Es ist noch früh am Mittwochmorgen. Gerade läuft der dritte Tag der Formel-1-Testfahrten im spanischen Barcelona. Auf der Strecke dreht Nico Rosberg schon fleißig seine Runden im neuen Mercedes F1 W07 Hybrid als er im Fahrerlager ankommt. Auf einem Hoverboard, die obligatorische Sonnenbrille auf der Nase, schwarze Mütze und gleichzeitig den Hund an der Leine. Es ist der Auftritt von Lewis Hamilton, amtierender Weltmeister der Formel 1.

Hamilton mit Roscoe. Ein Rennfahrer geht nicht, er fährt Gassi, Foto: Sutton
Hamilton mit Roscoe. Ein Rennfahrer geht nicht, er fährt Gassi, Foto: Sutton

Kaum jemand polarisiert annähernd so stark wie der Brite. Hamilton gilt als der Exot schlechthin unter allen Fahrern der F1. Bereits unzählige Male schaffte es der Brite mit seinem extravaganten Lebensstil in die Schlagzeilen der internationalen Medien, allen voran der britischen Yellow Press. Der Spitzensportler im Rampenlicht, sein Umgang mit Weltstars, Sternchen, VIPs, Glamour hier, Luxus da - das funktioniert für die Klatschpresse.

"Glauben Sie es mir oder glauben Sie es nicht - ich bin noch immer überrascht, wenn ich Bilder von mir in den Magazinen sehe - noch immer! Ich bin ziemlich sicher - und ich kenne eine Menge Celebrities -, dass niemand von ihnen je sagen würde, dass er oder sie eine Berühmtheit ist. Du wachst nicht morgens auf, putzt deine Zähne, schaust in den Spiegel und sagst 'Guten Morgen, du Berühmtheit'", scherzt Hamilton.

Verbunden mit alledem: ein unglaublicher Reiseaufwand. Hamilton setzt dem ohnehin ausgeprägten Vielflieger-Dasein eines F1-Fahrers die Krone aus, jettet unentwegt durch die Welt. Das Phänomen: es schadet seiner Leistung nicht im mindesten. Vergangenes Jahr krönte sich Hamilton souveräner denn je zum Weltmeister. Selbst in der Winterpause lehnte sich der Champion nicht gemütlich zurück oder trainierte ausschließlich wie mancher Fahrerkollege, sondern genoss auch die Vorzüge des Lebens.

Hamilton: Du weißt nie, wann deine F1-Karriere zuende geht ...

"Ich versuche eine Balance in meinem Leben zu finden. Natürlich musst du dich wieder aufladen und die Batterien für die Saison voll bekommen und, ja, der Lifestyle, den ich lebe, ist definitiv anders als der der anderen Fahrer. Aber wer sagt, dass es deren Weg, die Dinge zu tun, sein muss? Mein Style funktioniert für mich perfekt. Es geht nur darum, jeden Moment zu genießen", beschreibt Hamilton in einem Interview auf der offiziellen Formel-1-Homepage.

Klingt erstmal nachvollziehbar. Dennoch erklärt Hamilton noch genauer, was er mit dieser Lebensweise beabsichtigt. "Vielleicht wird meine Formel-1-Karriere früher zuende sein als man ahnt und ich will einfach sicherstellen, dass ich dann zurückschaue und sagen kann, dass ich sie am Maximum gelebt habe, am Maximum, am Maximum", betont der Brite. Deshalb lebe er auch abseits des normalen Rennfahrerlebens auf der Strecke am Limit, nehme alles mit. Hamilton will also offenbar die Hochphase seiner internationalen Popularität voll auskosten.

Hamilton: F1 braucht Girls und Bands!

In der Formel 1 selbst kann er das für seinen Geschmack nicht genug. "Die F1 ist eine Show", sagt er zwar. Aber "viele schöne Girls sollten hier sein, es sollte Musik geben, Band sollten auftreten. Es sollte ein Spektakel sein wie der Super Bowl. Oh mein Gott, das war ein super cooler Event ...", schwärmt Hamilton.

Langweilen würde er sich in der Formel 1 allerdings auch wieder nicht. "Nein, nicht wirklich. Ich finde es nicht fade. Ja, ich bin in meinem Leben an einem Punkt, an dem ich sage 'Oh mein Gott, 23 Jahre sind eine lange Zeit'", schildert der Champion. "Aber wenn Leute zu mir kommen und mich Fragen, ob ich noch begeistert davon bin, kann ich nicht sagen, dass ich nicht mehr dieselbe Begeisterung verspüre", vergleicht Hamilton mit dem Anfang seiner Karriere. Mit dem Racing und ihm gehe es einfach zu wie in einer Ehe. "Manche sind nach 23 Jahren langweilig, aber du musst einfach daran arbeiten, damit es funktioniert", sagt Hamilton.

Lauda: Mercedes-Marathon beim Test für Fahrer fad

So sei er zum Testauftakt am Montag genauso begeistert gewesen wie am ersten Tag seiner Karriere. Laut Hamiltons und Mercedes' Chefaufseher Niki Lauda sei das allerdings nicht wirklich von langer Dauer gewesen. Doch es sind Testfahrte, daher könne er Hamitlon verstehen. "Das Problem, das die Fahrer haben, ist, dass ihnen einfach langweilig wird. Sie fahren ununterbrochen, um Daten zu erfassen und rollen immer wieder herum. Der Lewis sagt, wenn ich jetzt wieder 20 Runden fahren muss und nichts machen darf, dann ist mir das zu langweilig", sagte Lauda in einem Exklusiv-Interview mit Motorsport-Magazin.com.

Sobald es in Melbourne auf der Strecke aber wieder um Siege und schließlich den Titel gehen wird, werde sich das allerdings wieder schnell ändern, versichert Hamilton. Sein vierter WM-Titel würde ihm viel mehr bedeuten als etwa ein Nummer-eins-Hit als i-Tüpfelchen auf seine musikalischen Ambitionen. Ohnehin mache er nur Musik, weil er es liebe. Alles andere wäre aktuell nicht positiv. "Ab dem Punkt, an dem du anfängst, es ernst zu nehmen und dir Ziele zu setzen, raubt es eher Energie als sie zu verleihen", erklärt Hamilton.

Daher könne er sich während seiner F1-Zeit nicht größeren Zielen in diesem Bereich hingeben. Und überhaupt: "Die Formel 1 ist, was ich am besten kann. Es gibt zwar auch andere Dinge, die ich richtig gut kann, aber daran kommt es nicht heran", sagt Hamilton. Sportlich habe er seinen Drive jedenfalls auch nach drei Titeln nicht verloren, der vierte Titel ist angepeilt - aber nicht berechnet, sagt Hamilton.

Hamilton bestätigt Reibereien mit Rosberg

"Wir sind im dritten Jahr mit dieser Art Auto und es fühlt sich an wie ein konstantes Wachstum - das Auto ist wieder besser. Und das ist hart - etwas noch besser zu machen, dass schon fast perfekt ist. Jetzt ist die Frage, was die anderen gemacht haben. Wer weiß?", fragt der Champion. Neben seinem üblichen Teamrivalen Nico Rosberg müsse er Ferrari auf jeden Fall weit oben auf dem Zettel haben - hofft er sogar: "Hoffentlich ist es nicht nur eine reine 'Lewis und Nico Show' - ich hoffe, dass Ferrari in diese Show hineinkommt und wir über Nico und mich hinaus einen scharfen Wettbewerb haben."

Die Reibereien zwischen ihm und Rosberg gebe es übrigens tatsächlich. "Ja, sie sind da", bestätigt Hamilton. "Aber das ist ein kleines Feuer, auf das alle immer viel Benzin kippen, um es größer zu machen", kritisiert der Weltmeister. Doch auch die Teamkollegen würden selbst unbeabsichtigt Öl ins Feuer gießen - einfach abhängig davon, wer gerade ein Rennen gewinnen würde. "Es ist also ein echter Wettkampf!"