Tatsächlich schien Pastor Maldonado anno 2015 lange Zeit weniger Unfälle zu bauen - er war in den ersten Rennen sogar eher Opfer als Täter. Doch beim Großen Preis von Ungarn fiel er in alte Muster zurück: Drei Strafen in einem Rennen riefen sofort alle Kritiker wieder auf den Plan. Der Venezolaner will das nun nicht mehr auf sich sitzen lassen und rechnet mit den Medien ab. Sie hätten mit der Negativ-Berichterstattung ein Image erzeugt, durch das er ständig als Fahrer unterschätzt werde. So werde bei ihm jeder Zwischenfall breitgetreten, während andere Fahrer ohne Konsequenzen davon kämen.

Seines Erachtens haben die Journalisten Schuld an dem zweifelhaften Ruf, der ihm sogar eine eigene Fan-Homepage eingebracht hat, die stets prüft, ob Maldonado heute verunfallt sei: "In der Formel 1 ist es heutzutage nicht einfach, Nachrichten zu finden", sagte der 30-Jährige gegenüber Globo. "Im Prinzip gewinnt immer derselbe Fahrer, derselbe Fahrer kommt auf den zweiten Platz und ebenso auf den Dritten. Es ist nicht wie noch vor 10-15 Jahren, als es Kämpfe und immer etwas zu schreiben gab."

Ungerechte Behandlung durch Medien

Maldonado fühlt sich von den Medien gemobbt. "Ja, ich war in einige Vorfälle verwickelt. Aber man stelle sich einmal vor, ich wäre beispielsweise in Österreich an Stelle Fernandos gewesen." Auf dem Red Bull Ring hatte Kimi Räikkönen in der ersten Runde die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren und sammelte Alonso auf dem Weg in die Leitplanke ein. "Was ist da passiert? Nichts, keine Strafen, einfach ein normaler Rennunfall zwischen zwei Weltmeistern. Wäre ich involviert gewesen, wäre es ein großer Skandal gewesen, die Medien hätten sich drauf gestürzt. Das ist nur ein Beispiel, was mit mir auf der Strecke passiert: Ich werde von allen beobachtet. Ich darf keine Fehler machen."

Maldonado klagt, dass nach dem Abschuss durch Button in China Strafen gegen ihn gefordert wurden, Foto: Sutton
Maldonado klagt, dass nach dem Abschuss durch Button in China Strafen gegen ihn gefordert wurden, Foto: Sutton

So habe es in China nach der Kollision mit Jenson Button, für die der Engländer von den Rennkommissaren bestraft wurde, auch Stimmen gegeben, die ihn zum Lachen gebracht hätten: "Alle haben gesagt, es wäre meine Schuld - immer, wenn ich involviert bin, sagen alle, es wäre meine Schuld, schon beim kleinsten Vorfall. Ich habe News gelesen, dass ich schuld gewesen sei und hätte bestraft werden müssen. Die Medien versuchen immer, mein Talent zu diskreditieren und mein Image in der Formel 1 zu zerstören."

In Ungarn hingegen stand Maldonado neben sich und fing sich drei Strafen ein. Auch dazu hätte es nicht kommen müssen, glaubt der Lotus-Pilot. "Ich denke nicht, dass ich verantwortlich für den Unfall mit Sergio Perez gewesen bin. Wir haben um die Position gekämpft und uns berührt. Für mich war es ein Rennunfall." Zu den anderen Vorfällen äußerte er sich nicht, allerdings hätten sie nicht stattgefunden, wäre er für jene Kollision nicht bestraft worden.

Verhältnis zu Team und Konkurrenten entspannt

Die Kollision mit Perez in Ungarn war für Maldonado ein Rennunfall, Foto: Sutton
Die Kollision mit Perez in Ungarn war für Maldonado ein Rennunfall, Foto: Sutton

Sein Verhältnis zu anderen Fahrern sei auch nach dem Großen Preis von Ungarn vollkommen intakt, versicherte Maldonado. "Natürlich hat man immer etwas mehr Affinität zu manchen Kollegen als zu anderen, was ganz normal ist. Aber wir sind alle Freunde. Manchmal passieren Dinge, ja, wie mit Felipe Nasr, als er mich in der ersten Kurve des ersten Rennens rausschob." Er sei sehr erbost gewesen, aber es sei eben Teil des Jobs und man müsse es akzeptieren. "Man muss eine gute Beziehung zu seinen Kollegen wahren, so auch zu Nasr. Es ist passiert, wir sind Freunde. Punkt."

Auch mit dem Team gebe es keine Probleme, obschon Pastor Maldonado vor allem in den freien Trainings gerne mal das eine oder andere Kiesbett austestet: "Falls man immer Unfälle hat, wenn man die Box verlässt, wird sich das Team beschweren. Aber wenn es nur zwei- oder dreimal in einer Saison passiert, ist das schon okay. Sowohl Team als auch Fahrer wissen, dass Fehler passieren können - auf der einen wie auch der anderen Seite." Einen Team Spirit wie bei Lotus habe er noch nie erlebt.

Mehr als ein Paydriver

Ein weiterer Punkt, der ihm an der Berichterstattung über ihn gegen den Strich geht, ist sein Ruf als Paydriver. Der staatliche Ölkonzern PDVSA fördert ihn mit geschätzten 40 Millionen Euro. "Die Sache ist viel größer. Es handelt sich um einen Werbevertrag mit einem Formel-1-Team. Es ist nicht das erste Mal, dass dies in der Formel 1 passiert. Man schaue sich Petronas bei Mercedes an, da gibt es nicht ansatzweise so viel Kritik wie bei PDVSA und ich weiß nicht warum. Es gibt noch weitere Erdöl-Sponsoren wie Shell und Petrobas. Wir brauchen sie in der Formel 1."

Maldonado hält es sogar für einen cleveren Schachzug, weil so nicht nur Werbung für den Konzern, sondern für ganz Venezuela gemacht werde. "Dahinter steht eine Gruppe von Venezolanern, die etwas Ähnliches machen wie Red Bull [mit ihrem Fahrerprogramm]. Venezuela ist einer der fünf größten Erdölproduzenten der Welt. Ich sehe keinen Grund, warum ein Land wie meines oder ein Konzern wie PDVSA nicht hier in der Formel 1 sein sollte - repräsentiert durch einen venezolanischen Piloten."

Verzeihen muss man können: Maldonados Verhältnis zu Felipe Nasr ist in Lot, Foto: Sutton
Verzeihen muss man können: Maldonados Verhältnis zu Felipe Nasr ist in Lot, Foto: Sutton

Letztlich würden ihn die Medien als einen immer wieder crashenden Bezahlfahrer darstellen, beklagt er sich. Die Folge: "Ich fühle mich nach wie vor in der Formel 1 unterschätzt. Ich brauche nur ein Auto, in dem ich mein Talent zeigen kann - das hatte ich jetzt mehrere Jahre nicht. Mit einem Auto wie dem Mercedes könnte ich jedes Wochenende um den Sieg fahren, dessen bin ich mir sicher", sagte er und verwies auf den Spanien GP 2012, den er gewinnen konnte. Auch damals sei er im Vorfeld stets unterschätzt worden.

Die Zahlen sprechen unterdessen eine andere Sprache: In der Saison 2015 holte Teamkollege Romain Grosjean bislang 23 Punkte, während Maldonado bei deren 12 steht. Im Qualifying-Duell steht es 9:1 für den Franzosen. Auch in China kam es erst zum Abschuss durch Button, nachdem sich Maldonado erst in der Boxeneinfahrt verfuhr und sich anschließend bei 200 km/h durch einen Fahrfehler drehte.