Die ersten drei Tage der Wintertests in Spanien verbrachte Mercedes damit, möglichst viele Runden zu fahren. 2.280 Kilometer fuhr der Weltmeister zum Auftakt. Während sich die Konkurrenz sogar schon auf die Ultrasoft wagte, spulte Mercedes weiter Kilometer ab, ohne sich großartig auf die Performance zu interessieren. Doch nur mit Zuverlässigkeit gewinnt man auch keine Rennen. Deswegen brachte Mercedes am vierten Tag des ersten Tests in Barcelona das erste Update an die Strecke.

Unten wird die Luft eingezogen, oben ausgespuckt, Foto: Mercedes
Unten wird die Luft eingezogen, oben ausgespuckt, Foto: Mercedes

Einige erwarteten die neue Nase bereits an den Tagen zuvor, doch erst am Donnerstag feierte sie kurz nach Sessionbeginn um 09:00 Uhr Premiere. Die ganz große Überraschung aber blieb aus. An der Unterseite der Nase ist eine Öffnung zu sehen. Mit der schwarzen Lackierung an der Stelle sieht es fast aus, als wäre ein Hai an der Unterseite der Mercedes-Nase. Das aufgerissene Maul ist die Öffnung für den S-Duct.

Doch der Heilige Gral ist nicht die Öffnung, sondern der Auslass. Ziel eines S-Schachtes ist es, die Strömung an der Cockpit-Oberseite zu kontrollieren. Mercedes hat es geschafft, den Auslass möglichst weit nach hinten zu verlegen. Er liegt hinter der aufgeklebten Startnummer. Gleichzeitig steht keine Abdeckung über das Chassis hinaus, der Schacht ist komplett integriert.

Mercedes mit aufwändigem S-Schacht

Der Clou: Die Luft, die oben ausgeblasen wird, muss nicht mehr über die Hakennase. Der Auslass sitzt so weit hinten, dass das Chassis an dieser Stelle schon wieder waagrecht ist. Dadurch kann die Luft viel zielgerichteter an die gewünschten Stellen geblasen werden. Bei Mercedes erstreckt sich der Schacht fast über die gesamte Chassis-Breite.

McLaren lässt die Luft am Übergang zwischen Nase und Monocoque aus, Foto: Sutton
McLaren lässt die Luft am Übergang zwischen Nase und Monocoque aus, Foto: Sutton

Viele Teams setzen auf einen S-Duct, bei dem die Luft deutlich früher austritt. Dadurch ist der Weg, den die Luft zurücklegen muss weiter. Außerdem muss die Nasen-Kuppe noch überwunden werden. Der Effekt ist nicht mehr so groß.

Die Mercedes-Lösung ist nicht einfach in der Ausführung, weil der S-Duct hier das Monocoque betrifft. Bei Toro Rosso beispielsweise kommt der Schacht gar nicht mit dem Monocoque in Kontakt, bei McLaren wird die Luft genau am Übergang zwischen Nase und Monocoque ausgeblasen, bei Force India führt der Schacht zwar weiter nach hinten, dafür ist aber ein extra Aufsatz notwendig.

Red Bull musste für den S-Schacht ebenfalls das Chassis abschaben, Foto: Sutton
Red Bull musste für den S-Schacht ebenfalls das Chassis abschaben, Foto: Sutton

In den vergangenen Jahren hatte Red Bull eine ähnlich elegante Lösung am Auto verbaut. Am RB12 ist aktuell noch kein Auslass zu sehen, dafür ein kleiner Knick an der Oberseite des Chassis. Der dürfte aber wohl dem Umlenkhebel der Druckstäbe geschuldet sein.

Der S-Schacht ist keinesfalls eine neue Erfindung. Bereits 2008, im Jahr der extremsten Aerodynamik-Auswüchse, brachte Ferrari als erstes Team die Luftdurchführung ans Auto. Komplett durchgesetzt hat sich diese Lösung bis heute nicht, Mercedes fuhr die letzten zwei Jahre der Konkurrenz auch ohne um die Ohren.

Die Tests für die aktuelle Lösung begannen bei Mercedes früh. Schon im ersten Freien Training zum Brasilien GP zeigte Mercedes einen möglichen S-Duct Auslass. Damals war der Auslass aber noch aufgesetzt, weil das Monocoque nicht überarbeitet werden konnte.

Der S-Schacht ist nicht die einzige Neuerung an der Mercedes-Nase: Auch die Pylonen, die Verbindungen zwischen Nase und Frontflügel sind neu. Sie sind nun enger zusammen und fallen noch kleiner aus. Aus ästhetischer Sicht sind die neuen Halterungen wenig gelungen, weil sie seitlich nicht mehr mit der Nase abschließen.