Aus Lotus wird Renault. Am 3. Februar wird die Transformation vom Privatteam zur Werksmannschaft abgeschlossen, wenn Renault in Paris die Pläne für die Saison 2016 vorstellt. Einen großen Abwesenden dürfte es in der französischen Hauptstadt allerdings geben: Pastor Maldonado. Die Anzeichen verdichten sich, dass der Venezolaner trotz eines aufrechten Vertrags in der nächsten Saison nicht im Cockpit sitzen wird. Motorsport-Magazin.com erklärt die Hintergründe.

Wie sieht Maldonados Vertragssituation aus?

Pastor Maldonado wurde im September 2015 noch einmal demonstrativ von Lotus, das damals mitten in Übernahmegesprächen mit Renault stand, für 2016 bestätigt. Und das, obwohl der Vertrag des Südamerikaners ohnehin noch für die nächste Saison gültig gewesen wäre. Wie die meisten Verträge ist allerdings auch Maldonados Kontrakt an gewisse Bedingungen geknüpft - werden diese nicht erfüllt, ist die Vereinbarung hinfällig.

Warum steht Maldonado vor dem Aus?

Maldonado wird seit Anbeginn seiner Karriere von PDVSA, der staatlichen Erdölgesellschaft Venezuelas, unterstützt. In der vergangenen Saison soll Maldonado mit umgerechnet rund 30 Millionen Euro gesponsert worden sein. Viel Geld, das sich kaum ein Team, erst recht nicht das alles andere als auf Rosen gebettete Lotus, entgehen lassen kann.

Maldonados Ölquelle droht zu versiegen, Foto: Sutton
Maldonados Ölquelle droht zu versiegen, Foto: Sutton

Mittlerweile haben sich die Zeiten in Venezuela allerdings grundlegend geändert. Bei den jüngsten Parlamentswahlen verloren die Sozialisten, die Partei des 2013 verstorbenen Hugo Chavez, der als ausgesprochener Förderer Maldonados galt, die Macht.

Zudem befindet sich PDVSA wie das gesamte lateinamerikanische Land in wirtschaftlichen Turbulenzen. Wie Präsident Nicolas Maduro jüngst verkündete, sanken Venezuelas Einnahmen 2015 um 70 Prozent, während die Wirtschaft um fünf Prozent schrumpfte. Die Inflation betrug 150 Prozent. Grund dafür ist der stark gefallene Ölpreis.

Wenig verwunderlich, dass angesichts dieser Wirtschaftszahlen ein millionenschweres Sponsoring überdacht wird. Verhandlungen, die die Renault-Spitze zuletzt in Caracas führte, blieben ergebnislos. Mittlerweile soll sich PDVSA dazu entschlossen haben, den bestehenden Vertrag nicht mehr weiter erfüllen zu wollen.

Hinzu kommt, dass Renault mit Total über einen Mineralölpartner verfügt, der gewiss darauf verzichten kann, das Logo eines konkurrierenden Unternehmens auf dem Auto zu haben. Als Werksteam sind die Franzosen außerdem nicht in jenem Maße wie Lotus auf Sponsorengelder angewiesen und könnten eine Trennung wohl verschmerzen.

Wer könnte Maldonado ersetzen?

Kommt es tatsächlich zur Trennung zwischen Renault und Maldonado, dürfte Kevin Magnussen der große Nutznießer sein. Der ehemalige McLaren-Pilot war bereits zu Verhandlungen in der Fabrik in Enstone und soll ein Sponsorenpaket in Millionenhöhe geschnürt haben, das zwar nicht an jenes von PDVSA heranreicht, dafür aber gesichert ist.

Kevin Magnussen hofft auf ein Comeback, Foto: Sutton
Kevin Magnussen hofft auf ein Comeback, Foto: Sutton

Magnussen debütierte 2014 für McLaren in der Formel 1 und schaffte gleich bei seinem ersten Rennen in Australien den Sprung auf das Podium. In der vergangenen Saison musste der Däne dann jedoch ins zweite Glied zurücktreten, da sich McLaren für die Fahrerpaarung Fernando Alonso und Jenson Button entschied. Magnussen bestritt zwar erneut den Saisonauftakt in Melbourne, wo er den verletzten Alonso ersetzte, absolvierte danach aber keine Rennen mehr. Im Herbst kam es schließlich zur Trennung.

Zuletzt war der Däne auch für ein DTM-Cockpit bei Mercedes im Gespräch gewesen und hinterließ nach Informationen von Motorsport-Magazin.com bei Testfahrten einen guten Eindruck.

Weder Renault noch das Magnussen-Lager wollen die aktuellen Gerüchte kommentieren.

Wie sieht Maldonados Zukunft aus?

Düster. Im Starterfeld gibt es nur mehr zwei freie Plätze, jene bei Manor. Das kleine Team, das 2016 mit Mercedes-Motoren antritt, verlangt jedoch stattliche Preise für seine Cockpits. Fraglich, ob PDVSA bereit ist, für einen Platz am Ende des Feldes viel Geld zu investieren, sofern man sich aus der Formel 1 nicht ohnehin komplett zurückzieht.

Kommt es nicht doch noch zu einer Kehrtwende und einer Einigung mit Renault, dürfte Maldonados Formel-1-Karriere nach fünf Saisons daher zumindest vorerst beendet sein. Der Venezolaner kam 2011 mit Williams in die Königsklasse und verließ den Rennstall zur Saison 2014 in Richtung Lotus. Maldonados mit Abstand größter Erfolg ist der Sieg beim Großen Preis von Spanien 2012 in Barcelona, der gleichzeitig seine bis heute einzige Podiumsplatzierung darstellt.

Schlagzeilen machte Maldonado aber in erster Linie durch seinen ungestümen Fahrstil, der ihm den wenig schmeichelhaften Spitznamen "Crashtor" einbrachte. Vor allem in den sozialen Netzwerken entwickelten sich Maldonados Manöver zu einem Running Gag, so gibt es etwa eine Webseite, die die Zeit zählt, wie lange sein letzter Unfall zurückliegt.

Ist auch Jolyon Palmers Cockpit in Gefahr?

Nein. Der Brite, der den zu Haas abgewanderten Romain Grosjean ersetzt, wird 2016 definitiv als Einsatzpilot bei Renault agieren. Lediglich die Frage, wer Palmers Teamkollege wird, bleibt noch zu klären.