Der erste Akt des Projekts 'Angriff auf Weltmeister Mercedes' steht unmittelbar bevor. Für Ferrari geht es beim Formel-1-Saisonstart 2016 in Melbourne gleich ums Ganze. In Australien muss die Scuderia sofort ein deutliches Ausrufezeichen in Richtung der Silberpfeile senden. Das soll direkt klarstellen, dass Ferrari Worten Taten lassen folgen kann und in der neuen F1-Saison mit Mercedes auf Augenhöhe um den WM-Titel kämpfen wird. So deutlich aussprechen möchte das in Maranello jedoch nur eine Person.

Die Neuerungen: Ferrari mit großen Sprüngen im Winter

Anders als bei einem Großteil der F1-Teams sind bei Ferrari die Änderungen am neuen Boliden auf den ersten Blick zu erkennen. Das geht schon bei dem neuen rot-weißen Look der roten Göttin und ihrer wegretuschierten langen Nase los. Stattdessen folgt der SF16-H dem Trend und verfügt nun ebenfalls über eine Stupsnase.

Am anderen Ende des Autos hat die Scuderia das Bodywork zum Heck deutlich enger gestaltet. Die neue, schlankere Ausführung erinnert stark an die Size-Zero-Konzepte Red Bulls und McLarens. Noch dazu setzt Ferrari an der Vorderradaufhängung erstmals seit Jahren wieder auf Druck- statt Zugstreben.

Demgegenüber bildet das Team die große Konstante bei den Roten. Mit Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen fahren weiterhin zwei Weltmeister für Ferrari, die sich gut verstehen. Teamchef und Top-Motivator Maurizio Arrivabene hält den Laden in Maranello weiter zusammen - die Technik-Abteilung ist nach dem großen Umsturz im vorherigen Winter dieses Mal geblieben wie sie war. Einzig hinzugestoßen ist - nach Ablauf der Mercedes-Sperrfrist - Jock Clear als große Verstärkung der Ferrari-Truppe.

Die Erwartungen: Ferrari und das neue Mantra

Das offizielle 'Mantra' - so schreibt Ferrari - für den Saisonstart im Albert Park: Wir werden unser Allerbestes geben! Von Poles, Siegen & Co. ist erst einmal keine Rede. "Es wird das erste Mal sein, dass wir sehen, wo wir und die anderen stehen", mahnt Sebastian Vettel zur Vorsicht. Allerdings habe er durchaus viele gute Erinnerungen an Melbourne. "Ich war dort schon ein paar Mal auf Pole und habe gewonnen", sagt der Deutsche. Teamkollege Kimi Räikkönen siegte in Melbourne sogar schon zweifach, darunter 2007 - jenem Jahr, an dessen Ende der bis heute letzte Ferrari-Titel stand.

Genau daran gilt es anzuknüpfen, geht es nach seinem obersten Chef, Sergio Marchionne. Der Ferrari-Präsident forderte noch während der Wintertestfahrten in Barcelona gleich zum Saisonstart in Melbourne die erste Startreihe von seinen Piloten Vettel und Räikkönen, unter dem Strich schließlich nicht weniger als den Titel am Saisonende. Bei den Tests fütterten sie diese hohe Erwartung mit fünf von acht möglichen Tagesbestzeiten sowie nur zwei Zehnteln Rückstand auf Mercedes was die Rennsimulationen anging.

Doch in Australien kommen gleich mehrere Unbekannte ins Spiel. "Es wird ein ziemlich interessantes Wochenende und Rennen - besonders wegen der neuen Regeln für Qualifying und Reifen. Es ist das erste Rennen der neuen Saison mit neuen Autos, deren Performance die Teams unter den gegebenen Umständen verstehen müssen", sagt Chefdesigner Simone Resta. Daher sei es durchaus ein forderndes Rennen für den Ferrari. Das gelte jedoch nicht im besonderen für den SF16-H, sondern sei in Melbourne traditionell für alle Boliden Fakt.

Die Statistik: Ferrari beim Australien GP

SiegePolesSchn. RundenPodiumPunktekm geführt
Ferrari 7 6821 272,51989
Sebastian Vettel 1 304 73451
Kimi Räikkönen 2 155 68509

Ferrari: Melbourne Bilanz

Ferrari in Melbourne: Ferrari ist gemeinsam mit McLaren das erfolgreichste Team beim Rennen in Melbourne. Bei 20 Auflagen triumphierte die Mannschaft aus Maranello genauso wie der britische Konkurrent sechs Mal. Wie nicht anders zu erwarten, steuerte Michael Schumacher mit vier Erfolgen (2000, 2001, 2002, 2004) den Löwenanteil bei, Eddie Irvine (1999) und Kimi Räikkönen (2007) siegten jeweils einmal.

Sebastian Vettel in Melbourne: 1, 2, 3 - Vettel hat bereits Pokale aller Größen aus dem Albert Park im Trophäenschrank stehen. 2011 gewann er den Australien GP, 2012 wurde er Zweiter und 2013 sowie im Vorjahr bei seiner Ferrari-Premiere Dritter. Allerdings kam der viermalige Champion in Melbourne nicht auf Anhieb zurecht, denn bei seinen ersten drei Einsätzen überquerte er die Ziellinie nicht.

Kimi Räikkönen siegte 2007 erst in Australien, ehe er am Saisonende den WM-Titel klar machte, Foto: Sutton
Kimi Räikkönen siegte 2007 erst in Australien, ehe er am Saisonende den WM-Titel klar machte, Foto: Sutton

Kimi Räikkönen in Melbourne: Kimi Räikkönen kam in Melbourne von Anfang an gut zurecht. Gleich bei seiner Premiere im Albert Park (2001) ergatterte der Finne mit Platz sechs einen WM-Punkt. Bei insgesamt 13 Rennen in Melbourne landete er fünf Mal auf dem Podium. Zwei dritten Plätzen (2002, 2003) ließ Räikkönen 2006 einen zweiten Rang folgen, bevor er in seinem Weltmeisterjahr 2007 den ersten Sieg feierte. Nach einigen eher durchwachsenen Auftritten gewann der Iceman 2013 in Diensten von Lotus erneut.

Die Prognose: Sofort Resultate!

  • Ferrari wird Mercedes sofort ans Limit pushen
  • Marchionne: Erste Startreihe muss her!
  • Lauda: Kleinster Mercedes-Fehler und Ferrari ist vorbei

Motorsport-Magazin.com meint: Ferrari war bei den Testfahrten fast genauso schnell unterwegs wie Mercedes, dass zugegeben jedoch nicht alle Karten aufdeckte. Am Ende passte bei der Scuderia nach anfänglichen Problemen schließlich auch die Zuverlässigkeit. Dass alle Kinderkrankheiten der roten Göttin kuriert sind, darf jedoch bezweifelt werden. Daher kann Ferrari Mercedes durchaus den Sieg in Melbourne abluchsen - wenn die Umstände passen und der Defekteufel dank Zeitumstellung noch ein Nickerchen einlegt ... (Jonas Fehling)