"Dieses Mal ist das Glas halbvoll", sagt Maurizio Arrivabene am späten Nachmittag des Rennsonntags in Monza. Gerade hatten seine Piloten Sebastian Vettel (Platz zwei) und Kimi Räikkönen (Platz fünf nach grandioser Aufholjagd) ein grundsolides Ergebnis beim Heimrennen für Ferrari eingefahren. Einzig ein verpatzter Start des Finnen verhinderte eine Bestätigung des bärenstarken Qualifying-Resultats mit den Plätzen zwei und drei knapp.

Allerdings: Konträr zu den meisten bisherigen Rennwochenenden der Formel-1-Saison 2015, zeigte Ferrari beim Großen Preis von Italien diesmal am Sonntag eine schlechtere Leistung gegenüber der Samstags-Performance. Kamen Vettel und Räikkönen in der Qualifikation zum Heim-Grand-Prix noch bis auf drei Zehntel an Lewis Hamilton heran, fehlten Vettel im Rennen satte 25 Sekunden auf den siegreichen Mercedes-Fahrer.

Maurizio Arrivabene ist zufrieden - mit Fahrern wie Auto, Foto: Sutton
Maurizio Arrivabene ist zufrieden - mit Fahrern wie Auto, Foto: Sutton

Power Units: Ferrari bleiben vier Joker, Mercedes keine

Die Qualifying-Pace bei Ferrari besser als die Renn-Pace? Warum das? Dank einer mit drei Token verbesserten Power Unit. Damit gelang es auch Ferrari in Monza, den Motor im Qualifying endlich so richtig aufzudrehen, um ein besseres Resultat herauszuholen. Entsprechend zufrieden zeigte sich Arrivabene mit dem Upgrade - auch wenn es im Rennen nicht genug war, um Mercedes zu fordern. Hintergrund: Während die Silberpfeile in Monza mit sieben gezogenen Token ihr Kontingent für dieses Jahr nun bereits voll ausgeschöpft haben, bleiben Ferrari für das letzte Saisondrittel noch vier Joker.

"Ich habe immer gesagt, dass die Strategie bei der Entwicklung unseres Autos in puncto Motor und Token stufenweise verläuft. Wir haben hier ein paar Token eingesetzt und sind jetzt zufrieden mit der Performance des Motors. Wir müssen aber auch an der Zuverlässigkeit arbeiten - ab jetzt bis zum Saisonende. Deshalb müssen wir jetzt taktisch überlegen, was wir mit dem Rest unserer Token anfangen. Wir sind immer noch dabei, dieses Auto weiterzuentwicklen - wir geben nicht auf. Und Auto heißt dabei nicht Motor - ich meine das ganze Auto", kündigt Arrivabene voller Selbstvertrauen weitere Großtaten an.

Hersteller Benutzte Tokens Übrige Tokens
Ferrari28 4
Honda5 4
Mercedes32 0
Renault20 12

Räikkönens Aufholjagd: Niemand widersteht Ferrari

Noch dazu war die Leistung im Rennen besser als es auf den ersten Blick scheinen mag. So pflügte Räikkönen - nachdem er am Start von P2 auf P20 durchgereicht worden war - in nur wenigen Runden zurück bis auf Rang neun. Bis auf die Mercedes gab es in Monza keinen Boliden, der dem Ferrari auch nur ansatzweise widerstehen konnte. "Wenn man sich anschaut, wo er dann eigentlich losgefahren ist, hat er ein fantastisches Rennen gefahren. Er hat während des Rennens viele, viele Autos überholt, großartig überholt. Das muss man so sagen. Wir waren zufrieden", lobt Arrivabene.

"Natürlich wäre es die ideale Situation gewesen, wenn er als Erster in die erste Kurve gefahren wäre oder wenigstens als Zweiter oder Dritter. Aber unser anderer Fahrer ist ja noch fantastischer Zweiter geworden - das war heute also okay für die Konstrukteursweltmeisterschaft. Ein unglaubliches Ergebnis für uns", sagt Arrivabene.

Ferrari wusste nichts von der drohenden Strafe gegen Mercedes, Foto: Sutton
Ferrari wusste nichts von der drohenden Strafe gegen Mercedes, Foto: Sutton

Arrivabene: Reifendruck-Vorgaben dürfen kein Problem sein

Ob es ohne die neuen Vorgaben für Reifendruck und Sturz noch besser hätte laufen können bei Ferrari? Eine Frage, die sich für Arrivabene gar nicht stellt. "Ich mag das Wort "Kompromiss" nicht - wir folgen den Regeln, Punkt. Wir folgen den Regeln und haben uns an die Vorgaben, die wir bekommen haben, gehalten. Nach Belgien muss ich sagen, dass Pirelli hier bewiesen hat, dass sie sehr gute Reifen auch für eine anspruchsvolle Strecke wie Monza fertigen können", sagt Arrivabene.

Umso klarer fällt die Antwort des Teamchefs auf eine andere Frage aus, die auf DAS Thema des Rennens, zielt: die "Reifendruck-Causa" um Mercedes. Warum wies die Scuderia Vettel nicht an, ebenfalls zu pushen, um Hamilton keinen Vorsprung herausfahren zu lassen? Wäre die Untersuchung der Rennleitung in einer Zeitstrafe gegen Mercedes resultiert, hätte Ferrari auf diese Weise immerhin möglicherweise den Sieg abstauben können. Arrivabene: "Wir waren nicht informiert, ich habe das erst von den Medien erfahren. Ich erzähle da keinen Bullshit. Erst James Allison hat mir dann bestätigt, dass sie (Mercedes) untersucht werden. Deshalb haben wir unseren Fahrern nicht gesagt, dass sie pushen müssen."