut ausgespielt und einfach das Maximum herausgeholt", warnt Symonds. Damit spielt der Technikdirektor auf die strategischen Patzer des Youngster-Teams Down Under an. Nur das verhinderte nach einem extrem starken Qualifying ein genauso gutes Rennergebnis.

"Wir sehen Toro Rosso, dann uns, dann Force India. Ich würde aber nicht groß zwischen uns Force India und Red Bull unterscheiden", sagt Symonds. Es hänge auch stets von der jeweiligen Strecke ab. Für Bahrain geben sich die Piloten was dies betrifft jedoch optimistisch. "Ich habe dort schon zwei Mal gewonnen und erwarte ein gutes Rennen. Ich hoffe wirklich, dass wir ein fantastisches Resultat erzielen können - an einem Ort, den ich wirklich sehr mag", sagt Felipe Massa.

Ähnlich äußert sich sein Teamkollege. "Ich hatte im vergangenen Jahr ein schönes Ergebnis", sagt Valtteri Bottas, der 2015 nicht nur den Ferrari von Sebastian Vettel in Schach gehalten, sondern als Vierter schon das beste Ergebnis der Team-Geschichte in Bahrain eingefahren hatte. "Es ist eine ganz andere Strecke als Melbourne, vielmehr eine klassische Rennstrecke als ein Straßenkurs. Deshalb wird es interessant sein, zu sehen, wo wir im Vergleich mit den anderen stehen."

Bitter für Williams: Ganz nach vorne orientieren kann sich das Team gerade realistisch gesehen nicht. "Jeder kennt die Macht von Mercedes und Ferrari und was sie mit ihren Programmen leisten können - das ist mehr als wir", stellt Claire Williams fest. Trotzdem bleibt für die stellvertretende Teamchefin das Ziel in Stein gemeißelt. "Ich will, dass das Team ein Rennen gewinnt."

Die Statistik: Williams beim Bahrain GP

SiegePolesSchn. RundenPodiumPunktekm geführt
Williams 0 010 350
Felipe Massa 2 113 49552
Valtteri Bottas 0 000 160

Williams: Bahrain Bilanz

Williams in Bahrain: Große Erfolge gab es für die Truppe aus Grove in Bahrain bislang nicht zu feiern, Williams wartet noch auf einen Podestplatz. Als bestes Ergebnis steht ein vierter Platz von Valtteri Bottas aus der Vorsaison zu Buche.

Felipe Massa in Bahrain: Für Felipe Massa ist der Bahrain International Circuit beinahe so etwas wie eine Lieblingsstrecke. Der Brasilianer hat im Wüstenstaat bereits zwei Siege (2007, 2008) auf der Habenseite, darüber hinaus belegte er 2010 den zweiten Platz. Zudem sah Massa bei seinen elf bisherigen Auftritten in Bahrain stets das Ziel und schied nie aus.

Valtteri Bottas in Bahrain: Der Finne steigerte sich beständig. Verpasste Bottas 2013 als 14. noch die Punkteränge, schrieb er 2014 als Achter zum ersten Mal an und schrammte im Vorjahr als Vierter nur knapp am Podium vorbei.

Red Bull möchte man im Williams-Lager gerne wieder hinter sich lassen ..., Foto: Sutton
Red Bull möchte man im Williams-Lager gerne wieder hinter sich lassen ..., Foto: Sutton

Die Prognose: Williams unter Druck

  • Mercedes und Ferrari sind außer Reichweite
  • Toro Rosso dank Ferrari-Power mindestens gleichauf
  • Mercedes-Power als Ass auf langen Geraden im Duell mit Red Bull
  • Von hinten macht Force India mit neuer Nase Druck
  • Konservative Reifenwahl als Unsicherheitsfaktor: Vor- oder Nachteil?

Motorsport-Magazin.com meint: Williams droht in Bahrain endgültig das bittere Erwachen. In Melbourne konnte das Team das durchwachsene Ergebnis noch gut mit den dort stets wenig repräsentativen Bedingungen erklären. Läuft es in der Wüste nicht deutlich besser, muss sich Williams schon eingestehen, 2016 nichts mit der Spitze zu schaffen zu haben. Realistisch gesehen geht es in Bahrain jedoch vor allem darum, erst einmal irgendwie Rang drei in der Hackordnung zu retten. Toro Rosso erscheint jedoch einen Schritt voraus. Auch die bei Force India angekündigten Upgrades müssen die Alarmglocken in Grove läuten lassen ... (Jonas Fehling)