Die Sonne senkt sich weit entfernt hinter der weiten Wüstenfläche gen Horizont und das Tageslicht erlischt. Auch im fernen Mittleren Osten heißt es für uns also wieder zu analysieren, zu recherchieren und zu schreiben, wenn es Nacht wird in Bahrain...

S wie Startaufstellung

Die wichtigste Frage lautet dabei auch heute wieder: Wer holt die Pole?

Ein genaues Studium der Rundenzeiten des heutigen ersten Qualifyings bringt uns hierbei zu der Erkenntnis, dass Renault und Fernando Alonso erneut die Top-Favoriten auf den Startplatz an der arabischen Sonne sowie den dritten Rennsieg in Serie sind.

Aber Toyota hat die erste Pole der Teamgeschichte noch nicht abgeschrieben, weshalb der Super-Qualifyier Jarno Trulli natürlich auch mit 0,145 Sekunden Rückstand noch an seine kleine Chance glaubt. Für Michael Schumacher scheint eine Pole aufgrund seiner 0,389 Sekunden Rückstand auf Alonso hingegen kaum mehr möglich. Jedenfalls so lange sich Trulli und Alonso keine Fehler erlauben. Aber auch ein dritter Startplatz wäre für den krisengeschüttelten Champion hervorragend.

Und auch dahinter geht es heiß her: Die Top-12 liegen alle innerhalb von nur 1,1 Sekunden, was morgen im zweiten Teil des Additions-Qualifyings jede Menge Spannung und Positionsverschiebungen verspricht.

S wie Setup

Danach geht es wie immer ohne viel Zeit für einen Pausentee direkt in das dritte Saisonrennen. In punkto Bremsenverschleiß liegt der Bahrain International Circuit gemeinsam mit Montreal an der Spitze, da die Piloten gleich in drei Streckenabschnitten aus mehr als 320 km/h bis in den ersten oder zweiten Gang herunterbremsen müssen.

"Dabei verhindert die geschwungene Streckenführung zwischen Kurve 4 und 13, dass die Bremsen vollständig abkühlen können", berichtet Renault-Ingenieur Rod Nelson. "Das kann zur Oxidation der Scheiben und dadurch zu erhöhtem Verschleiß führen. Wir fahren in Bahrain deshalb mit der größtmöglichen Bremsenkühlung. Während des Rennens müssen die Fahrer zudem unter Umständen die Bremsverteilung verändern, um den Verschleiß unter Kontrolle zu halten."

Während die Bremsen bei Renault und allen anderen Teams also ein großes und wichtiges Thema sind, stehen die Reifen einmal nicht ganz oben in der Schlüsselfaktorenliste. "Nicht zuletzt durch die fehlenden Hochgeschwindigkeitskurven werden die Pneus nicht allzu sehr beansprucht", begründet Nelson. "Allerdings kommt den Hinterreifen eine besondere Bedeutung zu, die durch die zahllosen Beschleunigungsmanöver aus langsamen Kurven heraus sehr gefordert werden."

Im Hinblick auf das Setup verlangt der BIC hingegen ein "stabiles Bremsverhalten", was vor allem ein "Blockieren der Hinterräder beim Anbremsen der langsamen Kurven verhindern" soll. "Zudem müssen wir dafür sorgen, dass der Wagen am Ausgang der langsamen Kurven ein neutrales Fahrverhalten an den Tag legt. Wir wollen Übersteuern verhindern, denn das kostet Zeit und strapaziert die Hinterreifen. Schließlich müssen wir den optimalen Kompromiss zwischen Stabilität in den schnelleren Kurven 5, 6 und 7 und einer weichen Abstimmung und damit ausreichend Grip für die langsamen Biegungen finden."

"Wir erreichen dies mit Gummipuffern in der Aufhängung, die das Auto bei schnellen Kurvenfahrten unterstützen, wenn sie durch die hohen Abtriebswerte zusammengedrückt werden. In den langsamen Sektionen hingegen sorgen sie im normalen Zustand für eine weiche Federung und optimieren das Grip-Niveau."

Auf dem Motorensektor stellt der Große Preis von Bahrain ebenfalls eine "ernsthafte Herausforderung" an die V10-Aggregate dar. "Die Triebwerke laufen während 62 Prozent einer Runde unter Vollast", enthüllt Rémi Taffin, seines Zeichens Motoreningenieur von Fernando Alonso. "Dieser Wert zählt zu den fünf höchsten der gesamten Saison und bedeutet eine große Belastung für die bewegten Teile des Zehnzylinders. Zudem arbeitet der Motor auf den beiden langen Geraden in sehr hohen Drehzahlbereichen, die die Komponenten ebenfalls stark beanspruchen."

S wie Sand

Neben der Bremsenabnutzung zählen aber auch einige äußere Einflüsse zu den wichtigen Schlüsselfaktoren in Bahrain. So zum Beispiel der heftige und vor allem wechselhafte Wind, den heute einige Fahrer im freien Training und 1. Qualifying beanstandeten.

Noch gefährlicher wird der Wind in Kombination mit dem Sand, welchen er über die breite Strecke weht. Denn obwohl diese aufgrund ihrer Breite und ihrer Charakteristik eigentlich viele Überholmanöver zulassen sollte, ist die Bahn abseits der Ideallinie extrem staubig.

"Die Strecke in Bahrain verfügt über ein geringes Grip-Niveau", stimmt Rod Nelson zu. "Dies liegt daran, dass der Kurs nicht allzu oft genutzt wird und dass ständig Sand über die Anlage weht. Die Fahrer versuchen zu jedem Zeitpunkt auf der Ideallinie zu bleiben, um die Reifen sauber zu halten." Also keine guten Voraussetzungen für Überholmanöver. "Du brauchst einige Runden, um Sand von der Lauffläche zu bekommen", nennt Nelson noch einen Grund nicht von der Linie abzuweichen.

Doch die Sandkörner können noch aus einem anderen Grund zum Problem werden. "Wenn ein Fahrer im Verkehr feststeckt, wird das Auto durch die von den Vorausfahrenden aufgewirbelten Körner förmlich sandgestrahlt", zieht Rod einen Vergleich zur Regengischt. "Dadurch kann zum Beispiel der Frontflügel beschädigt werden, wodurch sich die Aerodynamik verschlechtert."

Während die große Hitze, welche heute mehrere Fahrer - selbst nach dem Erlebnis von Sepang - beklagten, für die Motoren kein Problem darstellt, ist der Sand für die Triebwerke durchaus gefährlich. "Die größte und für Bahrain so typische Gefahr für den Motor stellt das Ansaugen von Sand dar", erklärt Taffin "Schon geringste Mengen von Sand an den Kolben, den Kolbenringen oder den Ventilen wäre katastrophal."

Aus diesem Grund setzen alle Teams auf dichte Luftfilter, welche zwar ein bisschen Leistung kosten, die V10-Herzen aber vor den hinterhältigen Sandkörnern schützen. "Umso mehr, da der Motor auch in Imola eingesetzt wird – ohnehin ein sehr anspruchsvoller Kurs." Nick Heidfelds Motor erlebt hingegen schon sein zweites Rennen - und zwar das zweite Hitzerennen in Folge!

S wie Strategie

Im vergangenen Jahr legte Sieger Michael Schumacher, dem Multistopprenntrend folgend, drei Boxenhalte in den Runden 9, 24 und 41 ein. Aufgrund der neuen Reifenregeln, dürften die Teams in diesem Jahr den Trend umkehren und zu einer Zweistoppstrategie zurückkehren. Manch einer könnte sogar versuchen mit nur einem Boxenstopp durchzufahren.

S wie Schüsselstellen

Der Tilke-Maxime folgend auf eine lange Gerade eine langsame Kurve oder Haarnadel folgen zu lassen, bietet der BIC einige gute Überholstellen. Allerdings kann das bereits beschriebene Grip-Problem schnell einen Strich durch diese Rechnung machen.

Andererseits bietet der Kurs laut Marc Surer "einige eklige Kurven", welche wie Kurve 10 zu einigen Ausrutschern und somit Positionswechseln führen könnten. Am Ende der 1.090 Meter langen Zielgeraden bietet sich ebenfalls eine gute Ausbremschance.

S wie Spannung

Obwohl Michael Schumacher und Rubens Barrichello im Vorjahr in einer eigenen Welt vor dem Rest des Feldes herfuhren, stellte der Bahrain GP 2004 eines der spannendsten Rennen der vergangenen Saison dar.

Entsprechend dürfen wir auch in diesem Jahr einen packenden Grand Prix erwarten, welcher durch die veränderten Kräfteverhältnisse und das eng zusammengerückte Feld noch mehr an Dynamik und Action gewinnen sollte.