Am Anfang Chaos und am Ende gähnende Langeweile: Das neue Qualifying der Formel 1 in Australien sorgte für reichlich Diskussionsstoff. Erste Verantwortliche forderten gar die sofortige Abschaffung der Zeittrainings-Revolution. Motorsport-Magazin.com hat die wichtigsten Aussagen aus dem Fahrerlager in Melbourne zusammengestellt.

Bernie Ecclestone: "Ich habe es mir angeschaut. Aber ich muss gestehen, dass ich von Anfang an nicht begeistert davon gewesen bin. Es ist ziemlich beschissen. Aber das ist das, was wir jetzt haben bis wir etwas daran ändern. Das einzige wäre, dass die schnellen Jungs von der Strecke hätten abkommen oder irgendetwas blödes hätten anstellen können. Dann hätten wir ein durchgemischtes Starterfeld, was wir ja eigentlich wollten. Aber es ist nun einmal so, dass Mercedes immer noch sehr, sehr gut ist."

Jacques Villeneuve, Ex-F1-Fahrer: "Ich verstehe gar nicht, wie die Leute überrascht sein können, dass es schlecht war. Das war völlig unnötig und nicht mal spannend. Ich habe den Eindruck, dass Entscheidungen getroffen wurden, um eine Reality Show für die TV-Zuschauer zu erschaffen. Vergesst den Sport! Aber jedes Mal, wenn man so etwas versucht, macht man es kaputt. Du verlierst den Respekt vor der F1 und lässt es zu einer langweiligen Show verkommen. Vielleicht sollten wieder echte Racer die Entscheidungen treffen, statt nur auf die Einschaltquoten zu schauen."

Toto Wolff, Mercedes-Motorsportchef: "Es war alles gut – außer, dass man im Qualifying nicht verstanden hat, was passiert. Darüber müssen wir noch mal nachdenken, da muss man auf jeden Fall noch mal ran. Das ist eine Verschlimmbesserung. Das werden wir untersuchen, das wird auch am Fernseher niemandem entgangen sein. Für uns war es okay, weil wir alle Daten haben. Wenn man vor dem Fernseher aber keine Daten hat, ist es schwierig zu verfolgen. Für mich war die ganze Session konfus. Man hat nicht genau verstanden, wer draußen ist."

Niki Lauda, Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzender: "Das war ein Griff ins Klo. So etwas habe ich noch nie erlebt. Der größte Fehler war es, das Qualifying überhaupt zu ändern. Es waren weniger Autos auf der Strecke, wie man es erwartet hat. Am Ende war die Spannung ganz raus. Wenn Vettel schon zur Hälfte des Qualifyings mit dem Reifen sparen beginnt, ist die ganze Spannung weg. Ich habe schon mit Christian Horner geredet, damit wir uns am Sonntag zusammensetzen und Bernie und die FIA bitten, das Quali gleich wieder zu ändern. So macht es keinen Sinn. Wenn sich die Verantwortlichen das Qualifying angeschaut haben, dürfen sie keine Sekunde zögern und müssen in Bahrain wieder zum alten System."

Christian Horner, Red Bull-Teamchef: "Wir müssen uns bei den Fans entschuldigen, das war keine gute Show. Wir sollten es akzeptieren: Wir haben es versucht, es hat aber nicht funktioniert. Das Qualifying sollte zu einem Höhepunkt führen, daraus müssen wir lernen. Wir dürfen jetzt nicht einfach den Kopf in den Sand stecken, sondern müssen es ändern. Ich denke, schon ab Bahrain. Ich würde das alte Qualifying bevorzugen. Ich denke, so war es besser."

Sebastian Vettel, Ferrari: "Ich glaube, das war keine große Überraschung. Man ist direkt laut geworden und hat gesagt, dass es im Endeffekt nicht viel verändern wird, aber weniger gut aussieht und allen Beteiligten weniger Freude bereitet. Die, die jetzt groß reden, sind vielleicht auch dafür verantwortlich, dass wir dieses Qualifying überhaupt haben. Ich glaube, die Verantwortung liegt jedoch bei uns insgesamt. Da waren genug Leute auf den Tribünen, die sich gedacht haben: ‚Was ist denn das für ein Quark‘. Damit waren sie nicht alleine. Man kann vieles probieren, aber gewisse Dinge machen einfach keinen Sinn. Das Format gehört dazu. Wenn man etwas Neues probieren will, sollte man es sich vorher so überlegen, dass es Sinn macht."

Maurizio Arrivabene, Ferrari-Teamchef: "Da müssen wir die Zuschauer fragen. Wenn in den letzten acht Minuten nur zwei Autos fahren, öffnet das anderen Teams die Tür für Strategien. So haben wir uns entschieden, im Q3 nicht mehr rauszufahren."

Kimi Räikkönen, Ferrari: "Es ist wie es ist. Es ist anders als zuvor. Für uns Fahrer ist es kein großartig anderes Gefühl, aber wenn du TV schaust ist der Unterschied viel größer als für uns Fahrer. Es ist nicht mein Job, zu bewerten, ob es gut oder schlecht ist. Das ist, was sie wollten und jetzt ist es so.

Dr. Helmut Marko, Red Bull-Motorsportbearter: "Wir sollten sofort zurück zum alten Format. Es hat ja funktioniert. Es war gut. Und das, was man erreichen wollte - nämlich, dass Mercedes in irgend einer Weise bestraft wird - ist voll in die Hose gegangen. Sie haben das stärkste Auto. Sie brauchen in Q1 nur einen Reifensatz. Alle anderen haben bis zu drei Reifensätze verwenden müssen. Wenn, dann sollte man ihnen ein Gewichtshandicap geben. Aber das ist ja auch nicht im Sinne des Sports."

Lewis Hamilton, Mercedes: "Für mich persönlich hat sich überhaupt nichts geändert. Ich habe aber gehört, dass es kein Spaß beim Zuschauen war. Vielleicht sollten wir einen Schritt zurückgehen und schauen, was wir beim nächsten Rennen ändern könnten. Und wenn das nicht klappt, dann probieren wir eben noch mal was anderes aus. Es gibt keinen Grund, warum wir in den kommenden Rennen nicht ein paar unterschiedliche Varianten haben sollten. Ich wäre liebend gern noch mal rausgefahren, wenn ich mehr Reifen gehabt hätte. Genügend Zeit wäre ja gewesen."

Nico Rosberg, Mercedes: "Es ist gut, dass die F1 etwas versucht. Wir müssen uns anpassen und schauen, wie es für den Zuschauer spannender wird. Aber hier war es falsch, vor allem im Q3. Die beste Aussage kam von Damon Hill, der sagte, dass Lewis die Zielflagge selber hätte schwenken können. Das Sicherste wäre, zurückzugehen zu dem Format aus dem vergangenen Jahr. Das war gut."

Fernando Alonso, McLaren: "Wir müssen dem System noch etwas mehr Zeit geben, aber es scheint die Topteams zu bevorzugen. Die großen Teams können in Q1 noch etwas Reifen sparen und kommen mit einem Satz durch. Kleine Teams wie wir haben in Q2 dann nur noch einen Satz und damit keine Chance mehr. Dabei sollte es eigentlich genau das Gegenteil bringen."

Carlos Sainz will die Fans entscheiden lassen, Foto: Sutton
Carlos Sainz will die Fans entscheiden lassen, Foto: Sutton

Jenson Button, McLaren: "Es ändert sich nicht viel. Der einzige Unterschied ist, dass die Boxengasse ein Albtraum ist. Es sind überall Autos, die in die Box zurückgeschoben werden, während wir versuchen, einen Stopp zu machen und Reifen zu wechseln. Das war eine schwierige Situation für uns als Team. Aber auf der Strecke gab es keine Probleme."

Max Verstappen, Toro Rosso: "Es bedeutet definitiv mehr Druck und für uns ist es aufregender, denn man hat nur eine Runde - man darf keinen Fehler machen, sonst ist man raus. Für uns war es recht intensiv."

Carlos Sainz, Toro Rosso: "Es war sicherlich etwas stressig. Aber letzten Endes muss ich das Qualifying nicht mögen, sondern die Fans. Wir müssen sie fragen, ob sie es mochten oder nicht. Wenn sie es mögen, werden wir Fahrer es letzten Endes auch mögen. Wenn sie es nicht mögen, werden wir sie unterstützen." (lacht)

Nico Hülkenberg, Force India: "Es war irgendwo zu erwarten, dass besonders in Q3 gegen Ende niemand mehr rausfahren würde. Das ist offensichtlich nicht gut für die Fans. Es war wichtig, den ersten Run in Q1 und Q2 jeweils ordentlich hinzubekommen, auf diese Runden ein größeres Augenmerk zu legen. Denn wenn sie nicht gut sind, dann läuft man Gefahr, rauszufliegen, wenn der Countdown runtergezählt ist. Aber das haben wir so erwartet. Davon abgesehen gab es keine großen Dramen. Mit den Plätzen neun und zehn wären wir vergangenes Jahr in Q3 gewesen und hätten dort eine weitere Chance bekommen. In Q3 können normalerweise mehr Dinge passieren und man klettert in den Positionen rauf. Aber das haben wir kommen sehen."