Johnny Herbert gehört schon fast zum Formel-1-Inventar. Ob als Fahrer, der Grand-Prix-Siege feiern durfte, als FIA-Steward, als Midland-Repräsentant oder als TV-Experte - der Brite weiß immer spannende und vor allem unterhaltsame Geschichten zu erzählen. Anlässlich seines 50. Geburtstages traf sich Motorsport-Magazin.com im vergangenen Jahr für ein Magazin-Special mit Herbert. Das Mammut-Interview dauerte mehr als zwei Stunden, selbst die offizielle Bestätigung von Sebastian Vettel bei Ferrari konnte ihn nicht aus der Ruhe bringen. Weil nur ausgewählte Geschichten den Weg in die Printausgabe fanden, zeigen wir ihnen bis zum 13. Januar jeden Tag ein Bild aus Herberts Fotoalbum.

Le-Mans-Sieg ohne Podium

Hier sitzt Volker Weidler im Auto. Ein guter Kerl! Schade, dass er diesen Gehörschaden erlitt. Wir hatten nach seinem Tinitus noch ein Rennen in Japan, er hat sein ganzes Zeug dort gelassen, ist zurück nach Deutschland geflogen und seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen. Das ist sehr traurig. Er macht das Auto für seinen Gehörschaden verantwortlich. Aber er hat nie Ohrstöpsel benutzt. Weder in der Formel 3000, noch in der Formel 1. Aber ein netter Junge, der Heinz [Harald Frentzen] sehr ähnlich ist. Die Sportwagen haben ihm besser gelegen, als die Formel 1, wo er auch eine sehr kurze Karriere hatte.

Mit Volker und Betrand Gachot bin ich damals dieses populäre, wundervoll lackierte Wankel-Monster gefahren. Wir sind an diesem Wochenende als Underdogs angekommen. Wir hatten nicht erwartet, eine ernsthafte Chance auf den Sieg zu haben. Vor dem Wochenende gab es noch eine kleine Änderung beim Benzin, aber nichts Großes. Deshalb war unser Verbrauch ein bisschen besser. Das Ziel war es aber immer, so viel Benzin wie möglich zu sparen. Als wir gestartet sind, waren wir nicht in dem Fenster, das wir gebraucht haben. Wir haben aber gelernt, dass wir schneller sind, wenn wir ein paar Sekunden langsamer fahren. Es hieß also, so schnell wie möglich zu fahren und Benzin zu sparen. Wir mussten im Rennen lernen, wie wir Benzin sparen. Da war es gut, dass wir drei Fahrer waren. Denn die Datenaufzeichnung war noch recht rudimentär. Volker war sehr gut darin, Sprit zu sparen. Ich in der Mitte, dann Gachot. Am Ende des Rennens waren wir alle so nah beieinander und haben so viel Sprit gespart, dass wir fast Vollgas fahren konnten.

Weil es ein Wankelmotor war, hatten wir keine Motorbremse. Am besten war es, 200 Meter vor der Kurve vom Gas zu gehen. Diese Technik hat uns so konkurrenzfähig wie die Jaguars gemacht. Nicht so sehr, wie die Mercedes, denn die waren viel schneller. Wir waren ein oder zwei Runden hinter ihnen, aber wir waren noch da. Mercedes hatte ein technisches Problem, wodurch sie viel Zeit verloren haben. Wir haben auch nur einmal die Bremsen gewechselt, obwohl wir zwei Wechsel erwartet hatten. Wir konnten uns während des Rennens anpassen.

Ich bin die letzten dreieinhalb Stints gefahren. Ich weiß noch, dass es sehr heiß war, weil ich nicht genügend Flüssigkeit im Auto hatte. Es hatte 35 Grad draußen, im Cockpit war es verdammt heiß. Wir haben das Rennen beendet, wir haben es gewonnen. Es war eine unglaubliche Erfahrung bei der Zieldurchfahrt im Auto zu sitzen. All die Leute, die auf der Strecke waren, all die Mechaniker, die auf das Auto gesprungen sind. Wir hatten japanische Mechaniker und für die war es brillant, weil Mazda der erste japanische Hersteller war, der die 24 Stunden gewonnen hat. Und noch immer ist Mazda der einzige japanische Hersteller, der das Rennen gewonnen hat. Das einzige, was ich verpasst habe, war das Podium - weil ich so dehydriert war. Ich musste dann gleich ins Krankenhaus. Ich habe noch nicht überprüft, ob ich der einzige Fahrer bin, der Le Mans gewonnen hat, aber nicht auf dem Podium war.