Die Zukunft des Teams ist immer noch ungewiss. Ist das auch Ihr Stand?
Gerard Lopez: Nein, das hängt davon ab, wie man das definiert. Die Zukunft des Teams ist, ob man als unabhängiges Team weitermachen würde oder eben als Werksteam. In dem Sinne - da wir nichts gesagt haben, kann ich nicht das Gegenteil behaupten.

Als wir uns das letzte Mal unterhalten haben, kam gerade die Meldung, dass Renault eine Absichtserklärung unterschrieben hat, das Team zu kaufen. Das ist ja schon ein bisschen her - jetzt sind wir beim letzten Rennen in Abu Dhabi. Woran liegt es, dass sich das so lange hinzieht?
Gerard Lopez: Wir sind uns mit Renault soweit einig, aber Renault hat noch ein paar offene Fragen, die eigentlich ganz wenig mit uns zu tun haben. Hoffentlich werden diese bald beantwortet.

Geht es um die finanzielle Situation des Teams, mit der Renault nicht zufrieden ist?
Gerard Lopez: Nein. Das hat gar nichts mit dem Team zu tun.

Wie zuversichtlich sind Sie, dass der Vertrag noch zustande kommt?
Gerard Lopez: Wenn ich nicht zuversichtlich wäre, würde ich gar kein Interview geben. Wir sind uns mit Renault eigentlich im Klaren. Die Verträge sind fertig und zur Unterschrift bereit.

Für das Team ist das eine schwierige Situation, weil der Cashflow im Moment nicht so vorhanden ist. Warum funktioniert das auf einmal nicht mehr?
Gerard Lopez: Weil wir das Geld nicht abfragen, was wir abfragen könnten. So einfach ist das. Andere Teams haben von der FOM Geld abgefragt, das haben wir nicht getan. Unsere Sponsoren haben zum Beispiel nicht das gezahlt, was sie im Oktober normalerweise zahlen. Das Ganze hängt davon ab, was wir jetzt machen wollen. Wir müssen Entscheidungen treffen. Es ist ganz einfach: Vor ein paar Jahren habe ich immer wieder gesagt, dass das ganze Finanzielle in der Formel 1 so nicht klappt. Man muss mehr Geld bekommen oder Kosten reduzieren, und damit trotzdem wettbewerbsfähig bleiben. Das hat sich alles nicht getan. Daher habe ich irgendwann gesagt: Das wird jetzt eine Meisterschaft der Hersteller. Da haben wir eine strategische Entscheidung getroffen.

Lotus hatte drei Optionen für die Zukunft, Foto: Sutton
Lotus hatte drei Optionen für die Zukunft, Foto: Sutton

Es gab drei Möglichkeiten: Irgendwie noch einen Finanzpartner mit an Bord zu nehmen, aber man muss dann auch noch etwas verkaufen. Und das, was man verkaufen muss, ist Performance, und die kostet in der Formel 1 viel Geld. Das wissen wir selbst. Das zweite ist, zu sagen: Okay, wir schrumpfen auf 290 bis 300 Mitarbeiter. Das wären etwa 40 Prozent weniger. Dann wissen wir aber, dass wir nicht mehr um Podestplätze mitfahren würden oder eben nicht im Normalfall. Dann die dritte Alternative - das ist die, wo ich denke, der Sport ist eben ein Herstellersport. Die dritte Alternative ist also, ein Hersteller zu werden. In diesem Sport dreht es sich um Hersteller - das ist jetzt nicht negativ gemeint. Was ich immer kritisiert habe, ist, dass man mehr Geld bekommen oder anders ausgeben muss. Wenn man das nicht macht, dann ist das natürlich sehr interessant für Hersteller. Aber dann muss der Rest etwas anders sein. Diese dritte Alternative ist die, für die wir uns entschieden haben. Ich bin voll dafür. Sollte es nicht klappen, aber davon gehe ich nicht aus, bleiben wir bei dieser Sache.

Macht es als privates Team in der Formel 1 heutzutage überhaupt noch Sinn, mitzufahren?
Gerard Lopez: Das ist eine gute Frage. Das hängt davon ab, was man davon hat. In unserem Fall hat es Sinn gemacht, weil wir lange Jahre die Plattform genutzt haben, die wir jetzt aber nicht mehr so brauchen. Sie ist noch interessant, aber nicht mehr so sehr wie vor fünf oder sechs Jahren. Einfach, weil sich unsere Geschäfte international so entwickelt haben, dass ich es nur noch zwei Mal an die Strecke geschafft habe in diesem Jahr. Ich hatte keine Zeit mehr. Für andere kann es aus anderen Gründen interessant sein. Haas macht es, weil sie überzeugt sind, dass es in den USA einen Markt gibt. Wir machen das als Team, weil wir Racer sind und da macht es immer Sinn, in der Formel 1 zu sein. Man muss sich überlegen, wo man mitfahren will und kann. Es gibt kein anderes Privatteam, das in den letzten fünf, sechs Jahren so gefahren ist wie wir, wenn man sich die Statistiken ansieht. Wir haben 25 oder 26 Podien eingefahren, wir haben Rennen gewonnen. Aber um das zu verwirklichen, braucht man ein bestimmtes Budget. Als Privatteam muss man sich heute fragen, ob man das Budget tragen will oder nicht.

Das ist jetzt ja der leistungsbezogene Teil der Finanzen. Aber was den operationellen Teil angeht, ist Lotus ja in letzter Zeit mit Negativschlagzeilen aufgefallen mit verschlossener Box oder Hospitality - tut Ihnen das Team nicht leid?
Gerard Lopez: Nein, sie wissen, dass wir da alles gemacht haben und auch jetzt noch tun. Der einzige Grund, warum das nicht zustande kommt, ist, dass wir das Geld nicht anfassen, das für nächstes Jahr da ist. Es ist ja bekannt, dass andere Teams das angefragt haben, wir haben das nicht gemacht.

Also dementieren Sie, dass Bernie Ecclestone Ihre Rechnungen beglichen hat?
Gerard Lopez: Bernie Ecclestone hat uns das Geld gegeben, das wir jeden Monat bekommen.

Aber keinen Vorschuss?
Gerard Lopez: Nein, diese zehn Millionen haben wir noch nicht einmal angefragt. Wir haben es nicht bekommen und auch nicht angefragt.

Also wurde für die Garagen- oder Hospitality-Miete kein zusätzliches Geld benötigt?
Gerard Lopez: Nein. Das, was normalerweise am 29. bezahlt wird, wurde am 26. bezahlt. Ich weiß, dass die anderen Teams Vorschüsse von zehn Millionen angefragt haben, das haben wir nicht getan.

Je länger sich die Verhandlungen mit Renault ziehen, umso schlechter ist das ja für das nächstjährige Auto.
Gerard Lopez: Jein, wir müssen für das nächste Jahr kleine Brötchen backen, weil wir sowieso davon ausgehen, dass wir mit einem Renault-Motor fahren werden. Da ist sowieso alles neu. Wir haben vor ein paar Monaten angefangen, mit Renault zu arbeiten. Das war drei, vier Monate später als wir normalerweise angefangen hätten. Das macht jetzt nicht mehr so viel aus.

Haben Sie performance-technisch auch ein bisschen Angst davor, nächstes Jahr einen Renault-Motor im Heck zu haben?
Gerard Lopez: Nein, nein. Ich gehe davon aus, dass wenn wir nächstes Jahr ein Werksteam sind, dass nächstes Jahr nächstes Jahr ist und das Jahr darauf das Jahr darauf. Dann ist das hier für fünf, sechs, sieben, acht Jahre. Man kann dann richtig was aufbauen und irgendwann gewinnt man auch. Renault ist ja mit diesem Team Weltmeister geworden. Wenn das jetzt klappt, bin ich voll überzeugt, dass Renault wieder Weltmeister wird. Voll überzeugt. Das haben die nicht verlernt, das hat das Team nicht verlernt.

Als Privatteam sitzen wir immer wieder zwischen zwei Stühlen. Entweder man hat Erfolgsdruck, dann müssen Sponsoren her. Oder man beschneidet das Team stark, dann hat man keinen Erfolgsdruck mehr. Dann steht man auch finanziell okay da. Aber dann fährt man einfach nur herum und fertig. Als Werksteam, als Renault, ist klar, dass man da Druck hat. Der drückt sich dann ganz anders aus, nämlich über zwei, drei, vier, fünf Jahre - siehe Mercedes. Das ist das, was wir mit Renault im Detail besprochen haben, dass es eben nicht darum geht, in der nächsten Saison schon Rennen zu gewinnen. Es geht darum, die Basis zu schaffen, nicht nur um Rennen zu gewinnen, sondern um wieder Weltmeister zu werden. Da können sie jeden von Renault fragen - das ist ganz klar das, was sie auch budgetmäßig jetzt draufhaben. Deswegen sind wir so daran interessiert, dass die Sache hier abgeschlossen wird. Aber vertraglich gesehen sind wir fertig.

Gibt es die Möglichkeit - sollte es doch nicht klappen - wieder mit Mercedes-Motoren zu fahren?
Gerard Lopez: Ja, das ginge. Wir haben mit Mercedes noch einen Vertrag, aber das steht momentan einfach gar nicht im Raum. Es sind auch keine riesigen Dinge, die noch offen sind. Wie bereits gesagt, haben die ganz wenig mit uns zu tun. Die Entscheidung liegt in diesem Fall bei anderen. Ich denke, das wird sich jetzt ganz schnell entscheiden.