Alain Prost ist bei der Formel E dick im Geschäft, kämpft mit seinem Renault e.dams-Team um die Meisterschaft. Aber natürlich hat der vierfache Weltmeister auch die Formel 1 weiter genau im Blick. Motorsport-Magazin.com traf Prost am vergangenen Wochenende im Rahmen des Mexiko ePrix zum Exklusiv-Interview. Dabei sprach Le Professeur unter anderem über das neue F1-Qualifying, den Halo-Plan und Sorgen, wenn er seinen Sohn Nicolas in der Formel E Rennen fahren sieht.

Alain, was halten Sie vom neuen Qualifying-Format in der Formel 1?
Alain Prost: Es ist immer gut, Dinge zu ändern, wenn man neue Leute anziehen will. Aber ich verstehe das neue Format nicht. Vielleicht liege ich falsch und es wird gut, aber ich glaube nicht, dass es viel bringt. Wenn selbst ich es nicht zu 100 Prozent verstehe... Ich hätte gerne etwas sehr einfaches. Wir könnten zurück zum Einzelzeitfahren gehen, das ist gut für das Fernsehen und die kleinen Teams können ihre Sponsoren besser präsentieren. Aber schlussendlich werden wir sehen, ob es die richtige Entscheidung war und ob wir ein gutes Format haben.

Was ist Ihre Meinung zum Halo-Cockpitschutz? Sollte es in Zukunft geschlossene Cockpits in der Formel 1 geben?
Alain Prost: Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich mag Halo nicht besonders. Aber auf der anderen Seite haben mich die Unfälle von Jules Bianchi und Henry Surtees sehr schockiert. Man muss offen sein, um Dinge besser zu machen, aber ich bin wirklich hin- und hergerissen. Es ist so hässlich und verändert die Formel 1, aber aus Sicherheitsgründen sollten wir die Teams an etwas arbeiten lassen, das akzeptabel ist.

Die Einführung des Halo-Cockpits für 2017 gilt als sicher, Foto: Ferrari
Die Einführung des Halo-Cockpits für 2017 gilt als sicher, Foto: Ferrari

Wie fühlen Sie sich, wenn Sie ihren Sohn Nicolas in der Formel E fahren sehen?
Alain Prost: Zunächst ist er einer der beiden Fahrer in meinem Team, und man möchte, dass die beiden Fahrer so knapp wie möglich zusammenliegen. Er hatte zu Beginn des Jahres viele mechanische Probleme und hat dadurch Selbstvertrauen verloren. Wir haben vor Mexiko Testfahrten absolviert und gesehen, dass an seinem Auto einige Sachen nicht in Ordnung waren, die Saison beginnt für ihn jetzt also nahezu neu. Wenn man ein Vater ist, fühlt man besonders mit, gerade wenn es schlecht läuft. Und wenn er gewinnt, verbessert sich meine Laune natürlich.

Haben Sie manchmal Angst, wenn er Rennen fährt?
Alain Prost: Ich hatte zu Beginn seiner Karriere sehr große Angst. Jetzt hat er mehr Erfahrung, gerade auf der Langstrecke, was mir ein besseres Gefühl gibt. Aber es ist immer schwierig.

Gleicht seinem Vater optisch immer mehr: Nicolas Prost, Foto: Sutton
Gleicht seinem Vater optisch immer mehr: Nicolas Prost, Foto: Sutton

In der Formel E hat ihr Fahrer Sebastien Buemi gute Chancen auf den Titelgewinn. Wie kommt es, dass Ihr Team so stark auftritt?
Alain Prost: Die Fahrer ergänzen sich sehr gut und sind sehr gute Freunde. Sie fahren auch zusammen in der WEC. Sebastien hat gewisse Qualitäten und Nicolas hat andere Qualitäten. Auf der technischen Seite haben wir gemeinsam mit Renault einige gute Entscheidungen getroffen. Unser Vorteil ist nicht so groß, aber konstant. Wir hätten die vier ersten Rennen gewinnen können, haben aber nur zwei gewonnen. Es gibt also noch Verbesserungspotenzial. Wir wissen, dass in dieser Meisterschaft kleine Fehler entscheiden können. Die Autos sind schwierig zu fahren, es gibt viele Unfälle und alles kann passieren. Die Autos schauen alle gleich aus, aber es ist deutlich komplizierter.

Fan-Boost ist ein großes Thema in der Formel E. Was hätten Sie zu ihrer Formel-1-Zeit gemacht, um Stimmen zu bekommen, wenn es den Fan-Boost damals gegeben hätte?
Alain Prost: Das hätte nicht funktioniert, weil damals gab es kein Social Media (lacht)! Ich denke, was heute funktioniert, hätte vor zwanzig Jahren nicht funktioniert. Es ist eine gute Sache für die Formel E, weil es eine neue Serie ist. Wir haben keine Angst vor Neuerungen. Fan-Boost ist nicht immer fair, aber es bringt eine neue Generation von Fans. Ich denke, es ist eine sehr positive Sache. Kann man das auch in der Formel 1 machen? Warum nicht! Es muss nur sehr fair sein. Aber vielleicht könnte der Fan-Boost eine Lösung für ein neues Qualifying sein. Am Ende des Tages muss man neuen Dingen offen gegenüberstehen.

Sebastian Buemi ist auf dem Weg zum Titelgewinn in der Formel E, Foto: Renault
Sebastian Buemi ist auf dem Weg zum Titelgewinn in der Formel E, Foto: Renault

Nach der Formel 1 war nun auch die Formel E in Mexiko zu Gast. Was bedeutet das für das Land?
Alain Prost: Ich bin nicht überrascht, denn als wir vor vielen Jahren mit der Formel 1 hier fuhren, war es eines der besten Rennen, was das Publikum betrifft. Die Leute hier lieben Rennsport, sie haben eine richtige Leidenschaft dafür. Ich konnte letztes Jahr beim Formel-1-Rennen nicht hier sein, aber es war wirklich beeindruckend, gerade in einer Zeit, in der die Formel 1 stark kritisiert wird. Wir werden sehen, wie lange die Begeisterung andauert, ob sie konstant ist, aber die Leute lieben den Rennsport, sie haben die Kultur und die Geschichte.

Obwohl Mexiko aktuell nicht gerade mit heimischen Fahrern gesegnet ist...
Alain Prost: Es gibt zwar nur wenige mexikanische Fahrer, aber sie lieben Motorsport und Autos. Es gibt einige Leute im Land, die dahinter stehen und das pushen, wie etwa Carlos Slim. So ähnlich war es auch in Frankreich, als wir ELF und Renault hatten und die jungen Fahrer gefördert wurden. Aber das Wichtigste ist die Kultur und die Tradition - und das gibt es in einigen Ländern, wo die Formel 1 fährt, nicht. Man kann natürlich nach China gehen, das ist toll, aber es ist sehr schwierig darüber zu sprechen, was dort vor 50 Jahren passiert ist...

Was ist Ihre schönste Erinnerung an Mexiko?
Alain Prost: Ich bin hier 1990 das beste Rennen meiner Formel-1-Karriere gefahren. Die Strecke war damals unglaublich mit der Peraltada-Kurve. Das werde ich nie vergessen.

Alain Prost 1990 beim Mexiko Grand Prix, Foto: Sutton
Alain Prost 1990 beim Mexiko Grand Prix, Foto: Sutton