Irgendwie sind sie selbst verantwortlich. "Wir hatten nicht angenommen, dass wir diese Woche so viel fahren und sogar fast eine gesamte Renndistanz abspulen können", erklärte Günther Steiner noch am Ende der ersten Formel-1-Testwoche in Barcelona.

Damit hat es der Haas-Teamchef offenbar selbst verschrieen und das große Unheil heraufbeschworen: In der zweite Woche läuft es für die F1-Neueinsteiger dramatisch schlechter. Der US-Rennstall wurde auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, sprich in die harte Realität der Formel 1.

Was los war? Motorsport-Magazin.com rekapituliert den Horror von Woche zwei.

Tag 1 - Horror, Stufe 1: Adieu Benzinsystem!

Steiner muss seinem Piloten Gutierrez erklären, warum sein Auto wieder kaputt ist, Foto: Sutton
Steiner muss seinem Piloten Gutierrez erklären, warum sein Auto wieder kaputt ist, Foto: Sutton

Gleich am ersten Tag geht es miserabel los: Bis 16 Uhr schafft es Haas mit Esteban Gutierrez nur auf 23 Runden, ehe vorzeitig Feierabend ist.

Das Problem: Das Benzinsystem, Motorfehlzündungen.

Die Hoffnung: "Wir können morgen fahren", versichert Steiner.

Der kleine Nutzen: Sogar einen Vorteil zieht Haas noch aus dem Schlamassel. Das Team simuliert eine komplette Inspektion wie an Rennwochenenden üblich. "Die FIA war da, um das Auto zu checken. Die haben unseren Leuten geholfen, diese Prozesse kennenzulernen", erklärte Steiner. Das Problem hätte man ohnehin nicht mehr lösen können.

Tag 2 - Horror, Stufe 2: Die Turbokatastrophe

Ja, Haas kann fahren. Aber nur eine Installationsrunde am Morgen. Mehr wird Gutierrez an diesem Mittwoch nicht zusammenbringen dürfen. Denn plötzlich schlägt ein Alarm los. Was denn nun schon wieder?

Die Diagnose: Probleme mit dem Turbolader.

Die Hoffnung: Diesmal, wenigstens nach der Mittagspause testen zu können. "Wir hatten ein paar Probleme, nichts Großes, aber es dauert etwas, die Fehler zu suchen und dann zu lösen", sagt Teambesitzer Gene Haas.

Die Ernüchterung: Keine Chance. Eineinhalb Stunden vor Testende teilt Haas mit, es an diesem Tag nicht mehr zu schaffen. Es ging schlichtweg um die Sicherheit, genauer gesagt zu hohe Drehzahlen. "Sobald die empfohlene Drehzahl überschritten wird, besteht die Gefahr, dass das Turbinenrad das Innere des Gehäuses zerkratzen könnte. Aus Sicherheitsgründen wollten wir daher, dass sie [Ferrari] das Teil zurücknehmen und untersuchen", erläutert Haas auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Das Problem bei dem Turbolader ist, dass er explodieren kann, wenn dort etwas schief läuft."

Der kleine Nutzen: Wie schon am Dienstag Günther Steiner zog aus Haas das Gute aus dem Desaster. "Es ist ein sehr guter Zeitpunkt für das Team, das Auto kennenzulernen", betonte er. "Der Prozess, Fehler zu suchen, Dinge auseinanderzunehmen und wieder zusammenzusetzen, war sehr wertvoll, was die Erfahrungen angeht."

Das Eingeständnis: "Die Komplexität der Autos und der Motoren und was sie tun, ist jenseits von allem, was ich je erwartet habe", gab Haas jedoch gegenüber Motorsport-Magazin.com ehrlich zu. Die Formel 1 sei eben nicht North Carolina, das wisse er jetzt.

Grosjean landete am Donnertag zwei Mal im Kies , Foto: Sutton
Grosjean landete am Donnertag zwei Mal im Kies , Foto: Sutton

Tag 3 - Horror, Stufe 3: Brake-by-wire ...

Eigentlich sieht endlich alles gut aus. Romain Grosjean übernimmt den VF-16 von Gutierrez - und es läuft. 78 Runden, mehr als eine Renndistanz, schreibt der Franzose am Donnerstag an. Allerdings sorgt er gleich für drei rote Flaggen, bei zwei dieser Zwischenfälle fliegt Grosjean spektakulär ab, rodelt durch das Kiesbett.

Die Diagnose: Erst lange ein Rätsel, dann ist klar: Haas plagt das Standard-Problem der F1-Novizen, das Brake-by-wire-System.

Das positive Gesamtfazit: "Wir hatten früh am Morgen ein paar Probleme. Wir sind dann auf lange Stints gegangen, weil wir Kilometer sammeln wollten. Wir haben es geschafft, ziemlich lang mit den Reifen zu fahren, was gut ist", sagt Grosjean.

Tag 4 - Erlösung

Es geht doch. Das Problem mit Brake-by-wire ist gelöst, Haas kann am letzten Tag er F1-Testfahrten endlich frei auffahren. Grosjean schafft eine ganze Renndistanz, spricht von einer großen Erleichterung. Später darf auch Gutierrez nochmal ans Steuer. Als Ausgleich für seine verpasste Einsatzzeit zu Beginn der Woche. Der Mexikaner dreht innerhalb einer Stunde 25 Runden. Das beschert Haas mit insgesamt 91 Umläufen am Freitag die beste Rundenbilanz aller Testtage.

"Wir haben das Problem analysiert und es über Nacht behoben. Wir wissen jetzt, dass das Problem in Australien nicht auftreten wird", betont Steiner. Obwohl Haas das System von Ferrari bezieht, sei es ein eigener Fehler im Bereich des Mappings gewesen, erklärt der Teamchef. Jetzt sei das Vertrauen zurück.

Die Hoffnung: Trotz des positiven Testabschlusses verpasste Haas jede Menge Gelegenheiten, sich mit dem VF-16 vertraut zu machen. Nur 474 Runden (281 in Woche eins, 183 in Woche zwei) schaffte Haas bei den Wintertestfahrten. Dennoch bleibt der Optimismus groß. "Wir werden im hinteren Mittelfeld sein. Wenn wir zuverlässig sind, können wir in Australien vielleicht überraschen. Es sind drei harte Tage in Australien, aber wir sind zuversichtlich, dass wir mit erhobenen Köpfen nach Hause kommen werden", sagt Steiner.