Red Bull läuft die Zeit davon. Noch immer hat das viermalige Weltmeister-Team keinen neuen Motorenpartner für die kommende Saison gefunden. Adrian Newey führte nun das absolute Schreckensszenario deutlich vor Augen. "Wir werden vielleicht aus der Formel 1 herausgedrängt", sagte Red Bulls Design-Genie gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. "Mercedes und Ferrari haben es aus Angst abgelehnt, uns zu beliefern."

Bei Mercedes ist der Standpunkt in der Tat eindeutig. Kundenmotoren für Red Bull wird es nicht geben. "Wir sagen seit Monaten das Gleiche. Wir beliefern Red Bull nicht", sagte Niki Lauda im Interview mit Motorsport-Magazin.com. "Was Ferrari und die anderen Hersteller tun, weiß ich nicht." Bleibt also eigentlich nur noch Ferrari. Doch noch ist unklar, ob das Team aus Maranello 2016 aktuelle Power Units nach Milton Keynes liefern würde. Toro Rosso soll mit 2015er Aggregaten liebäugeln.

Red Bull läuft die Zeit immer weiter weg, Foto: Sutton
Red Bull läuft die Zeit immer weiter weg, Foto: Sutton

Ehe mit Renault zerbrochen

Doch mit einer vermeintlich schwächeren Power Unit will sich Red Bull nicht abgeben. "Red Bull sollte sich nicht in einer Position befinden, in der sie einfach nur das Startfeld auffüllen", machte Newey im Gespräch an diesem Montag deutlich. Eine Zukunft mit Renault trotz der vergangenen Geschehnisse sah der Brite ebenfalls nicht. "Leider ist unsere Beziehung zu Renault ziemlich abgeschlossen", bestätigte Newey. "Die Ehe ist zerbrochen, also haben wir keinen Motor."

Eine offizielle Erklärung zur Trennung der beiden Parteien steht noch aus, doch das Tischtuch scheint endgültig zerschnitten. "Es ist viel Schlechtes getan worden und ich weiß nicht, wie das repariert werden könnte", sagte auch Renault-Markenbotschafter Alain Prost kürzlich. Nur Red Bulls Teamchef Christian Horner wollte die einst erfolgreiche Zusammenarbeit noch nicht als 100-prozentig beendet ansehen. In der Formel 1 sei alles möglich, meinte er am vergangenen Wochenende.

Das Horror-Szenario: Red Bull und Toro Rosso steigen aus der F1 aus, Foto: Sutton
Das Horror-Szenario: Red Bull und Toro Rosso steigen aus der F1 aus, Foto: Sutton

Newey: Die Zeit drängt

Wie auch immer es weitergeht in der schier unendlichen Motoren-Saga, die zum Ausstieg von zwei Teams aus der Formel 1 führen könnte: Die Zeit drängt enorm. Solange der Motor nicht feststeht, kann Red Bull kaum am Chassis und Komplettdesign für 2016 arbeiten.

Schon jetzt wird gemunkelt, ob das Team es überhaupt rechtzeitig zu den Testfahrten zu Beginn des kommenden Jahres schafft – vorausgesetzt, es findet sich der passende Motorenpartner. Ein gutes Stück vor Jahresende müsse laut Newey eine Lösung gefunden sein: "Weil die Lieferzeiten für das Design und den Aufbau so aussehen, dass du wissen musst, was du ins Auto reinpackst."

Red Bull im Jahr 2015: Vom Weltmeister-Team zum Pflegefall, Foto: Sutton
Red Bull im Jahr 2015: Vom Weltmeister-Team zum Pflegefall, Foto: Sutton

Newey geht auf FIA los

Gleichzeitig griff Newey die FIA an, die sich nicht energisch genug in dieser heiklen Situation einschalte. So könnten Mercedes und Ferrari das Geschehen in der Formel 1 quasi diktieren. "Damit ist der schlimmste anzunehmende Fall eingetreten", stimmte Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner zu. "Die Hersteller haben komplett das Sagen in der Formel-1 übernommen. Sie bestimmen, wer Motoren bekommt. Und wenn jemand Motoren bekommt, wie gut sie sind."

Dabei sei es laut Newey durchaus möglich, über Änderungen am Reglement die Basis für einen Wettbewerb aller Hersteller auf Augenhöhe herbeizuführen. "Die Motoren können so balanciert werden, dass es weniger Unterschiede bei der Performance gibt, als es im Moment der Fall ist", sagte Newey. "Aber die FIA lässt sich nicht darauf ein. Wir müssen wieder eine Situation herbeiführen, in der alle Teams Zugang zu Motoren auf ähnlichem Niveau haben. Wenn einer ein paar Prozent zurückliegt, ist das in Ordnung. Wenn er aber 10 Prozent dahinter ist, ist die Lücke zu groß."

Die Zukunft von Red Bull bleibt völlig ungewiss, Foto: Sutton
Die Zukunft von Red Bull bleibt völlig ungewiss, Foto: Sutton

Schaden für die Formel 1

Hinter den Kulissen setzte sich Ecclestone - der sein Produkt gefährdet sieht - für Red Bull ein. Zwar könne er die Haltung von Mercedes und Red Bull nachvollziehen, doch zu einem Ausstieg der Red Bull-Teams düfe es nicht kommen. Ecclestone wird weitervermitteln, um das Worst-Case-Szenario zu vermeiden.

"Das darf nicht passieren", sagte Lauda mit Blick auf ein mögliches Aus des Rennstalls. "Red Bull soll bleiben, denn sie sind Teil des Sports und ihr Ausstieg wäre ein Schaden für die Formel 1. Wir können da aber weder mitreden, noch nachhelfen."