Johnny Herbert gehört schon fast zum Formel-1-Inventar. Ob als Fahrer, der Grand-Prix-Siege feiern durfte, als FIA-Steward, als Midland-Repräsentant oder als TV-Experte - der Brite weiß immer spannende und vor allem unterhaltsame Geschichten zu erzählen. Anlässlich seines 50. Geburtstages traf sich Motorsport-Magazin.com im vergangenen Jahr für ein Magazin-Special mit Herbert. Das Mammut-Interview dauerte mehr als zwei Stunden, selbst die offizielle Bestätigung von Sebastian Vettel bei Ferrari konnte ihn nicht aus der Ruhe bringen. Weil nur ausgewählte Geschichten den Weg in die Printausgabe fanden, zeigen wir ihnen bis zum 13. Januar jeden Tag ein Bild aus Herberts Fotoalbum.

Johnny als FIA-Steward

Ahhhh, da ziehe ich meinen Bauch ein. Ich war sehr früh ein Fahrer-Steward. Charlie Whiting hat mich früh gefragt, ob ich interessiert bin. Zu diesem Zeitpunkt bin ich nur ein bisschen Superstar Rennen in Italien gefahren, als das aufkam. Ich dachte damals, das Fahrer-Stewards eine gute Sache wären. Das glaube ich auch heute noch. Zu meiner Zeit in der Formel 1 gab es ein paar übereifrige Stewards. Sie haben immer gesagt, man soll den Zwischenfall erklären. Man hat dann erzählt, aber sie haben nie zugehört. Sie hatten ihre Entscheidung schon auf Grundlage dessen getroffen, was sie gesehen hatten. Ob richtig oder falsch, sie hatten ihre Entscheidung schon getroffen. Deshalb ist es eine gute Sache, einen Fahrer als Steward zu haben.

Ich erinnere mich an Sebastian Vettel in Malaysia, ich glaube es war 2010 oder 2009. Er hat Jarno Trulli in der letzten Runde unter Gelb überholt. Sebastian kam, sah mich, und sagte: "Fantastisch." Er hat sich gefreut, eine Verbindung zu jemandem zu haben. Wir haben uns die Videos und die Datenaufzeichnungen angesehen und konnten sehen, dass er Trulli unter Gelb überholt hat. Aber Jarno ist sehr, sehr langsam gefahren und ist auf die Seite ausgewichen. Sebastian hat in einer Dritten-Gang-Kurve bis in den ersten oder zweiten Gang zurück geschalten. Es war offensichtlich, dass er Gas rausgenommen hatte. Hätte ein Steward in der Vergangenheit darauf geschaut? Wahrscheinlich nicht. Er hätte nur gesehen, dass er unter Gelb überholt hat - nicht, dass er 100 Meilen langsamer gefahren ist. Es wurde dann nichts gemacht, er hat das Rennen gewonnen und kein Problem.

Herbert musste sein ehemaliges Team disqualifizieren, Foto: Sutton
Herbert musste sein ehemaliges Team disqualifizieren, Foto: Sutton

Wir sind natürlich alle unterschiedlich. Es gibt gute, es gab aber auch nicht so gute Entscheidungen. Manchmal ist meine Ansicht auch anders als jene, eines anderen Fahrer-Stewards. Ist es manchmal etwas inkonsequent? Ich glaube im Leben gibt es immer ein bisschen Inkonsequenz. Aber insgesamt glaube ich, dass es sehr gut funktioniert. Ich habe es auf jeden Fall genossen, weil es eine andere Erfahrung war. Man schaut nicht nur auf die Fahrer, es sind auch technische Dinge. Ich erinnere mich an Australien, als die Flügel von Sauber zu groß waren. Sie hatten ein fantastisches Rennen, aber wir mussten sie vom Rennen ausschließen. Und ich habe natürlich auch tolle Erinnerungen an Sauber, weil ich dort gefahren bin, aber als Steward war es schwierig. Sie haben gesagt, das Teil wurde in der Fabrik in Hinwil falsch hergestellt. Aber es war einfach nicht korrekt, deshalb mussten wir sie ausschließen.

Ich erinnere mich auch noch an Lewis [Hamilton], der im Training unter doppelt Gelb jemanden überholt hat. Für mich war es das Schlimmste überhaupt. Es ist nicht gut, wenn Gelb ist. Aber wenn doppelt Gelb ist... Das bedeutet, dass Leute auf der Strecke sind. Und er fuhr noch sehr schnell. Wir haben Lewis zu uns gerufen. Er hat gesagt, es täte ihm leid und es wäre ja nur eine gelbe Flagge gewesen. Ich habe ihm dann erklärt, dass es doppelt Gelb war. Er hat ein bisschen gebraucht, um das zu verstehen. Deshalb ist es gut, einen Fahrer-Steward zu haben, der das erklären kann.