Ein verrücktes Wochenende in Singapur liegt hinter der Formel 1. Plötzlich fährt Mercedes klar hinterher, Ferrari und Red Bull duellieren sich um die Vorherrschaft an der Spitze. Noch dazu sorgt mal wieder ein Flitzer auf der Strecke für Aufregung. Nur eine Woche später reist die Formel 1 back-to-back nach Japan. Was uns dort erwartet? Sicherlich keine 1:1-Wiederholung der außergewöhnlichen Szenen in Singapur. Motorsport-Magazin.com checkt die Aussichten der zehn Teams im Schnellüberblick.

Mercedes fand sich in Singapur plötzlich weiter hinten als gewohnt, Foto: Sutton
Mercedes fand sich in Singapur plötzlich weiter hinten als gewohnt, Foto: Sutton

Mercedes

Nach dem Debakel von Singapur ist in Japan mit den Silberpfeilen wieder voll zu rechnen. Mercedes wird in Suzuka wieder zur Normalform finden, Singapur war ein einmaliger Ausrutscher. Daran zweifelt kaum jemand. Immerhin verliert man nicht in ein paar Wochen fast zwei Sekunden gegen die Konkurrenz. Noch dazu liegen gerade die vielen schnellen Kurven dem W06-Hybrid perfekt. Des Sieges sicher sein darf sich Mercedes in Japan allerdings nicht. Ferrari wittert Morgenluft und auch Red Bull will noch einmal vorne mitmischen, bevor es wieder auf Strecken geht, dem dem RBR11 weit weniger liegen. Die Silberpfeile brauchen also eine Perfekt-Leistung wollen sie nach zwei Rennen Pause mal wieder einen Doppelsieg einfahren.

Ferrari

Nach den Ferrari-Festspielen in Singapur muss es in Japan nicht viel schlechter laufen. Zwar ist mit einem Comeback der Silberpfeile zu rechnen, doch sollte Ferrari mit ein bisschen Glück durchaus in der Lage sein, vorne mitzukämpfen. Dafür sprechen mehrere Faktoren. Die Erfolgswelle aus Singapur sorgt für einen Schub Extra-Motivationen, Sebastian Vettel stand in den vergangenen sechs Rennen in Suzuka immer auf dem Podium - viermal davon gleich ganz oben -, und Kimi Räikönnen punkte bis auf im verfluchten vergangenen Jahr immer in Japan. 2005 brillierte der Finne zudem mit einem Überholspektakel - Sieg vom 16. Startplatz.

Nach einem soliden Singapur-Wochenende soll es bei Williams in Japan wieder besser laufen, Foto: Sutton
Nach einem soliden Singapur-Wochenende soll es bei Williams in Japan wieder besser laufen, Foto: Sutton

Williams

Platz fünf für Valtteri Bottas in Singapur lässt sich durchaus als kleiner Überraschungserfolg werten. Immerhin passen derart winkelige Kurse so gar nicht zum Williams FW37. Das war schon beim Vorjahreswagen so - genauso beim diesjährigen Boliden in Monaco. Allerdings schied Felipe Massa in Singapur aus, sodass Williams nur halbzufrieden nach Japan reist. Dort gelang im Vorjahr ebenfalls keine Gala. Der kurvenreiche Suzuka Circuit schmeckt dem FW37 weniger gut. Williams droht in Japan also ein weiteres Rennen als vierte Kraft hinter Mercedes, Ferrari und Red Bull. Noch dazu ist die Konkurrenz von Force India und Toro Rosso stark einzuschätzen. Das Wort Schadensbegrenzung nimmt zwar niemand in den Mund, doch wird genau das das Ziel sein, bevor es wieder auf Vollgas-Kurse geht, die dem Williams besser liegen.

Red Bull stürmte in Singapur zurück in die Weltspitze - auch in Japan?, Foto: Sutton
Red Bull stürmte in Singapur zurück in die Weltspitze - auch in Japan?, Foto: Sutton

Red Bull

Nachdem Red Bull in Singapur bereits als zweite Kraft hinter Ferrari glänzte, erwartet das Team in Suzuka gleich das nächste viel versprechende Wochenende. Zwar kommt es in Japan wieder deutlich mehr auf Motorleistung an als noch im Stadtstaat, doch zählt aerodynamische Effizienz wegen der vielen schnellen Kurven auch in Suzuka. Red Bull kann also noch einmal ordentlich Punkte mitnehmen bevor wieder Strecken mit extrem langen Geraden anstehen. Dass Daniel Ricciardo und Daniil Kvyat jedoch erneut mit Ferrari um die Mitte des Podiums kämpfen werden, scheint nur schwer vorstellbar. Immerhin sollte Mercedes in Japan wieder zurück zur Normalform finden. Ein dritter Platz könnte allerdings mit einem perfekten Wochenende drin sein.

Wilder Ritt - die Kollision mit Massa hat für Hülkenberg noch in Japan Folgen, Foto: Sutton
Wilder Ritt - die Kollision mit Massa hat für Hülkenberg noch in Japan Folgen, Foto: Sutton

Force India

Ein guter siebter Platz für Sergio Perez und ein bitteres Aus samt Strafe für Nico Hülkenberg als Hypothek für Japan. Soweit der Singapur-Sonntag von Force India im Schnelldurchlauf. Gerade Letzterer wird es in Suzuka schwer haben - drei Plätze Strafe im Grid schmerzen immer. Dennoch ist selbst damit ein gutes Resultat nicht ausgeschlossen: Die B-Version des VJM08 funktioniert bisher überall gut, noch dazu sollte der Suzuka Circuit dem Auto wieder etwas besser liegen als der Marina Bay Circuit. Vielleicht kann sich Force India somit gar um Stellung als vierte Kraft - Mercedes, Ferrari, Red Bull sind klar stärker - mit Williams duellieren. Doch Vorsicht vor Toro Rosso: Die beiden Youngster hatten in Singapur massive Probleme - dennoch hielt Perez sie nur mit Müh' und Not hinter sich.

Nach dem dritten Platz in Spa ging es für Lotus rapide abwärts, Foto: Sutton
Nach dem dritten Platz in Spa ging es für Lotus rapide abwärts, Foto: Sutton

Lotus

Zwei Nullnummern in Folge musste Lotus zuletzt in Monza und Singapur verkraften. Dass es in Japan wieder besser laufen könnte? Unwahrscheinlich. Das Team befindet sich klar im Abwärtssog. Die finanziellen Probleme liegen wie ein Schatten auf den schwarzen Autos und verhindern große Sprünge in puncto Upgrades während die Konkurrenz Teil für Teil nachlegt. Klar, mit ein wenig Glück sind ein oder zwei Punkte möglich. Doch die reine Performance macht wenig Hoffnung auf Chancen gegen Williams, Force India und allmählich auch Toro Rosso.

Toro Rosso will Lotus in der Teamwertung attackieren, Foto: Sutton
Toro Rosso will Lotus in der Teamwertung attackieren, Foto: Sutton

Toro Rosso

Toro Rosso lauert. Dank eines starken Punkte-Ergebnisses in Singapur trotz grober Probleme im Rennen darf sich das Team aus Faenza allmählich Hoffnungen auf Rang sechs in der Konstrukteurs-WM machen. Lotus liegt nur noch neun Punkte vor dem Youngster-Team. Sauber dagegen haben Max Verstappen und Carlos Sainz bereits um 15 Punkte distanziert. In Suzuka könnten weitere Zähler herausspringen. Vor allem die Esses in Sektor eins dürften den Jungbullen entgegenkommen. Die Performance sollte damit auf jeden Fall reichen, um in Japan mindestens auf Augenhöhe mit Sauber und Lotus - vielleicht auch Force India - um Punkte zu kämpfen.

Der rundum erneuerte Sauber C34-Ferrari glänzte in Singapur noch nicht, Foto: Sutton
Der rundum erneuerte Sauber C34-Ferrari glänzte in Singapur noch nicht, Foto: Sutton

Sauber

Für Sauber geht es in Japan vor allem darum, den Fortschritt der neuesten Ausbaustufe des C34 nachzuweisen. Während das groß angekündigte Aerodynamik-Update auf dem engen Straßenkurs von Singapur weitgehend verpuffte - Felipe Nasr punktete nur dank zahlreicher Ausfälle der Konkurrenz - muss es auf einer völlig "normalen" Rennstrecke wie der von Suzuka nun absolut funktionieren. Das ist gleich aus zweierlei Gründen wichtig. Einerseits, um für dieses Jahr endlich wieder fettere WM-Punkte mitzunehmen. Andererseits, um die Weichen für 2016 zu stellen - immerhin soll das Update-Paket ein Fingerzeiger für die nächste Saisons ein, sagte Teamchefin Monisha Kaltenborn in Singapur. Realistisch gesehen wird sich Sauber allerdings auch in Japan schwer tun. Force India und Toro Rosso sind doch sehr starke Konkurrenzen, immerhin Lotus scheint zurückzufallen.

Nach dem Doppelausfall in Singapur kann es beim Heimspiel für Honda nur besser werden. Sollte man meinen ..., Foto: Sutton
Nach dem Doppelausfall in Singapur kann es beim Heimspiel für Honda nur besser werden. Sollte man meinen ..., Foto: Sutton

McLaren

Das erste Heimrennen für Honda! Doch eine weitere Blamage vor dem Heimpublikum in Japan scheint garantiert. Selbst in Singapur reichte es für McLaren nicht zu Punkten - dabei hatte man sich dank Gerade-Armut genau die ausgerechnet. Gut - nun sind die beiden Boliden ausgefallen. Doch macht es das erstens nur schlimmer und zweitens hätte die Leistung bei mehr Standfestigkeit ebenfalls kaum für Punkte gereicht - allenfalls Alonso hätte es dank der zahlreichen Ausfälle gegebenenfalls zu einem mickrigen Punkt geschafft. In Suzuka wird es nicht besser werden, belastet die Strecke den Motor doch deutlich mehr. Gerade auf die Energierückgewinnung kommt es dort an - genau das funktioniert bei Honda nicht. Bester Zeitpunkt also für einen Rücktritt. Jedenfalls soll Jenson Button den eigenen in Japan verkünden wollen.

2014 verunglückte Jules Bianchi in Japan schwer, Foto: Sutton
2014 verunglückte Jules Bianchi in Japan schwer, Foto: Sutton

Manor Marussia

Manor wird den Japan GP 2015 vor allem in der Vergangenheit leben. Immerhin war Suzuka der Ort, an dem Marussia-Pilot Jules Bianchi vor Jahresfrist so tragisch verunglückte und Monate später an den Folgen verstarb. Entsprechende Erinnerungsaktionen werden uns also insbesondere bei seinem ehemaligen Team erwarten. Rein sportlich zählt wie immer nur das teaminterne Duell. Diesmal gilt es für Will Stevens die Verhältnisse wieder zurecht zu rücken. Zweimal in Serie will sich der Brite von Singapur-Debütant Alexander Rossi sicherlich nicht putzen lassen.