Johnny Herbert gehört schon fast zum Formel-1-Inventar. Ob als Fahrer, der Grand-Prix-Siege feiern durfte, als FIA-Steward, als Midland-Repräsentant oder als TV-Experte - der Brite weiß immer spannende und vor allem unterhaltsame Geschichten zu erzählen. Anlässlich seines 50. Geburtstages traf sich Motorsport-Magazin.com im vergangenen Jahr für ein Magazin-Special mit Herbert. Das Mammut-Interview dauerte mehr als zwei Stunden, selbst die offizielle Bestätigung von Sebastian Vettel bei Ferrari konnte ihn nicht aus der Ruhe bringen. Weil nur ausgewählte Geschichten den Weg in die Printausgabe fanden, zeigen wir ihnen von heute an bis zum 13. Januar jeden Tag ein Bild aus Herberts Fotoalbum.

Erstes F1-Wochenende, 1989 im Benetton in Rio de Janeiro

Wieder das erste Mal - und es war sehr schmerzvoll. Mein Fuß war so stark angeschwollen. Im Auto habe ich starke Schläge abbekommen. Jede Runde musste ich über eine große Bodenwelle fahren, weshalb mein Fuß gegen die Seite des Monocoques geschlagen ist. Ich habe unter dem Helm vor Schmerz geschrien. Die Monocoques waren damals noch recht groß, deshalb habe ich versucht - immer wenn ich über die Bodenwelle gefahren bin -, den Fuß anzuheben, damit er nicht gegen das Monocoque krachte. Aber das jede Runde zu machen, hat nicht viel Sinn gemacht. Rechtzeitig zum Qualifying habe ich festgestellt, dass ich den Fuß einfach normal lasse. Er hat wieder gegen das Monocoque geschlagen und ich habe wieder vor Schmerz geschrien, aber weil es irgendwann über die Schmerzgrenze ging, konnte ich wieder normal fahren.

Zuvor waren wir bei Testfahrten und am Ende des Testtages hieß es, dass wir eine Renndistanz machen würden - obwohl es eigentlich nicht auf dem Plan stand. Beim Auftanken haben die Mechaniker noch darauf gewettet, wie lange ich es durchhalten würde. Ich glaube, die meisten haben auf etwa 30 Runden getippt. Ich bin gefahren, gefahren, gefahren. Bis sie einen Anruf von der Race-Control erhielten, dass es eine rote Flagge gibt. Die rote Flagge habe ich verursacht - weil mir das Benzin ausgegangen ist. Ich bin die komplette Renndistanz gefahren!

Ich bin dann nach Rio gekommen und hatte ein Meeting mit Peter Collins, Luciano Benetton und Flavio Briatore - es war das erste Mal, dass Flavio zu den Grands Prix gekommen ist. Sie haben mich dann gefragt, ob ich überhaupt fahren kann. Ich habe natürlich Ja gesagt. Ich bin hier! Ich kann es, ich habe den Test mit einer Renndistanz geschafft, es ist kein Problem. Soweit ich es mitbekommen habe, stand Emanuele Pirro in Rom am Flughafen und hat gewartet, nach Rio zu kommen. Sie haben erst da entschieden, wer fährt. Ich bin mir sicher, dass Flavio das ganze inszeniert hat. Im Nachhinein verstehe ich schon, warum sie das gemacht haben. Ich konnte sie aber irgendwie davon überzeugen, mich zu behalten.

Im Qualifying habe ich dann Alessandro Nannini geschlagen und im Rennen wurde ich Vierter! Und ich wäre fast Dritter geworden, ich war so nah an Maurício Gugelmin und Alain Prost dran. Ich war nur zehn Sekunden hinter Sieger Nigel Mansell im Ferrari. Ich konnte nur schwer gehen und hatte eine Krücke. Aber vor dem Rennen hat Flavio gesagt, dass ich nicht mit einer Krücke rumlaufen kann. Deshalb musste ich ohne Hilfe gehen. Das war sehr schmerzvoll und der Fuß war wieder sehr dick. Aber es hat meine Karriere gesichert. Das war meine Karriere!

Wenn ich das nicht gemacht hätte, hätte ich nie eine Karriere in der Formel 1 haben können. Das hat meiner Karriere eine Chance gegeben. Als relativ schwer verletzter Fahrer bin ich Vierter geworden. Auch heute erinnert sich noch jeder hier im Fahrerlager daran. Es war ein sehr wichtiger Moment in meiner Karriere, obwohl ich in dieser Saison nur sechs Rennen für dieses Team gefahren bin, bevor ich rausgeschmissen wurde. Peter Collins hat mir dabei geholfen, bei Lotus unterzukommen. Glücklicherweise hat mich Peter Collins zurück in die Formel 1 gebracht. Aber das hat viele Leute schockiert und überrascht. Ein wichtiger Teil meiner Karriere.