Wenn in Italien die besinnlichen Tage vor der Tür stehen, schaut man zurück auf das vergangene Jahr und zieht Bilanz. In Maranello dagegen ist es inzwischen Tradition, die Besinnlichkeit an einem Abend gern etwas beiseite zu schieben. Auch in diesem Jahr wurde auf der Ferrari-Weihnachtsfeier Klartext gesprochen. Allen voran natürlich vom Chef persönlich, Präsident Sergio Marchionne.

Nachdem er im Vorjahr zu besorgten Mitarbeitern sprach und nach personellen Änderungen und sportlichen Misserfolgen Streicheleinheiten verteilen musste, klang Marchionne ein Jahr später wesentlich zufriedener. "Dieses Jahr wären wir mit zwei Siegen zufrieden gewesen, aber wir haben drei geschafft, außerdem eine ganze Ansammlung an Podien. Das Wichtigste - vor allem anderen - ist aber, dass wir den größten Teil mit unseren eigenen Ressourcen geschafft haben, ohne allzu viele Außenstehende einzubinden", lobte er die Scuderia nach einem starken Jahr.

Doch nicht nur die sportliche Leistung hob Marchionne hervor. Der Nachfolger von Luca di Montezemolo äußerte sich zu vielen weiteren Punkten. Marchionne über...

...Sebastian Vettel: "Er ist fantastisch. Letzten Samstag hat er hier in Maranello vor unseren 1.200 Leuten eine Rede gehalten - komplett auf Italienisch. Es war unglaublich. Ich kann sagen, dass er in nur einem Jahr mehr zu einem Ferrarista geworden ist, als es Alonso in fünf Jahren geschafft hat.

Sebastian Vettel wurde von Sergio Marchionne mit Lob überschüttet, Foto: Ferrari
Sebastian Vettel wurde von Sergio Marchionne mit Lob überschüttet, Foto: Ferrari

...Kimi Räikkönen: "Ich habe bei Kimi in dieser Saison eine große Veränderung gesehen. Er zeigt mir immer wieder Fotos von seinem Baby. Ich denke, er wird immer sesshafter, was für 2016 hilfreich sein wird. Ich denke, er wird so engagiert sein wie seit einiger Zeit nicht mehr. Ich bin froh, dass er Teil des Teams ist."

...eine mögliche F1-Rückkehr von Alfa Romeo: "Es ist unglaublich, wie sehr die Marke Alfa Romeo noch im Herzen der Leute verankert ist. Daher denken wir an eine Rückkehr Alfa Romeos als Ferraris Konkurrent in die Formel 1. Das eröffnet die Möglichkeit, dass Ferrari die Formel 1 verlässt, aber das ist sehr unwahrscheinlich. Wenn man die Formel 1 in NASCAR verwandeln will, kann man das ohne uns tun."

... den Kalender 2016: "Bernie muss jetzt sicherstellen, dass alle Teams zu den 21 Rennen kommen können, die er auf den Kalender gesetzt hat. Die maximale Anzahl von Grands Prix wurde überschritten, Bernie weiß also, was er zu tun hat. Er muss mehr Geld ausschütten, um zu gewährleisten, dass alle Teams in der Lage sind, zu den vielen Rennen zu kommen."

Sergio Marchionne kritisierte Bernie Ecclestone für den Kalender 2016, Foto: Sutton
Sergio Marchionne kritisierte Bernie Ecclestone für den Kalender 2016, Foto: Sutton

...das Mandat für Ecclestone und Todt: "Es ist eine Entscheidung, die wir offensichtlich nicht teilen, weil wir glauben, dass die Entwicklung der Regeln auf eine koordinierte Art und Weise erfolgen sollte. Diese Auffassung vertreten auch Mercedes und Renault. Wir geben hier hunderte Millionen Euro aus, also reden wir hier von Entscheidungen, die nicht leichtfertig getroffen werden sollten."

...die Regeln: "Wir brauchen Anwälte, um die Regeln richtig auszulegen und wir können so nicht weitermachen. Wir sollten dieses System ausrangieren, was die Komplexität der Regeln angeht, denn sie sind nicht verwertbar."

...die Spionage-Affäre um Benjamin Hoyle: "Ich habe den Ingenieur Hoyle nie getroffen und wir haben niemals vertrauliche Daten über die Power Unit von Mercedes erhalten. Es ist ein schlauer Trick von einem gerissenen Anwalt, aber wir werden alles tun, um zu zeigen, dass Ferrari nichts mit dieser Sache zu tun hat."

Rückblick: Weihnachtsfeier mit Luca di Montezemolo

Für Marchionne war es die zweite Weihnachtsfeier als Ferrari-Präsident. Vorgänger Luca di Montezemolo ließ sich bei seinen Ansprachen an die Belegschaft ebenfalls nicht lumpen. Kostprobe? "Ich bin es definitiv leid, Zweiter zu werden. Wir haben die Fähigkeit, die Kompetenz und den Geist, um auf die Spitze des Podiums zurückzukehren. Jeder von euch muss mit großer Hingabe arbeiten und in seinem Job die Pole Position erreichen - das verlange ich von euch", stellte di Montezemolo 2013 klar.

2011 polterte er gegen das e Testverbot. "Es ist seltsam, dass eine der professionellsten Sportarten der Welt ihren Sportlern nicht erlaubt, zu trainieren. Das ist so, als ob man Real Madrid und Barcelona verbietet, jeden Tag zu trainieren. Warum also sollte Ferrari Fiorano und Mugello aufgeben." Ähnlich hörte sich das 2010 an. "Die Formel 1 ist der einzige Sport, wo es keine Chance zum Trainieren gibt. Es ist so, als ob man Real Madrid oder Milan oder Inter darum bittet, mit Schuhen im Regen zu spielen, die eine glatte Sohle haben - oder dass sie sich vor einem Champions League Spiel nicht aufwärmen sollen." Mehr Höhepunkte seiner Weihnachtsansprachen gibt es in der folgenden Bilderserie.