Jolyon Palmer hat es geschafft. 2016 steigt der aktuelle Testfahrer des Lotus F1 Teams zum Stammpiloten beim Rennstall aus Enstone auf. Am späten Freitagnachmittag in Austin, Texas bestätigte Lotus die Verpflichtung des jungen Briten.

"Wir sind sehr glücklich, bekannt zu geben, dass das herausragende britische Rennfahrer-Talent Jolyon Palmer in der nächsten Saison ein Einsatzcockpit bei uns bekommt. Wir haben Jolyons harte Arbeit und sein Talent in dieser Saison gesehen, als er seiner Rolle als dritter Fahrer nachgegangen ist. Er ist eine sehr gute Wahl für das Team", sagt Gerard Lopez.

Gigantische Begeisterung bei Palmer

"Er verdient diese Gelegenheit. Er hat eine große Zukunft hinter dem Lenkrad vor sich, er ist intelligent und lässt sich für das Team auch gut verkaufen. Jeder in Enstone ist gespannt, was er nächstes Jahr erreichen kann", ergänzt der Teambesitzer.

"Ich bin natürlich total begeistert, dass ich nächstes Jahr Formel 1 fahre. Das Lotus F1 Team hat mit diese Saison schon eine großartige Chance gegeben und ich danke ihnen sehr für die Hilfe, meine Entwicklung auf ein Level zu bringen, mit dem ich ihr Vertrauen in mich rechtfertigen konnte", sagt Palmer.

Von seinem Glück erfahren habe er erst an diesem Wochenende so richtig. "Es war aber seit einiger Zeit schon recht klar. Seit Romain angekündigt hat, zu gehen. Ich gebe jetzt seit Monaten Vollgas und kam näher und näher dran. Und jetzt ist es dieses Wochenende endlich so gekommen", jubelt der Brite. Dass erst der Abschied Grosjean Richtung Haas ihm die Chance bei Lotus eröffnet hat, ist Palmer bewusst. Zunächst hatte er sich sogar sehr gewundert. "Ehrlich gesagt habe ich es nicht kommen sehen. Weil die Renault-Gespräche Fortschritte gemacht haben und er Franzose ist. Aber dann hat sich die Tür doch für mich geöffnet", erinnert sich der 24-Jährige.

Palmer fürchtete um seine Karriere

Wegen der noch immer unklaren Übernahme Lotus durch Renault habe er ohnehin schon gefürchtet, seine Karriere könne vorbei sein, bevor sie überhaupt begonnen hat. "Yeah, das kam mir so vor", sagt Palmer. Zumindest ein wenig. Eigentlich sei sein Eindruck ein anderer gewesen: "Seit der Sommerpause war es sehr hart für das ganze Team. Aber ich hatte immer Glaube, dass die Renault-Gespräche weitergehen."

Bis auf eine Absichtserklärung ist bis heute allerdings nichts fix. "Ich kann nicht die Gedanken der Renault-Bosse oder der Anteilseigner lesen. Aber selbst wenn es mit Renault nicht passiert, haben sie noch etwas anderes im Kopf. Ich habe Vertrauen, dass es klappen wird. Dieses Team ist viel zu gut, um nächstes Jahr nicht zu fahren."

Jolyon Palmer war nach seiner Bestätigung für 2016 ein gefragter Interviewpartner in Austin, Foto: Sutton
Jolyon Palmer war nach seiner Bestätigung für 2016 ein gefragter Interviewpartner in Austin, Foto: Sutton

Palmer top gewappnet für Job als Stammfahrer

Nun gilt es für Palmer also, den Hebel umzulegen und im Kopf von Test- auf Stammfahrer umzuschalten. Ein leichter Schritt, meint er. "Es hat sich ja lange entwickelt. Seit ich die GP2 gewonnen habe um diese Zeit vergangenes Jahr, war ich bereit Formel 1 zu fahren und habe schon Vollgas gegeben. Dann habe ich mein Jahr als Reservefahrer genossen und viel gelernt. Jetzt hoffe ich, das als Rennfahrer 2016 in die Tat umsetzen zu können. Ich fühle mich bereit. Ich bin dann vielleicht ein Rookie, aber ich habe schon ein paar Erfahrungen. Als dritter Fahrer in der Formel 1 lernst du, wie alles funktioniert. Ich kann es gar nicht abwarten, dass die nächste Saison beginnt", sagt Palmer.

Dennoch gelte es, bei den noch ausstehenden Grand-Prix-Wochenenden alles mitzunehmen "Jedes Rennen, jedes Meeting ist gut für mich, denn ich lerne die Strukturen immer besser", erklärt Palmer auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. Dem Team beweisen müsse er inzwischen allerdings nichts mehr. "Sie kennen mich und wissen, was ich im Auto kann. Es war gut, dass sie mir so viel Zeit auf der Strecke gegeben haben. Ich habe jedes Wochenende dieses Jahr für das Team gearbeitet. Deshalb bin ich zuversichtlich, das in Resultate umwandeln zu können", sagt Palmer.

2014 sicherte sich Palmer den Titel in der GP2, Foto: Sutton
2014 sicherte sich Palmer den Titel in der GP2, Foto: Sutton

Vom GP2-Ass zum F1-Fahrer

Doch bekommt der GP2-Champion von 2014 bei Lotus auch das entsprechende Auto? "Ich hoffe, dass das Auto stark sein wird und ich zeigen kann, was ich drauf habe. In der Formel 1 möchte ich ganz vorne mitkämpfen. Hoffentlich können wir nächstes Jahr direkt immer um Punkte fahren - und vielleicht mehr. Seit der Sommerpause haben wir ein paar verschiedene Dinge für nächstes Jahr ausprobiert und verändert", sagt Palmer.

Seit Januar diesen Jahres ist Palmer nun beim britischen Rennstall unter Vertrag, nachdem er 2014 auf dominante Art und Weise die GP2 Series gewonnen hatte - als erster Brite seit Lewis Hamilton 2006. Der 24-Jährige absolvierte in der laufenden Saison einen Großteil der ersten Freien Trainings, in denen er den Boliden von Grosjean übernahm. 2016 ersetzt er den in Richtung Haas abwandernden Franzosen nun komplett, wird neuer Teamkollege von Pastor Maldonado in der F1.

Dort trifft er auch auf altbekannte Konkurrenz. "Ich freue mich darauf mit all denen, gegen die ich früher schon gefahren bin, wieder Rennen zu fahren. Felipe Nasr, Marcus Ericsson, Carlos Sainz und noch ein paar andere", sagt Palmer.

Als kleiner Junge drückte Palmer Damon Hill die Daumen, Foto: Sutton
Als kleiner Junge drückte Palmer Damon Hill die Daumen, Foto: Sutton

Spätstarter

Begonnen hat die Rennfahrer-Karriere des Jolyon Palmer erst spät. "Das erste Mal, dass ich Kart gefahren bin war mit 13. Ich habe also recht spät angefangen", berichtet Palmer.

Das Interesse an der Formel 1 sei hingegen bereits sehr früh extrem ausgeprägt gewesen. "Das erste Mal habe ich daran gedacht, F1-Fahrer zu werden, als ich vielleicht so drei Jahre alt war. Dann habe ich immer die Grands Prix geguckt und gedacht 'Ich liebe die Formel 1'. Ich habe wegen Damon Hill geguckt und seiner Herangehensweise. Er war immer der Underdog. Die Favoriten waren immer Schumacher, Mika Häkkinen oder andere", erinnert er sich an seine Anfänge. "Jetzt bin ich echt glücklick, stolz, erleichtert und alles."