David Coulthard hat einen einfachen Plan, wie das Saisonfinale in Abu Dhabi trotz bereits entschiedener Titelkämpfe ein Krimi wird. Der ehemalige Formel-1-Pilot schlägt vor, dass Mercedes von seiner Prämisse der identischen Strategien abweicht und den Fahrern und ihren Renningenieuren freie Hand lässt. "Sie könnten den Grand Prix einfach so angehen, als würden Hamilton und Rosberg für verschiedene Teams fahren", schlug Coulthard in seiner BBC-Kolumne vor.

"Ich sehe keinen Grund, warum Mercedes - nun da sie den ersten und zweiten Platz in der Fahrermeisterschaft gesichert und als Team den Konstrukteurstitel gewonnen haben - Hamilton und Rosberg nicht frei fahren und nur dieses eine Mal als Individuen konkurrieren lassen sollten", meinte er. Mercedes würde damit seiner Ansicht nach den Unterhaltungswert des Abu Dhabi Grand Prix steigern, der ansonsten nicht allzu hoch zu werden droht.

Fahrer müssen Verantwortung übernehmen

"Die Fahrer und ihre jeweiligen Ingenieure könnten ihre Strategie selbst ausführen. Dabei gelten die normalen Regeln - sie können nicht miteinander kollidieren - aber Hamilton und Rosberg fahren ihre eigenen Rennen, ohne vom Wunsch des gesamten Teams eingeschränkt zu sein", erläuterte Coulthard.

Voraussetzung für diesen Versuch ist laut dem Schotten, dass die Fahrer für ihre Entscheidungen die Verantwortung tragen müssen. "Hamilton und Rosberg müssten akzeptieren, dass sie sich vor dem Team verantworten müssen, wenn sie es blamieren. Und sie müssten sich darauf vorbereiten, sich hinterher hinzustellen und zu sagen: 'Wir haben wegen meiner Entscheidungen verloren, ich akzeptiere das, es war eine einmalige Sache für die Fans. Das Team hätte gewonnen, wenn wir es auf ihre Weise getan hätten.'", führte Coulthard aus.

Dass das Konzept verschiedener Strategien funktionieren kann, hat Mercedes 2014 in Bahrain bewiesen. Hamilton fuhr als Führender auf einer Zwei-Stopp-Strategie, bei der er zwei Stints auf dem weicheren und den letzten auf dem härteren Reifen absolvierte. Rosberg verwendete den härteren Pneu im mittleren Stint und konnte dank der weicheren Reifen am Schluss Teamkollege Hamilton unter Druck setzen, was einen sehenswerten Zweikampf zur Folge hatte.

Keine Kritik an Mercedes-Philosophie

Coulthard will seinen Vorschlag nicht als Kritik an der Herangehensweise von Mercedes verstanden wissen. Vielmehr sprach er von 'bewundernswerter Arbeit', die Mercedes im Umgang mit Hamilton und Rosberg geleistet habe. Die Strategie sei stets so gehandhabt worden, dass es möglichst keine Reibereien im Team gab und jeder Fahrer eine möglichst große Chance hatte, zu gewinnen. "Als Team ist das exakt das Richtige - man maximiert das kollektive Ergebnis, wobei man den Fahrern erlaubt, innerhalb gewisser vom Team aufgestellter Parameter frei zu fahren", lobte er.

2014 in Bahrain fuhren die Mercedes-Piloten auf verschiedenen Strategien., Foto: Sutton
2014 in Bahrain fuhren die Mercedes-Piloten auf verschiedenen Strategien., Foto: Sutton

Coulthard erkennt jedoch auch die Kehrseite dieser Vorgehensweise an, die sich vor allem in Brasilien zeigte. Hamilton wollte eine andere Strategie, da er auf der Strecke nicht an Rosberg vorbeikam. Das Team beharrte jedoch auf der einheitlichen Drei-Stopp-Strategie. Coulthard gibt jedoch zu bedenken, dass Mercedes trotz aller Dominanz nicht riskieren kann, aufgrund eines Strategie-Fauxpas gegen Ferrari den Kürzeren zu ziehen.

Derjenige der beiden Mercedes-Piloten, der vorne liegt, bekommt bei der Strategie den Vorzug - so lautet das Prinzip. Ein Undercut des Hinterherfahrenden ist nicht erwünscht. Das über allem stehende Ziel ist der Sieg, wie Coulthard erläuterte. Wer gewinnt, ist dabei zweitrangig.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Coulthards Idee, Fairness und Political Correctness einmal über Bord zu werfen, könnte in der Tat für einen spannenden Saisonabschluss sorgen. Hamilton könnte beweisen, ob er es in puncto Strategie wirklich besser weiß. Die Fans kämen in den Genuss von Zweikämpfen auf der Strecke und eines regen Funkverkehrs, in dem es hoch hergehen könnte. Selbst wenn der Versuch in die Hose gehen sollte, gäbe es eine grandiose Geschichte zum Saisonabschluss. Schließlich müsste Maurizio Arrivabene im Falle des vierten Ferrari-Siegs in dieser Saison sein Versprechen einlösen und barfuß durch Maranello laufen. Mögen die (Strategie-)Spiele beginnen! (Annika Kläsener)