Starke Vorstellung von Mercedes in Japan. Wenngleich kaum von den TV-Kameras eingefangen, feierten die Silberpfeile nach der Schmach im Stadtstaat Singapur in Suzuka ein beeindruckendes Comeback. Mercedes zeigte sich in überragender, konkurrenzloser Verfassung. Doch schon beim nun bevorstehenden Grand Prix in Russland könnte das Ruder wieder in die andere Richtung schlagen. Dafür, dass die Verfolger zumindest deutlich näher an den Silberpfeilen dran sein sollten, spricht jedenfalls so manches, wie der Teamcheck von Motorsport-Magazin.com zeigt.

Mercedes

Nico Rosbergs dramatischer Sochi-Verbremser 2014 ist noch in guter Erinnerung, Foto: Sutton
Nico Rosbergs dramatischer Sochi-Verbremser 2014 ist noch in guter Erinnerung, Foto: Sutton

Wiederholt sich die Geschichte? Mercedes kann wie 2014 den Konstrukteursweltmeistertitel auf russischem Boden fixieren. Holen die Silberpfeile in Sochi mindestens drei Punkte mehr als Ferrari, ist das Team erneut Weltmeister. Was zunächst nach einer der leichteren Aufgaben klingen mag - besonders nachdem Mercedes bereits im Vorjahr einen Doppelsieg bei der Russland-Premiere verbuchte -, könnte sich jedoch als ungeahnt schwierig erweisen.

So bringt Pirelli eine Kategorie weichere Reifen als 2014 und damit dieselben Mischungen (Soft, Supersoft) wie in Singapur. Noch dazu fehlt mit den ultraschnellen Kurven - wie zuletzt in Suzuka - in Russland das Steckenpferd der Silberpfeile. Das vor allem rechtwinklige Kurvenlayout erinnert mehr an Singapur, könnte der Konkurrenz also ebenfalls in die Karten spielen. Demgegenüber kommen die zwei langen Geraden klar der Mercedes-Power entgegen. Dennoch: Technikchef Paddy Lowe warnt bereits vor den unzähligen Unsicherheitsfaktoren:

Ferrari

Ferrari dürfte sich vor dem Russland GP eigentlich die Hände reiben. Dieselben Reifenmischungen wie in Singapur, dem Ort des großen Triumphs über Mercedes und noch dazu ein, zumindest in Teilen der Strecke, ähnliches Layout sollten der Scuderia in die Karten spielen. Außerdem ist der Asphalt von ähnlicher Struktur wie jener im Stadtstaat, in diesem Jahr allerdings nicht mehr jungfräulich wie der Russland-Premiere 2014. Deshalb und wegen der gegenüber dem Vorjahr weicheren Reifen, soll der Verschleiß 2015 deutlich größer sein und Ein-Stopp-Strategien schwieriger werden. Ein möglicher Vorteil für die roten Reifenflüsterer. Doch die stapeln tief:

Williams

Williams präsentierte sich bereits im Vorjahr stark, Foto: Sutton
Williams präsentierte sich bereits im Vorjahr stark, Foto: Sutton

Williams darf sich in Russland wieder mehr ausrechnen als zuletzt in Japan. Unverhältnismäßig viele schnelle Kurven gibt es in Sochi nicht mehr, dafür zwei sehr lange Geraden. Das kommt dem Charakter des FW37 extrem entgegen - genau wie schon sein Vorgänger bewiesen hat. So warf Valtteri Bottas 2014 nur wegen eines Fehlers im letzten Sektor die Pole knapp weg, hält allerdings den Rundenrekord im Sochi Autodrom. Mit Williams ist im Kampf um das Podium also zu rechnen.

Red Bull

Heimrennen in Russland für Daniil Kvyat, Foto: Sutton
Heimrennen in Russland für Daniil Kvyat, Foto: Sutton

Red Bull hängt in Russland zwischen den Stühlen. Auf der einen Seite scheinen wie bei Ferrari viele Vorzeichen für eine Wiederholung des Singapur-Szenarios zu sprechen - auch Red Bull war beim Nachtrennen stärker als Mercedes. Anderseits haben die Bullen beim Heimrennen von Daniil Kvyat in Sochi gleich zwei große Probleme: Anders als Ferrari wird Red Bull auf der langen Start-Ziel- sowie der Gegengeraden unwahrscheinlich viel Zeit verlieren. Wohl zu viel, um einen möglichen, hauchdünnen Vorteil in den unzähligen, mittelschnellen und langsamen Kurven zu kompensieren. Ein Podium dürfte also nur schwer machbar sein, da neben Ferrari und Mercedes auch Williams stark auftrumpfen sollte.

Force India

Punkte sind für Force India in Russland wieder absolut drin, Foto: Sutton
Punkte sind für Force India in Russland wieder absolut drin, Foto: Sutton

Beim britisch-indischen Rennstall könnte in Sochi wieder einiges gehen. Schon in Japan zeigte Force India eine starke Pace, Nico Hülkenberg gelang eine glänzende Aufholjagd. Von außerhalb der Top-10 ging es vor bis auf Rang sechs. Nicht erst seitdem hat die B-Version des VJM08 längst bewiesen, dass sie einen eklatanter Fortschritt gegenüber ihrem Vorgänger darstellt. Dank der Mercedes-Power im Heck können sich Hülkenberg und Sergio Perez noch dazu einem Trumpfass auf den beiden langen Geraden des Sochi Autodroms sicher sein.

Lotus

Lotus befindet sich sportlich im Aufwind und kann in Sochi erneut eine Rolle spielen, Foto: Sutton
Lotus befindet sich sportlich im Aufwind und kann in Sochi erneut eine Rolle spielen, Foto: Sutton

Lotus überraschte in Suzuka mit einer guten Punkteausbeute für beide Piloten viele. Allerdings wurden Pastor Maldonado und Romain Grojean dabei auch von einem Wochenende voller Pleiten, Pech und Pannen bei Red Bull begünstigt, die ansonsten klar vor Lotus positioniert gewesen wären. Wegen des Power-Vorteils sollte Lotus in Sochi allerdings wieder von vornherein näher an Red Bull dran sein. Punkte zu holen, wird dennoch schwer, da mit Force India und Williams zwei weitere Konkurrenten vor den schwarzen Boliden liegen sollten.

Toro Rosso

Toro Rosso wird mit den langen Geraden in Sochi zu kämpfen haben, Foto: Sutton
Toro Rosso wird mit den langen Geraden in Sochi zu kämpfen haben, Foto: Sutton

Für Toro Rosso gilt, was für Red Bull gilt: Zwei lange Geraden sowie starke Konkurrenz im Mittelfeld machen dem Team in Sochi das Leben schwer. Stiche gegen die Mercedes-befeuerten Williams, Forcia India und Lotus zu setzen, wird hart. Wenn sich Carlos Sainz und Max Verstappen mit erneut beherzten Überholmanövern jedoch voll rein hängen, sollten mit etwas Glück jedoch zumindest ein, zwei Punkte nicht ausgeschlossen sein.

Sauber

Sauber hofft, dass in Russland endlich der Knoten platzt, Foto: Sutton
Sauber hofft, dass in Russland endlich der Knoten platzt, Foto: Sutton

Sauber kann in Sochi nur hoffen, dass der Vorteil des Ferrari-Motors auf den langen Geraden genügt, um die Probleme des Chassis zu kaschieren. Das neue in Singapur eingeführte Paket hat sich immerhin auch in Japan nicht als gigantischer Schritt nach vorne erwiesen, ist ohnehin mehr eine Basis für das 2015er Auto. Dass Marcus Ericsson oder Felipe Nasr jedoch wie so oft ein Pünktchen abstauben, ist dem Schweizer Rennstall allerdings zuzutrauen. Gut sind die Aussichten aber nicht.

McLaren

Wenig Optimismus für Russland herrscht bei McLaren, Foto: Sutton
Wenig Optimismus für Russland herrscht bei McLaren, Foto: Sutton

Wesentlich schlechter stehen die Chancen erneut für McLaren. Nachdem das Team nicht einmal in langsamen Singapur und beim Heimrennen in Suzuka zu punkten vermochte, sind die Möglichkeiten in Russland von vornherein noch limitierter. Die beiden langen Geraden werden die Power Unit von Honda erneut maßlos überfordern und Jenson Button sowie Fernando Alonso einen unaufholbaren Rückstand einbringen. Punkte sind damit nur beim einem Ausfallfestival möglich.

Manor Marussia

Manor von Vorfreude auf Mercedes-Power beflügelt?, Foto: Sutton
Manor von Vorfreude auf Mercedes-Power beflügelt?, Foto: Sutton

Als einziges Team noch hinter McLaren wird auch in Russland erneut Manor Marussia liegen. Das übliche teaminterne Duell steht also im Fokus. Diesmal muss sich Will Stevens allerdings wieder mit Roberto Merhi herumschlagen. Weil die GP2 ebenfalls in Sochi gastiert, geht Alexander Rossi seinen dortigen Verpflichtungen nach.