Welcher Fahrer kann schon von sich behaupten, dass es eine Webseite gibt, deren einziger Sinn darin besteht, zu überprüfen, ob er heute schon einen Crash gehabt hat? Pastor Maldonado gilt als Crashkönig der Formel 1. Auch diese Saison war der Venezolaner in eine Reihe von Unfällen verwickelt, doch bislang stand er stets eher auf der Opferseite. Seine letzte "Heldentat" liegt mittlerweile ein Jahr zurück, als er Esteban Gutierrez in eine spektakuläre Rolle schickte. Dieser revanchierte sich später in Silverstone. Dennoch: Maldonado ist mittlerweile Kultfigur, er selbst findet das aber unfair.

Den Ruf hat sich Maldonado erst einmal angeeignet. Die Website hasmaldonadocrashedtoday.com datiert den letzten Crash auf den 15. März. Zu Unrecht, schließlich konnte Maldonado herzlich wenig für den Unfall in der ersten Kurve des Großen Preises von Australien. "Karma" wird in einschlägigen Foren als Rechtfertigung für das große Pech des 30-Jährigen in dieser Saison herangezogen. Er selbst sieht es als unfair an, dass ihm der unrühmliche Name "Crashtor" anhaftet. Im Gegenteil, er lobt sich für seine Herangehensweise, öfters mal über dem Limit zu sein: "Ich hatte immer die dicken Eier, um übers Limit hinauszugehen", wird er von britischen Medien zitiert.

Maldonado und Gutierrez hatten im Vorjahr einige Aufeinandertreffen, Foto: Sutton
Maldonado und Gutierrez hatten im Vorjahr einige Aufeinandertreffen, Foto: Sutton

Grenzgänger mit Risikolust

Dass er schnell fahren kann, steht außer Frage. 2010 gewann er die GP2-Meisterschaft, 2012 gelang ihm der sensationelle Sieg im Williams in Barcelona. Doch zu oft steht sich Maldonado selbst im Weg. Beim anschließenden Großen Preis von Monaco endete sein Rennen in der ersten Runde in der Mauer. Später schaffte er in Spa-Francorchamps das unrühmliche Kunststück, sich drei Strafen an einem Wochenende einzufangen. In Abu Dhabi wiederum fuhr er ohne KERS einen bärenstarken fünften Platz heraus. Seit zwei Jahren fährt Maldonado für Lotus, dank einer mächtigen Gage des venezolanischen Ölkonzerns PDVSA. Von über 35 Millionen Euro ist zum Teil die Rede, die genau Summe weiß jedoch niemand.

"Wenn andere Fahrer crashen, ist es keine News wert. Wenn Pastor verunfallt, ist es eine große Story", beklagt sich Maldonado über seinen Ruf und hält auch die 5-Sekunden-Strafe plus zwei Strafpunkte gegen Jenson Button für zu niedrig. Der Engländer hatte ihn in China in Turn 1 abgeräumt, nachdem Maldonado sich zuvor erst in der Boxeneinfahrt verirrt und anschließend einen Highspeed-Dreher hingelegt hatte. "In der Vergangenheit haben wir wesentlich härtere Strafen für so etwas gesehen. Speziell in meinem Fall."

Die Zeit vergeht: Drei Jahre ist der Barcelona-Sieg mittlerweile her, Foto: Sutton
Die Zeit vergeht: Drei Jahre ist der Barcelona-Sieg mittlerweile her, Foto: Sutton

In der Vergangenheit schwelgen bringt nichts

Er betonte noch einmal, dass man das Limit hin und wieder überschreiten müsse, um zum Erfolg zu kommen. "Und es gab gute Momente in meiner Karriere. Ich habe in der Formel 1 gewonnen, und das in einem wenig konkurrenzfähigen Auto", spielt er auf seinen Sieg an, der mittlerweile drei Jahre zurückliegt. "Ich habe mich da gegen Ferrari, Red Bull und McLaren durchgesetzt. Und manchmal macht man Fehler, wenn man Risiken eingeht. Das gilt auch für Jenson im letzten Rennen: Er ist ein Risiko eingegangen und hat einen dicken Fehler gemacht."

Abgeräumt: Maldonado war diese Saison öfter Opfer als Täter, Foto: Sutton
Abgeräumt: Maldonado war diese Saison öfter Opfer als Täter, Foto: Sutton

In Erinnerungen an seinen Sieg zu schwelgen, bringt aber nichts, wie der Lotus-Pilot betont: "Es liegt ein paar Jahre zurück und geschah mit einem anderen Team. Wir müssen sehr hart arbeiten, um wieder einen solchen Erfolg erreichen zu können." An ihm selbst soll es dabei nicht liegen: "Ich fahre so gut wie damals, wahrscheinlich sogar besser. Ich bin erfahrener, schneller, besser und solider. Selbst in der Art und Weise, wie ich ein Wochenende vorbereite."

Auf die ihm zu Ehren angelegte Webseite angesprochen, bleibt Pastor Maldonado gelassen. "Sie sollten so etwas für alle Fahrer machen, weil es viele Fahrer gibt, die öfter verunfallen als ich. Schaut euch doch mal an, wie viele Unfälle Felipe Massa letztes Jahr hatte, das interessiert niemanden. Ich kann den Leuten nicht vorschreiben, was sie sagen sollen. Sie können sagen, was sie wollen. Ich bin hier, um mein Bestes zu geben." Den Großen Preis von Bahrain nimmt er aufgrund einer hängenden Bremse im Qualifying von Rang 16 in Angriff.