Felipe Massa ist nach dem Rennen in Brasilien disqualifiziert worden. Vor dem Start wurde am rechten Hinterreifen des Brasilianers eine Temperatur von 137 Grad festgestellt. Erlaubt sind maximal 110 Grad, womit Williams das Limit um 27 Grad überschritt. Schon während des Rennens kündigten die Rennkommissare eine genaue Untersuchung der Vorkommnisse an. Einige Stunden nach Rennende wurde die Disqualifikation schließlich bestätigt.

Wie in der Technischen Direktive TD/029-15 der FIA, die sich auf die maximale Temperatur sowie den minimal nötigen Druck der Reifen bezieht, festgehalten, wurden ausgewählte Autos nach dem Fünf-Minuten-Signal vor dem Start untersucht. "Das Team befolgte nicht die Vorgaben des Technischen und Sportlichen Reglements der FIA Formel 1, des FIA International Sporting Codes und die vorherigen Anweisungen des offiziellen Reifenlieferanten des Events", hieß es im Statement der FIA zur Disqualifikation

Massa überrascht

Durch den Ausschluss aus dem Rennen verliert der Williams-Pilot seinen achten Rang bei seinem Heim-Grand-Prix. Massa selbst zeigte sich direkt nach dem Rennen sehr überrascht, als er auf die viel zu hohe Temperatur in seinem rechten Hinterreifen angesprochen wurde. "27 Grad? Keine Ahnung, das glaube ich nicht", war der Brasilianer sichtlich verwundert. "Ich denke nicht, dass irgendetwas falsch war, ich habe zumindest nichts bemerkt. Das Team hat mich diesbezüglich auch nicht informiert."

Auch ohne die Punkte von Felipe Massa ist Williams Platz drei in der Konstrukteurs-WM nicht mehr zu nehmen, Foto: Sutton
Auch ohne die Punkte von Felipe Massa ist Williams Platz drei in der Konstrukteurs-WM nicht mehr zu nehmen, Foto: Sutton

Williams weiterhin Dritter in der Konstrukteursmeisterschaft

Ein großer Verlust ist die Disqualifikation für den Brasilianer allerdings ohnehin nicht. Während er in der Vergangenheit zwei Siege in Brasilien feierte und weitere drei Mal - inklusive 2014 - auf dem Podium stand, lief der diesjährige Grand Prix absolut nicht nach Plan. "Ich hatte das gesamte Wochenende zu kämpfen und hatte in keiner Session die nötige Pace", zeigte sich Massa enttäuscht.

Dennoch erklärte Williams nur kurze Zeit nach der Urteilsverkündung, gegen die Disqualifikation Berufung einlegen zu wollen. Der dritte Platz in der Konstrukteurs-Meisterschaft ist der Mannschaft aus Grove allerdings auch ohne Massas vier Punkte aus dem Brasilien GP nicht mehr zu nehmen. Williams liegt mit 253 Punkten vor Red Bull mit 178 Punkten. Beim Saisonfinale in Abu Dhabi gibt es maximal noch 43 Zähler für Red Bull zu holen, damit ist Williams außer Reichweite.

FIA-Messung widerspricht allen Williams-Daten

Performance-Chef Rob Smedley erklärte den Grund für die Berufung. "Für uns ist es recht entscheidend zu verstehen, woher das Problem kam. Wir haben drei unterschiedliche Temperatur-Messmethoden und keine davon ergab Ähnliches wie die FIA-Messung in der Startaufstellung", so Smedley, der beteuerte, dass alle Williams-Messungen innerhalb der von Pirelli gesetzten Limits gelegen hatten. Das alles könnte auch anhand von Daten belegt werden.

Die erste Messeinheit des Teams sitzt innerhalb der Reifendecke und gibt die Oberflächentemperatur des Reifens wieder. Sie war laut Smedley immer gemäß der FIA-Vorgaben. "Als wir sie das letzte Mal messen konnten, als das der Reifensatz ins Grid gebracht wurde, lag sie bei rund 104 Grad", erklärte der Brite. Auch die Daten des Autos - die zweite unabhängige Messeinheit - zeigte am rechten Hinterreifen von Massas Auto lediglich eine Temperatur von 105,7 Grad.

Williams würde exakt die gleichen Sensoren wie die FIA verwenden und zudem über das Wochenende immer wieder stichprobenartige Tests durchführen, um derartige Probleme zu verhindern. Hinzu kommt laut dem Williams-Performancechef, dass eine unabhängige Verknüpfung zwischen den Sensoren im Reifen und im Auto mit den FIA-Messpistolen bestünde. Diese wurde nach den Mercedes-Problemen in Monza durch Pirelli eingeführt.

Felipe Massa verliert alle Punkte und Platz acht, Foto: Sutton
Felipe Massa verliert alle Punkte und Platz acht, Foto: Sutton

Reifendruck innerhalb der Norm

Im Gegensatz zur viel zu hohen Temperatur war der Druck des rechten Hinterreifens in Ordnung. Dieser lag bei 20,6 PSI und war damit 0,1 PSI über dem Minimalwert von 20,5. Der Reifendruck wäre in Monza beinahe Lewis Hamilton zum Verhängnis geworden, der nach dem Rennen lange Zeit um seinen Sieg bangen musste. Für Smedley ein weiterer Widerspruch zur Messung der FIA, da bei 27 Grad zu hoher Reifentemperatur auch der Druck rapide angestiegen wäre. "Man spricht wahrscheinlich von zweieinhalb bis drei PSI mehr, aber die Messung des Ingenieurs in der Startaufstellung war komplett normal."

Diesen physikalischen Widerspruch und die Unterschiede der Messungen von Williams und der FIA wollten die Verantwortlichen zum Unmut von Smedley allerdings weder erklären und diskutieren. "Es gab keine Erklärung", so der Brite. "Sie schilderten uns, dass dies die Referenzmessung sei, da es sich um die FIA-Messung handeln würde - und daher zählt diese. Die anderen drei, die wir haben, sind von geringerer Bedeutung."

Kein Performance-Vorteil

Klar und deutlich unterstrich Smedley allerdings, dass durch die vermeintlich zu hohe Temperatur keine Leistungssteigerung erzielt wurde. "Beide Temperatur-Sensoren an den Reifen waren absolut identisch auf der linken und rechten Seite - und das an beiden Autos", sagte der Williams-Performancechef. "Beide waren innerhalb der vorgeschriebenen Limits von Pirelli für dieses Event. Also gab es absolut keinen Gewinn - oder Verlust - von Performance aufgrund der Temperaturen."