Wenn selbst der schärfste Konkurrent schon Mitleid äußert, kann es sich nur um ein echtes Trauerspiel handeln. "Dieser Kimi scheint einfach der größte Pechvogel in der Formel 1 zu sein", twittert Mercedes in Runde 21 des Australien GP.

Gerade ist der Ferrari von Kimi Räikkönen, Flammen aus der Airbox schlagend, in die Boxengasse gerollt. Der Finne stellt das Auto ab. Gleich zum Saisonauftakt hat der Technik-Teufel - aus noch ungeklärter Ursache - den schon 2015 arg von Pannen geplagten Räikkönen wieder erwischt.

"Ich weiß nicht, was das Problem war. Ich habe Leistung verloren und musste aufgeben. Es gab nichts, was ich noch tun konnte", stellt Räikkönen knapp fest. Bitter für den Finnen. Zum Zeitpunkt seines Ausfalls liegt der Ferrari-Pilot klar auf Podestkurs. "Abgesehen davon (dem Ausfall) lief es ganz gut. Der Speed ist da, aber offensichtlich haben wir noch ein wenig Arbeit vor uns", sagt Räikkönen.

Rosberg warnt vor Räikkönen: Vierkampf um den Titel

Das bestätigt Rennsieger Nico Rosberg. "Kimi war war gut unterwegs, aber irgendwie trifft es immer ihn - das ist echt unglaublich", sagt der Mercedes Fahrer. "Offensichtlich wird es ein Vierkampf dieses Jahr. Ferrari ist echt nah dran, sie sind stark im Rennen." Auch Vettel lobt seinen Kumpel. "Im ersten Stint hat man gesehen, dass zwischen mir und Kimi kein großer Unterschied war. Wir waren dieses Wochenende sehr eng zusammen und idealerweise hätten wir um denselben Platz auf der Strecke gekämpft. Nach mir selbst ist er der erste Kerl, von dem ich will, dass er gut abschneidet, deshalb ist es sehr schade, dass er die Zielflagge nicht gesehen hat."

Gut ist Räikkönen also unterwegs gewesen, doch bei dem schon genannten Podestkurs handelte es konkret nurmehr um Rang drei. Dabei lag Räikkönen unmittelbar nach dem Start noch als Zweiter hinter Teamkollege Sebastian Vettel. "Der Start war natürlich super geil. Der Ferrari ist in der Lage, den Mercedes unter Druck zu setzen", sagt Christian Danner zu Motorsport-Magazin.com. Maurizio Arrivabene stimmt ein ins Jubelkonzert: "Der Start war super. Beide Fahrer sind wie Raketen gestartet und konnten daraus Vorteile ziehen."

Damit dürfte der Ferrari-Teamchef aber vor allem Vettel meinen, denn Räikkönen erlebte schon vor dem Defekt an seinem Ferrari einen herben Rückschlag. Um wenigstens ein Auto vor dem undercuttenden Rosberg zu halten, orderte Ferrari in Umlauf 12 erst Vettel zum Boxenstopp. Der Deutsche kam direkt in der Runde nach Rosberg zum Reifenwechsel, blieb so hauchdünn vorne. Der Mercedes-Fahrer hatte eine glänzende Outlap hingelegt. Räikkönen jedoch durfte erst drei Runden später wechseln - und nachdem er sich per Boxenfunk beschwerte: "C'mon Box! Meine Front leidet wirklich total!"

Ferrari opfert Räikkönen, um Vettel vor Rosberg zu retten

Räikkönen fiel hinter Rosberg zurück, weil Ferrari erst Vettel an die Box holte, um zumindest einen Ferrari vorne zu halten, Foto: Sutton
Räikkönen fiel hinter Rosberg zurück, weil Ferrari erst Vettel an die Box holte, um zumindest einen Ferrari vorne zu halten, Foto: Sutton

Das Resultat: Der Finne kam weit hinter dem Spitzenduo zurück auf die Strecke. Unmittelbar darauf der Crash zwischen Fernando Alonso und Esteban Gutierrez, dann die folgende Rennunterbrechung. Beim Re-Start ließ Räikkönen abreißen. Vielleicht eine Unaufmerksamkeit des Finnen, wahrscheinlicher sind jedoch erste Anzeichen des Defekts.

Nur fünf Runden später war nämlich schon Feierabend. Noch dazu erzielte Räikkönen mit nur 297 km/h den langsamsten Topspeed-Wert aller Piloten - ein weiteres Indiz für ein grundlegendes Problem. An der Power Unit? Nein, meint Räikkönen. "Ich denke nicht, dass das Problem mit dem Motor zu tun hatte, weil er noch lief. Es muss etwas anderes gewesen sein. Aber sehr unglücklich für das ganze Team natürlich", sagt Räikkönen.

Ferrari und Räikkönen bewahren Optimismus

Sein Ferrari ließ Kimi Räikkönen in Australien im Stich, Foto: Sutton
Sein Ferrari ließ Kimi Räikkönen in Australien im Stich, Foto: Sutton

Trotz alledem: Die Zuversicht, dass 2016 besser wird als 2015, verliert Räikkönen nicht. "Das Auto hat sich gut verhalten und ich hatte ein gutes Gefühl. Aber natürlich müssen wir das Rennen beenden", sagt Räikkönen. Teamchef Arrivabene spricht dem Finnen und ganz Ferrari Mut zu. "Jedes Rennen erzählt seine eigene Geschichte. Wir müssen die Seite umblättern und nach vorne schauen. Nicht an heute denken, sondern daran, was wir verbessern können. Die Pace im Rennen war ja sehr gut. Das Auto war sehr gut. Aber wir dürfen nicht aufgeben und müssen weiter pushen.

Auch die Konkurrenz ist alarmierter denn je. "Ferrari ist viel näher dran als im vergangenen Jahr. Heute haben wir sie nicht von ihrer stärksten Seite gesehen, sie werden aber noch kommen", warnt Mercedes' Toto Wolff. Kollege Niki Lauda ergänzt demgegenüber auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com, er hätte mit der starken Rennpace Ferraris gerechnet. "Ich war nicht überrascht, um es auf den Punkt zu bringen", sagt Lauda.