Die Saison 2016 bringt in Sachen Reifen vor allem eine Neuerung mit sich: Pirelli führt den neuen ultrasoften Reifen ein, der bewusst auf kurze Haltbarkeit ausgelegt ist und für mehr Spannung und Boxenstopps auf Strecken wie Monaco oder Singapur sorgen soll. Nach dem letzten Saisonrennen in Abu Dhabi findet am 1. Dezember ein zwölfstündiger Test der neuen Mischung statt. Zudem steht es den Teams ab kommender Saison frei, aus drei Mischungen, die Pirelli vorgibt, für jede Strecke selbst die beiden Reifen auszuwählen, die verwendet werden sollen.

Entwicklung geht in die falsche Richtung

Doch geht es nach Motorsportchef Paul Hembery, muss das nicht das Ende der Fahnenstange sein. Er würde seine Reifen gerne allgemein weniger haltbar konstruieren, um den Spannungseffekt zu erhöhen. "Wir würden gern eine richtige Klippe zurückbringen. Ich weiß nicht, ob wir genug Gelegenheiten bekommen, beim Test in Abu Dhabi eine Lösung zu finden, die perfekt funktioniert", so Hembery am Rande des Brasilien GP. Sein Ziel: die Entwicklung dieser Saison, in der tendenziell längere Stints gefahren wurden, umzukehren.

"Die ideale Situation wäre es, eine Klippe zurückzubekommen, um wieder zu zwei oder drei Stopps zurückzukehren, anstatt die Länge der Stints weiter voranzutreiben. Dahin ging in den letzten zwei Jahren die Tendenz", so Hembery. Ein Blick in die Statistik gibt ihm recht: Wurden 2014 in den auch 2015 bislang absolvierten Rennen 669 Boxenstopps durchgeführt, fiel die Zahl in diesem Jahr auf 577. In Bahrain beispielsweise gab es nur noch 43 Stopps statt 57. Ein Umstand, der sich laut Hembery wieder ändern muss.

Große Probleme erwartet er bei der Konstruktion nicht, die Struktur der Reifen sei kein Hindernis. "Es geht über die Mischung. Das schauen wir uns an. Nach dem Test wissen wir, ob es funktioniert", so der Brite. Dabei sollen alle vier weiteren Mischungen überarbeitet werden. Die Idee basiert nicht allein auf den Ideen des italienischen Herstellers. "Wir haben den Input bekommen, dass es wieder mehr in Richtung Rennen mit zwei oder drei Stopps gehen soll anstatt den Ein-Stopp-Rennen, die wir dieses Jahr vermehrt hatten." Durch die neuen Reifen soll es sich für die Teams nicht mehr lohnen, den Stint in die Länge zu ziehen und auf den Reifenwechsel zu verzichten.

2016 wird der neue ultrasofte Reifen eingeführt, Foto: Pirelli
2016 wird der neue ultrasofte Reifen eingeführt, Foto: Pirelli

Kritik an konservativen Reifen

Stimmen, die die konservativen Reifen kritisieren, gab es in diesem Jahr bereits häufiger. Red-Bull-Teamchef Christian Horner beklagte nach dem Kanada GP, den die meisten Fahrer mit einem Stopp absolvierten, die fehlenden Strategieoptionen. "Ein-Stopp-Rennen sind nicht gut für die Formel 1. Man braucht zwei bis drei Stopps, das ist wichtig. Leider sind die Reifen momentan zu konservativ", sagte er damals. Im vergangenen Jahr habe die Balance bei den Reifen besser gepasst. Ähnlich äußerte sich auch Kimi Räikkönen, der die Königsklasse als "langweilig" bezeichnete. "Als ich 2001 in der Formel 1 begonnen habe, waren die Rennen noch aufregend. Aber das ist lange her", sagte er im Juni.

Das Problem: 2013 gab es bereits sehr spektakuläre Reifen, doch diese waren ein Sicherheitsrisiko. In Silverstone platzten mehreren Fahrern bei voller Fahrt die Pneus. "Denkt man an Silverstone 2013 zurück, ist Pirelli zu weit gegangen, aber als Folge ihrer Reaktion haben wir nun ziemlich konservative Reifen", stellte Horner fest. Und auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff erinnerte sich zurück. "Wir wollen mehr Stopps und einen spektakulären Reifen, der schnell Grip verliert. Ja. Aber das hatten wir vor ein paar Jahren und haben es nicht gemocht", so Wolff, der darauf verweist, dass ohnehin die Sicherheit im Vordergrund stehen sollte.