Die Regeln für 2017 sind eines der bestimmenden Themen beim Großen Preis von Monaco. Die Strategy Group hatte sich zusammengesetzt, um Beschlüsse zu fassen. In zähen Verhandlungen einigten sich die Beteiligten - FIA, CVC und die Teams - auf Eckpunkte, die Autos schneller und spektakulärer zu machen, Kundenautos zuzulassen und Tankstopps wieder einzuführen. Allerdings gibt es keine konkreten Maßnahmen, wie es genau aussehen soll. Aus diesem Grunde mehren sich die Stimmen, die Strategy Group wieder abzuschaffen und der FIA die alleinige Regelhoheit zurück zu geben.

Helmut Marko äußerte sich bereits kritisch: "Bei so einer Strategiegruppe kann nichts rauskommen, wenn so viele Leute mit derartig vielen unterschiedlichen Interessen mitreden. Die Regeln sollte irgendeine unabhängige Institution machen - eigentlich die FIA." Ist die Ende 2013 gegründete Strategiegruppe also unfähig, die Regeln zu bestimmen? Force-India-Vizeteamchef Robert Fernley gibt zu Bedenken: "Die Strategy Group hat jetzt 18 Monate lang gearbeitet und nichts Konkretes ist dabei herausgekommen. Zu Max [Mosleys] und Bernie [Ecclestones] Zeiten hätte es das nicht gegeben."

Die Strategy Group setzt sich aus 18 Köpfen zusammen, Foto: adrivo Sportpresse GmbH
Die Strategy Group setzt sich aus 18 Köpfen zusammen, Foto: adrivo Sportpresse GmbH

Red Bull und Force India überlegen Rebellion

Fernley kritisiert aufs Heftigste, dass die Strategy Group nichts in Richtung Kostensenkung beschlossen hat und hat einen klaren Standpunkt: "Ich denke nicht, dass die Teams bestimmen sollen, in welche Richtung die Formel 1 gehen soll. Den Teams sollte gesagt werden, wohin sich die Formel 1 bewegt." Marko äußerte seine Kritik noch deutlicher: "Im Fußball bestimmen auch nicht Vereine, wer den Titel holt." Um Red Bull formiert sich mittlerweile eine Allianz gegen die Strategy Group, obschon Christian Horner selbst einen Sitz dort hat: "In dieser Konstellation wird die Strategy Group niemals eine vernünftige Lösung hinbekommen. Das sollten Bernie und Jean [Todt] gemeinsam tun", kritisiert Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost.

Horner selbst hat die Hoffnung verloren, dass das 18-köpfige Gremium fähig ist, die Regeln konkret festzusetzen: "Es ist doch vorhersehbar: Bob [Robert Fernley] wird um Geld fragen, Toto [Wolff] will nichts verändern und wir wollen Änderungen beim Motor. Jedes Team hat seine Agenda und wird für seine Interessen eintreten. Ich denke, der Sport wird von der FIA regiert und von der FOM promotet. Es sollten diese Leute sein, die sich fragen, wohin die Formel 1 gehen soll." Auch der RBR-Teamchef will zurück zum alten Modell: "FIA und FOM sollen die Rahmenbedingungen festlegen, die Teams entscheiden, ob sie teilnehmen wollen."

In ihrem Motorenlieferanten findet die Red-Bull-Allianz einen weiteren Verbündeten. Cyril Abiteboul tritt ebenfalls für eine Abschaffung der Strategy Group ein. "Wir brauchen eine starke Führung von einer kleinen Gruppe von Leuten", so sein Kommentar auf der Pressekonferenz. Zwar sei er stolz darauf, Teil des Gremiums zu sein, da Renault viel Geld in die Formel 1 stecke, doch die Größe der Strategy Group sei falsch gewählt. Franz Tost schließlich fasst es zusammen: "Die Teams sollten nicht einmal über die Regeln gefragt werden, weil sie niemals eine Übereinkunft finden werden."

Zusammensetzung der Teams: Als leistungsbezogenes Team sitzt dieses Jahr Force India in der Strategy Group, Foto: adrivo Sportpresse GmbH
Zusammensetzung der Teams: Als leistungsbezogenes Team sitzt dieses Jahr Force India in der Strategy Group, Foto: adrivo Sportpresse GmbH

Schlechtredner ärgern Wolff

Naturgemäß gibt es auch Gegenstimmen, wenig überraschend aus dem Mercedes-Lager. Toto Wolff findet es unfair, dass die Strategy Group nach ihren Beschlüssen plötzlich unter Beschuss gerät: "Was auch immer wir in der Strategy Group diskutieren ist zehn Minuten später in den Medien. Wir sind zwar nicht immer derselben Meinung, aber wir tun es für den Sport. Und egal was wir beschließen, es ist am Ende immer Sch***e", beklagt sich der Mercedes-Motorsportchef.

Als Beispiel nennt er die aktuellen Maßnahmen: "Wir diskutieren darüber, die Autos schneller zu machen, die Reifen breiter, die Autos spektakulärer, reden über mehr G-Kräfte, viele weitere tolle Dinge und auch Tankstopps. Und das einzige, was ich nach diesem Meeting lese, ist, dass eine Wiedereinführung der Tankstopps keinen Sinn macht. Wir müssen jetzt endlich aufhören, den Sport immer wieder schlecht zu reden, ich habe das schon so oft angesprochen." Speziell richtete er seine Worte an Fernley. "Er ist neu in dieser Gruppe, und vielleicht sollte ich ihn daran erinnern, dass wir den Sport voranbringen und nicht schlechtreden wollen."

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Hui, hier sind mal Fetzen geflogen. Teile der Strategiegruppe hinterfragen sich selbst und wollen zum alten System zurück. Der Versuch, mehr Demokratie in der Formel 1 einzuführen, stößt auf immer mehr Gegenwind. Es bleibt spannend zu sehen, ob die Phalanx rund um Red Bull genug Anhänger findet, dann könnte sich die Strategy Group theoretisch selbst entmachten. Die Stimmen von Ecclestones CVC sollten sich die Rebellen schnell sichern können. Es bleibt abzuwarten, wie sich die FIA positionieren wird. Dennoch ist der Zeitpunkt dieser Diskussion befremdlich, schließlich kam die Strategy Group jetzt erstmals mit so etwas wie Ergebnissen. (Heiko Stritzke)