Seit Dezember vergangenen Jahres steht die Rückkehr Renaults in die Formel 1 fest. Die Franzosen haben die Mehrheit am vormalig im Besitz von Genii Capital befindlichen Lotus-Team übernommen. Damit ist sicher, dass ab 2016 erstmals seit 2010 wieder ein Werksteam Renaults in der Formel 1 vertreten sein wird. Doch noch sind nicht alle Details geklärt. Motorsport-Magazin.com liefert einen Überblick über den Stand der Dinge in Enstone.

Das Team: Teamchef und Fahrer gesucht

Romain Grosjean hat das Team in Richtung Neueinsteiger Haas verlassen. Als Ersatz für den zuletzt konstanten Franzosen wurde der bisherige Lotus-Testfahrer Jolyon Palmer zum Stammpiloten befördert. Der Brite, 2014 Meister in der GP2, bestreitet damit seine erste Formel-1-Saison.

Frederic Vasseur begleitete schon einige Talente, Foto: Sutton
Frederic Vasseur begleitete schon einige Talente, Foto: Sutton

Teamkollege sollte eigentlich Pastor Maldonado werden. Eigentlich - sollte. Denn der Venezolaner ist sicherlich aus sportlicher Sicht nicht erste Wahl. Die Finanzen sprechen aber für den Formel-Rambo. PDVSA soll für das Cockpit mehr als 30 Millionen Euro bezahlen. Allerdings gibt es Probleme in Venezuela, die regierenden Sozialisten wurden nach 17 Jahren abgewählt. Ob das Geld in dieser Höhe auch fließt, ist fraglich. Vasseur soll zusammen mit Federico Gastaldi schon in Venezuela gewesen sein, um die Probleme vor Ort zu besprechen.

Ohne Mitgift ist Maldonado weg. Und dann wird es spannend: Noch immer hat Renault keinen Teamchef bekanntgegeben. Das soll bei der Präsentation am 3. Februar geschehen. Es gilt als sicher, dass Frederic Vasseur das Team leiten wird. Der 46-Jährige ist kein Unbekannter in der Motorsportszene: Er gründete einst das erfolgreiche Nachwuchsrennteam ART und zeichnete sich zuletzt auch mit seiner Firma Spark für den Bau der Formel-E-Boliden zuständig.

Esteban Ocon gewann mit ART de GP3-Titel, Foto: GP3 Series
Esteban Ocon gewann mit ART de GP3-Titel, Foto: GP3 Series

Und hier wird es knifflig: ART betreibt nicht nur in GP2 und GP3 Teams, sondern seit 2015 auch in der DTM. Für das GP3-Team startete im vergangenen Jahr der Franzose Esteban Ocon - und gewann prompt die Meisterschaft. Ocon machte sich bereits im Vorjahr einen Namen, als er sich in der europäischen Formel 3 unter anderem gegen Max Verstappen durchsetzte.

Ocon war im vergangenen Jahr auch Mercedes-Testfahrer in der DTM. Nach seinem GP3-Titel wurde er zum Mercedes AMG F1 Teammitglied befördert. Mercedes hatte eine Option auf Ocon, die das Team zog. Was genau er beim Formel-1-Team machen soll, ist allerdings unklar, weil mit Wehrlein bereits ein Entwicklungs- und Testfahrer zur Verfügung steht.

Doch was hat Ocon mit Renault zu tun? Ocon soll im kommenden Jahr in der DTM fahren. Offiziell gibt es bei Mercedes noch keine Entscheidung. Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com wollen die Stuttgarter aber bis zum 31. Januar ihren DTM-Kader fix haben. Vasseur gilt als großer Unterstützer seines Landsmannes. Lieber als in der DTM würde er ihn wahrscheinlich in der Formel 1sehen. Dafür müsste aber Ocon aus seinem Vertrag gekauft werden. Zwischen Paydriver Pastor Maldonado und Esteban Ocon liegen finanziell also Welten. Ein Franzose mit sportlicher Perspektive bei einem französischen Team könnte es Renault aber Wert sein.

Der 31. Januar wird also spannend. Kauft Renault Ocon aus seinem Vertrag, wäre auf Mercedes-Seite Budget für Pascal Wehrlein. Mercedes würde Wehrlein gerne in der Formel 1 bei Manor sehen, will für das Cockpit aber nicht jeden Preis zahlen.

In Stein gemeißelt ist das Fahrerduo Maldonado/Palmer jedenfalls noch nicht. "Momentan sind das Spekulationen. Wir haben einen Vertrag mit Pastor. Das ist die momentane Situation", so ein Sprecher. Aber: "Wer weiß, was bis Australien passieren kann. Aber momentan planen wir mit Pastor und Jolyon." Auch Kevin Magnussen soll Chancen als Maldonado-Ersatz haben. Er bringt rund acht Millionen Euro mit. Magnussen wird auch für ein DTM-Cockpit gehandelt.

Die Entscheidung über den Fahrer trifft letztendlich Vasseur. Er soll über Motorsport-Aktivitäten von Renault entscheiden. Im ersten Jahr ist eine Top-Fahrerpaarung nicht unbedingt oberste Prämisse, erhöht möglicherweise nur den Druck. Cyril Abiteboul, der Konzernchef Carlos Ghosn vom Formel-1-Comeback überzeugte, soll die Formel-1-Fabrik in Enstone leiten.

Das Auto: Kompromisse zu Beginn

Über den neuen Boliden gibt es bislang kaum Informationen. Sicher ist, dass die Entwicklung des neuen Boliden durch die großen finanziellen Probleme von Lotus ins Stocken geraten war. Zudem stand lange Zeit nicht fest, mit welcher Power Unit die Autos ausgestattet werden. Hätte sich die Übernahme durch Renault zerschlagen, wären es wohl weiterhin Aggregate von Mercedes gewesen.

Lotus musste zweigleisig entwickeln, Foto: Sutton
Lotus musste zweigleisig entwickeln, Foto: Sutton

"Wir haben zwei Designs für das nächstjährige Auto und arbeiten mit beiden Optionen", sagte CEO Matthew Carter im November. Ein riesen Nachteil, weil die Power Units bei weitem nicht mehr so einfach in das Fahrzeug zu integrieren sind, wie es noch die Saugmotoren waren. Hier mussten schon früh Kompromisse gemacht werden, die sich rächen werden.

Spannend ist für Fans auch die Frage, welches optische Erscheinungsbild der Nachfolger des E23 abgeben wird. Die Lackierungen der letzten Renault-Werksautos waren aufgrund der Firmenfarbe vorrangig gelb. Auch das neue Fahrzeug wird diese Corporate Identity mit Sicherheit beherzigen.

In den Anfangsjahren dominierte bei Renault eine Miscung aus Gelb und Blau, Foto: Sutton
In den Anfangsjahren dominierte bei Renault eine Miscung aus Gelb und Blau, Foto: Sutton

Als die Franzosen 2002 letztmalig ein Comeback unternahmen, stach zusätzlich die hellblaue Farbe eines Zigarettensponsors hervor. Da Tabakwerbung schon lange Geschichte ist, ist eine Wiederholung eher unwahrscheinlich. 2007 stieg eine Großbank als Hauptsponsor ein, die Lackierung war nun gelb-weiß-orange gehalten. Doch nach drei Jahren war auch hiermit Schluss.

2010, im bislang letzten Werksjahr, dominierte neben dem markanten Gelb die Farbe Schwarz, auch mangels eines Großsponsors. Ebenjener Sponsor wird auch über die endgültige Lackierung des neuen Autos entscheiden. Doch auch hier wird es wohl am 3. Februar nähere Details geben - spätestens dann bei den Testfahrten in Barcelona.