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Villeneuve zu Sauber: Welch eine Überraschung! Vor zwei oder drei Jahren wusste der Kanadier wahrscheinlich noch nicht einmal wo sich das beschauliche Hinwil in der Schweiz befindet und nun tut er sich zwei Jahre Sauber an.

Peter Sauber hat mit diesem Coup natürlich einen dicken Fisch an Land gezogen, zu welchem man ihm nur gratulieren kann. Denn für Sauber und sein Team ist die Verpflichtung des Ex-Weltmeisters sicherlich ein Donnerknall.

Aber aus der Sicht des Franko-Kanadiers muss festgestellt werden, dass er seit seinem Weltmeisterschaftsgewinn im Jahre 1997 und der anschließenden fünfjährigen Durststrecke bei B·A·R so ziemlich alles falsch gemacht hat, was man falsch machen kann.

Zuerst das Zerwürfnis mit seinem B·A·R-Teamchef David Richards, dann die klare und unvergessene Trainingsniederlage gegen den jungen Briten Jenson Button im Vorjahr und jetzt zwei Jahre Sauber. Dies kann für mich nur heißen, dass Jacques Villeneuve einfach nur richtig "Fahrgeil" ist und sich sagt "Ich möchte nach wie vor mit 900 PS in diesem Zirkus im Kreis fahren und das befriedigt mich", aber eine realistische Siegchance wird er bei Sauber nicht mehr bekommen.

Aber genau dies war ja nach seinem unrühmlichen Abgang beim von ihm mit aufgebauten British American Racing Team seine Ankündigung, seine offene Rechnung mit der Formel 1: Er wollte noch einmal GP-Siege feiern, Michael Schumacher bezwingen und vielleicht noch einmal Weltmeister werden.

In zwei Jahren nach dem Ablauf seines Sauber-Kontraktes möchte ihn als Fahrer der dann abzulösenden Generation jedoch niemand mehr verpflichten. Villeneuve tut sich somit mit diesem Wechsel zu Sauber für seine sportliche Karriere und sein Ansehen überhaupt keinen Gefallen, sondern fährt nur für sein Ego. Diese zwei Jahre bei den Schweizern können ihn nur persönlich befriedigen.

Wenn ich sein Manager Craig Pollock wäre, dann hätte ich ihm davon abgeraten. Denn auf diese Art und Weise verpufft das letzte bisschen Standing, welches der Ex-Weltmeister in der Formel 1 Szene vielleicht noch haben könnte, in der heißen Luft des Fahrerlagers.

Mit seinem Engagement bei Renault kann Villeneuve hingegen nur gewinnen. Ich habe mir schon am Montag, als die Gerüchte zum ersten Mal die Runde in der F1Welt machten, gedacht, dass da vielleicht etwas dran sein könnte. Denn das Zerwürfnis zwischen Jarno Trulli auf der einen Seite und Flavio Briatore sowie Renault auf der anderen Seite, schien einfach so tief zu sein, dass dieser Schritt unabdingbar war.

Schließlich gilt es für Renault unbedingt noch Zweiter in der Konstrukteursweltmeisterschaft zu werden. In so fern ist der französisch sprechende Kanadier die logische Alternative für den entlassenen Trulli, der seinerseits übrigens alles richtig gemacht hat. Denn während Villeneuve nach drei Rennen in einem konkurrenzfähigen Auto im nächsten Jahr in einem vermutlich weniger guten Boliden Platz nehmen muss, wird Jarno Trulli für seine Dienste bei Toyota immerhin fürstlich entlohnt. Und zwei Dinge stehen bei den Weiß-Roten schon heute fest: Sie werden eines Tages ganz sicher Erfolg haben und ein Ralf Schumacher muss sich im Duell gegen seinen vermeintlichen Teamkollegen Jarno Trulli ganz warm anziehen.

Ähnliches gilt nun aber auch für das Ex-Team von Jacques Villeneuve: British American Racing. Die Entscheidung den Kanadier diese Woche testen zu lassen und ihn dann in den letzten drei Saisonrennen als Trulli-Ersatz in den Kampf um den zweiten Rang der Team-WM zu schicken ist absolut richtig. Denn Villeneuve kann mit diesem Renault R24 locker in die Punkte fahren.

Nur leider darf er diesen nicht für das Folgejahr behalten und muss ihn stattdessen an seinen Vorgänger bei Sauber, Giancarlo Fisichella, abgeben. Andersherum wäre es für den Kanadier sicherlich eine bessere Alternative gewesen. So wird sich Villeneuve im nächsten Jahr womöglich in seinem C24 nach dem R24 sehnen und sich denken "Mensch war der Renault ein tolles Auto". Denn trotz aller Liebe zu Peter Sauber, der Schweiz und seinem für die vorhandenen finanziellen Mittel sensationell geführten Sauber Rennstall: Die Hinwiler können Villeneuve einfach nicht die gleichen Möglichkeiten wie Renault bieten.

Deshalb wäre die letzte Chance für Villeneuve eine Rückkehr zu B·A·R, wo er den Sitz nicht bekommen hätte, oder die Hoffnung auf BMW-Williams gewesen. Und wenn all dies von B·A·R über Williams und Renault nicht mit einem Stammplatz für 2005 geklappt hätte, dann wäre ich an Villeneuves Stelle lieber zu Hause in Montreal geblieben als mir Sauber "anzutun".

Denn das ist für einen Superstar, Ex-Champion und elffachen GP-Sieger einfach keine Alternative. So gerne ich Sauber mag, so toll diese Truppe arbeitet und so schön der neue Windkanal auch ist. Bei den Schweizern wird Villeneuve nicht an seine Erfolge anknüpfen können. Stattdessen wird Jacques Villeneuve aus Spaß an der Freude zwei Jahre lang bei Sauber im Feld mitfahren, um WM-Punkte und vielleicht einen Podestplatz kämpfen können, aber nicht den Ansprüchen an einen ehemaligen Formel 1 Weltmeister und Sohn von Gilles Villeneuve gerecht werden.