"Warum sollte ich denn aufgeregt sein?" Gründe hätte es genügend gegeben. Jüngster Fahrer in der Geschichte der DTM, Nachfolger von Ralf Schumacher, erstmals auf der großen Bühne des Motorsports. Wer hätte es im Mai 2013 einem 18-Jährigen übel genommen, wenn er vor seinem ersten Rennen im DTM-Auto spürbar nervös gewesen wäre? Stattdessen wirkte Pascal Wehrlein wie ein kleiner Buddha inmitten der Medienmeute, die den völlig überraschenden Aufstieg des jungen Mannes zunächst kritisch beäugte.

Aus sportlicher Sicht hatte nichts gegen den kurzfristigen Wechsel zu Mercedes in die Tourenwagenwelt gesprochen. Spätestens nach dem vierten Gesamtplatz in der extrem stark besetzten Formel 3 war der Name Pascal Wehrlein nicht nur mehr Motorsport-Insidern ein Begriff. Aber: Würde er dem Medienrummel standhalten können, war er wirklich schon reif genug für den nächsten, großen Schritt?

Pascal Wehrlein steht vor seinem Debüt in der Formel 1, Foto: Sutton/Motorsport-Magazin.com
Pascal Wehrlein steht vor seinem Debüt in der Formel 1, Foto: Sutton/Motorsport-Magazin.com

Von Zweiflern begleitet

Zweifel gab es. Sie waren nicht unberechtigt. Schnell und still waren die beiden Merkmale, die Wehrlein während seiner Zeit in den Formel-Nachwuchsklassen wohl am besten charakterisierten. In der Tat war der Worndorfer in seinen ersten Jahren kein Junge der großen Worte. Wollte man gehässig sein, konnte man ihm Mundfaulheit, vielleicht sogar eine gewisse Arroganz vorwerfen. Wie Wehrlein wirklich tickt, war den meisten Beobachtern zu diesem Zeitpunkt allerdings überhaupt nicht bewusst.

In seinen drei DTM-Jahren wurde Wehrlein offener, zum Plappermaul vom Dienst avancierte der neue Mercedes-Star allerdings nicht. Rennen gewinnen statt reden - der Plan ging perfekt auf. Jüngster Meister in der Geschichte der Serie, angehender Formel-1-Pilot. "Ich bin an Rennwochenenden eben so", sagte Wehrlein nach dem Titelgewinn in aller Gelassenheit. "Ich bin da sehr in mich gekehrt, rede nicht so viel. Manche Leute sagen, dass ich dadurch unsympathisch wirke. Aber so bin ich einfach."

Eines seiner Hobbys: Fußball spielen, Foto: Sutton
Eines seiner Hobbys: Fußball spielen, Foto: Sutton

Auch mal Spaßvogel

Offene, ehrliche Worte eines gerade einmal 21-Jährigen. Unsympathisch wirkt Wehrlein höchstens auf Außenstehende. Fokussiert für Insider. Wer den jetzigen Formel-1-Piloten besser kennt, weiß, dass er ein echter Spaßvogel sein kann. "Ich bin total aufgedreht, schreie rum, renne die ganze Zeit durch das Haus", erlaubte er sich etwa einen kleinen Spaß mit einem Journalisten, der nach Wehrleins privatem Verhalten fragte. Nur, um dann gleich klarzustellen: "Im Ernst, das ist eben mein Charakter."

Pascal Wehrlein. Coole Sau. Egoist. Muss man sein, wenn man Erfolg haben will, sagte Niki Lauda einmal. Wehrlein: "Ich bin keiner, der Nervenflattern bekommt oder zippelig ist." In der heißen Phase der vergangenen DTM-Saison ließ er sich nicht einmal von Haudegen wie Mattias Ekström aus der Reserve locken. Verbalattacken prallten förmlich an Wehrlein ab.

Wehrlein ist keiner, der sich in den Vordergrund drängelt, Foto: Motorsport-Magazin.com
Wehrlein ist keiner, der sich in den Vordergrund drängelt, Foto: Motorsport-Magazin.com

Keine Angst vor großen Namen

"Dass so deutlich ältere Leute sich Gedanken gemacht haben, wie man einen Jungen aus der Ruhe bringen kann - das finde ich ja selber witzig", stichelte Wehrlein damals zurück. Ansonsten gibt er nur wenig von sich preis, ist keiner, der auf den Putz haut. Das sollte sich auch jetzt in der Formel 1 nicht ändern, wo allein der mediale Druck ungleich höher sein wird als in der DTM.

Bei seinen ersten Auftritten vor Weltpublikum hielt sich Wehrlein zunächst an Förderer Toto Wolff, suchte dessen Nähe und Rat. Wieder einmal mag er auf den ersten Blick verschüchtert gewirkt haben. Große, neue Formel-1-Welt. Doch in Wahrheit wählte er seine Aussagen mit Bedacht anstatt drauf los zu plappern - so wie man es von einem Teenager unter Umständen erwarten könnte.

Haut nicht groß auf die Pauke: Pascal Wehrlein, Foto: Mercedes AMG
Haut nicht groß auf die Pauke: Pascal Wehrlein, Foto: Mercedes AMG

Geheimniskrämer

Vielmehr ließ er Taten sprechen, beeindruckte schon bei seinen ersten F1-Testfahrten im Mercedes-Silberpfeil, testete heimlich, still und leise seit einiger Zeit im Simulator. "Ich kann Geheimnisse ganz gut für mich bewahren", sagte er einmal mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht.

Kein Geheimnis: Schon jetzt wird Wehrlein als potenzieller Nachfolger von Nico Rosberg oder Lewis Hamilton - seinem Vorbild - gehandelt. Der nächste Deutsche im Mercedes-Werksteam? Manor als Zwischenstation zum Weltmeister-Auto? Die Vermutung ist zumindest nicht abwegig. Was sagt Wehrlein zu den großen Vorschusslorbeeren? Er schweigt.