Immense Kosten, schlechter Sound, noch schlechtere Show, sinkende Quoten, gesichtslose Fahrer, untätige Teams: Bernie Ecclestone platzt allmählich der Kragen hinsichtlich der gegenwärtigen Situation der Formel-1-Weltmeisterschaft. Dass er gebetsmühlenartig die Hybrid-F1 verflucht, ist nichts Neues, doch der Ton wird rauer: Den Teams attestiert der 84-Jährige Unfähigkeit, die Regeln bezeichnet er als "Müll". Am besten schon zum nächsten Rennen sollen die Teams zu V8-Motoren zurückkehren.

"Die Regeln sind Müll", polterte er gegenüber der Sport Bild: "Wir müssen spektakulären Sport bieten, keinen Vorreiter in der Automobil-Technologie spielen." Vor der Einführung der 2014er-Regeln hätten die Fans die Lautstärke gemocht, die Teams die geringen Kosten, und das Racing sei auch besser gewesen. Ihm fehlen außerdem die Charaktere der Königsklasse: "Wir haben doch kaum noch Helden. Nicht die Menschen sind die Helden, sondern die Maschinen." Erst, wenn die Maschine nicht richtig läuft, käme der Faktor Mensch zum Tragen. Zu wenig Raum für echte Helden wie in der Vergangenheit.

Im Fokus der Diskussionen: Die seit 2014 verwendeten Power Units, Foto: Renault Sport F1
Im Fokus der Diskussionen: Die seit 2014 verwendeten Power Units, Foto: Renault Sport F1

So richtig geht Ecclestone die Hutschnur aber beim Verhalten der Teams hoch, die seit einigen Jahren das Reglement mitbestimmen dürfen: "Normalerweise kann man Fehler wieder gut machen. Aber wir versuchen es nicht einmal! Wir haben viele Meetings, in denen viel Nonsens diskutiert wird und in denen Entscheidungen immer wieder auf nächste Woche oder nächsten Monat verschoben werden. Wir sitzen rum und warten darauf, dass die Formel 1 verschwindet!"

Ecclestone leidet als Verwalter der kommerziellen Rechte besonders unter dem Zuschauerrückgang in der Formel 1, da die Einnahmen der CVC zurückgehen. Die Stimmung zwischen Bernie Ecclestone und den Teams der Formel 1, die mehr Geld aus dem Topf wollen, verschlechtert sich nun auch bezüglich des Regelwerks zunehmend.

Probleme? Wolff wiegelt ab

Die zwei Standpunkte sind kaum miteinander zu vereinen: Ecclestone bezeichnete jüngst das derzeitige Reglement als "Müll" und will eine sofortige Rückkehr zu den V8-Motoren. Wolff hingegen will die technische Überlegenheit von Mercedes in Szene setzen. "Für uns ist die derzeitige Technologie ein wichtiger Teil unseres Engagements. Unsere Marketing-Strategie konzentriert sich auf die Hybridtechnologie der Formel 1."

Toto Wolff will kein Joule Hybridenergie aufgeben, Foto: Sutton
Toto Wolff will kein Joule Hybridenergie aufgeben, Foto: Sutton

Überhaupt sehe er keinen Grund für drastische Schritte: "Man sieht, dass Ferrari aufgeholt hat. Wir sind gewiss noch die Benchmark und die anderen kommen näher. Die Zuschauer sind auch nicht überall verschwunden - man schaue sich mal Großbritannien an." Lediglich Deutschland bescheinigte er einen "Formel-1-Kater". In Hockenheim herrschte 2014 völlig überraschend eine gähnende Leere auf den Rängen.

Genau solche Einstellungen bringen wiederum Ecclestone auf die Palme. Wolff nimmt er sich mittlerweile persönlich vor: "Toto könnt ihr eines Tages eine wunderschöne Inschrift auf den Grabstein schreiben, die besagt: ‚Ich habe geholfen, die Formel 1 zu töten.‘ Er tötet sie nicht allein, aber er hilft tatkräftig mit." Aus diesem Grunde werde er sich nun Freunde suchen, droht Ecclestone, und das an ungewöhnlicher Front: Der FIA. "Ich werde versuchen, zu intervenieren und die FIA zu überzeugen. Und wenn sich jemand darüber beschwert, soll er das tun. Ich garantiere, dass wir gewinnen werden. Nach 50 Jahren Arbeit werde ich nicht zulassen, dass die Formel 1 aus purem Egoismus zerstört wird!"

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Der Konflikt Technologie versus Show wird immer offensichtlicher, und ihn zu lösen wird eine Herkulesaufgabe. Das Problem: Egal, was man macht, es wird kaum beide Lager versöhnen können. Eine Fortführung des derzeitigen Kurses wird vermutlich zu weiterem Zuschauerrückgang führen, obschon der Sound wieder deutlich lauter ist. Andererseits kann die Dinosaurier-Lösung von Ecclestone auch nicht zielführend sein. Eine Rückkehr zu V8-Motoren wäre eine Blamage für die Formel 1, die gesellschaftlich dann kaum mehr haltbar wäre. Es scheint, als würde der Zeitgeist die Formel 1 in eine böse Zwickmühle führen. (Heiko Stritzke)