Es war der Auftakt zum heiß ersehnten Duell der Formel-1-Saison 2016: Mercedes gegen Ferrari, Lewis Hamilton gegen Sebastian Vettel. Und am Ende? Doppelsieg für die Silberpfeile, Vettel musste sich mit dem letzten Podestplatz zufriedengeben. Klingt erst einmal wie eine Fortführung der vergangenen Saison. Doch der Australien Grand Prix hat gezeigt: Die Scuderia ist näher dran als es Mercedes lieb sein dürfte.

Zwar half Ferrari dank taktischer Fehlleistung mit, dass Vettel um seinen ersten Saisonsieg gebracht wurde - doch das Weltmeister-Team ist gewarnt, denn: Ferrari wäre in Melbourne durchaus in der Lage gewesen, das Rennen aus eigener Kraft zu gewinnen. "Sie sind viel näher dran als im vergangenen Jahr", sagte auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. "Diesmal haben wir sie nicht von ihrer stärksten Seite gesehen. Aber sie werden noch kommen."

Sebastian Vettel hatte zwischenzeitlich Chancen auf den Sieg in Australien, Foto: Ferrari
Sebastian Vettel hatte zwischenzeitlich Chancen auf den Sieg in Australien, Foto: Ferrari

Näher dran als je zuvor

In Australien führte ein Traumstart Vettel in Richtung Siegerstraße. Doch die falsche Reifenwahl infolge der Rotphase nach Alonsos Horror-Unfall brachte ihn um den potenziellen Sieg. Ein kapitaler Verbremser kostete Vettel schließlich auch den möglichen zweiten Platz. Doch Vettel wirkte trotz der - wie Maurizio Arrivabene es ausdrückte - Niederlage besser gelaunt als erwartet. Der vierfache Weltmeister weiß: Ferrari ist näher an Mercedes dran als je zuvor.

"Australien ist eine unserer schlechtesten Strecken, und wir waren dieses Jahr schon deutlich besser", sagte Vettel. "Dieses Jahr bietet uns viel mehr Potenzial, auch wenn wir vielleicht noch nicht ganz da sind, wo wir stehen wollen. Es gibt noch sehr viel zu tun, aber wir sind auf dem richtigen Weg." Vor allem die Rennpace verleiht den Roten Mut. Dass die großen Abstände aus dem Qualifying nicht als Richtwert für die Hackordnung angesehen werden können, war allen Beteiligten klar.

"Die Leute lassen sich durch die Rundenzeiten im Qualifying verrückt machen", sagte Kimi Räikkönen, der wegen eines technischen Problems nicht die Ziellinie sah. "Da herrschten ziemlich ungewöhnliche Bedingungen. Die Zeiten aus dem Qualifying waren nicht realistisch. Im Rennen lief es mehr oder weniger so wie erwartet." Einige Beobachter waren von Ferraris Stärke verwundert - Niki Lauda jedoch nicht. "Ich habe damit gerechnet", sagte er gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Um es auf den Punkt zu bringen: Ich war nicht überrascht."

Ferraris Traumstart brachte Mercedes in Bedrängnis, Foto: Ferrari
Ferraris Traumstart brachte Mercedes in Bedrängnis, Foto: Ferrari

Deshalb schien Vettel langsam

Wie gefährlich Vettel und Räikkönen den Silberpfeilen dieses Jahr werden können, steht noch nicht endgültig fest. Zu viele Parameter spielten in Melbourne eine Rolle, um einen eindeutigen Vergleich ziehen zu können. Etwa bei der Situation nach der Rotphase, als Rosberg auf Medium-Reifen keine Probleme hatte, Spitzenreiter Vettel mit seinen Supersofts zu folgen. War der Mercedes trotz der langsameren Mischung genauso schnell?

Rosberg selbst widersprach und lieferte gleichzeitig die Erklärung. "Er musste die letzten 40 Runden mit nur einem Boxenstopp absolvieren", so der Rennsieger. "Er hat also seine Pace gemanagt. Er hat nicht gepusht - ich auf den Medium-Reifen dahinter allerdings schon. Gleichzeitig musste er dafür sorgen, dass er mit den superweichen Reifen eine ordentliche Stintlänge schafft. Das ist die Erklärung dafür."

Rosberg erwartete in dieser Saison einige Abwechslung an der Spitze, war sich der eigenen Stärke aber durchaus bewusst. Schließlich hatte Mercedes am gesamten Melbourne-Wochenende die Nase vorn. Der aktuelle WM-Führende: "Es wird Rennen geben, bei denen wir weiter vorne sind und fünf oder zehn Sekunden Vorsprung haben. Es wird aber auch Rennen geben, bei denen wir Rad an Rad kämpfen. Wer weiß, vielleicht könnten sie auch vor uns sein."

Am Ende der nächste Doppelsieg für Mercedes, Foto: Mercedes-Benz
Am Ende der nächste Doppelsieg für Mercedes, Foto: Mercedes-Benz

Marko: Mercedes klar vorn

Mercedes zuversichtlich, Ferrari optimistisch: Alles ist angerichtet für einen echten Zweikampf um die Spitze der Formel 1, oder? Der eine oder andere Außenstehende dämpfte die Erwartungshaltung allerdings ein wenig. So wie Helmut Marko. "Vorne ist ganz klar Mercedes, dann kommt Ferrari", sagte Red Bulls Motorsportberater zu Motorsport-Magazin.com. "Wenn sie frei gefahren wären, hätte es anders ausgesehen. Aber nachdem sie den Start verhauen haben und im Verkehr steckten, haben sie ihr wahres Tempo nicht ausspielen können. Da scheint es aerodynamisch gewisse Probleme zu geben, das hat man gesehen."

Läuft alles optimal, scheint Mercedes weiterhin das stärkere Gesamtpaket zu besitzen. Ferrari hat aufgeholt, für einen Sieg aus eigener Kraft müssen aber perfekte Umstände herrschen. In Melbourne verpassten es die Roten, aus ihrem Startvorteil Kapital zu schlagen. Ferrari-Teamchef Arrivabene dazu: "Wir dürfen nicht an heute denken, sondern daran, was wir weiter verbessern können. Jedes Rennen erzählt seine eigene Geschichte, wir müssen jetzt die Seite umblättern."