Verkehrte Welt im Hause Red Bull. Während das vierfache Weltmeisterteam Red Bull Racing unter dem 2010 eingeführten Punktesystem nach zwei Rennen noch nie so schlecht wie aktuell dastand, legte die B-Mannschaft Toro Rosso den besten Saisonstart der Teamgeschichte hin und rangierte in der Konstrukteurs-Wertung sogar vor RBR.

Besonders pikant ist der Umstand, dass beide Teams auf Renault-Motoren setzen, die von Red Bull Racing zuletzt scharf kritisiert wurden. Dass die wenig zufriedenstellenden Ergebnisse aber nicht nur mit der Power Unit erklärt werden können, liegt in Anbetracht des Resultats von Malaysia - Max Verstappen und Carlos Sainz kamen vor Daniel Ricciardo und Daniil Kvyat ins Ziel - auf der Hand.

Toro Rosso ließ Red Bull in Sepang alt aussehen, Foto: Sutton
Toro Rosso ließ Red Bull in Sepang alt aussehen, Foto: Sutton

"Wir müssen in England aufwachen, denn es laufen beim Chassis einige Sachen nicht mehr", ortete Motorsportberater Dr. Helmut Marko auch große Defizite in anderen Bereichen des Autos. In Malaysia kam erschwerend hinzu, dass beide Red-Bull-Piloten mit Bremsproblemen zu kämpfen hatten, was ihre Pace drosselte. "Wir sind die Kurven nur mehr angerollt", schilderte Marko.

Verspäteter Saisonstart

Bei Renault ist man sich dennoch bewusst, dass eine Steigerung vonnöten ist, und versteht auch die Frustration Red Bulls über den bisherigen Saisonverlauf. "Es ist ein Rückschlag für Red Bull. Sie sind es nicht gewohnt, dass ihre Autos so weit hinten liegen", erklärte Remi Taffin, Renaults Operation Director, gegenüber dem französischen TV-Sender Canal+.

"Wir haben aber erst das zweite Rennen. In keinem Rennen war Red Bull in der Lage zu zeigen, was wirklich möglich ist, und in Australien lag die Schuld bei uns", blickte Taffin auf den Saisonstart in Melbourne zurück, als es Kvyat gar nicht erst in die Startaufstellung schaffte und Ricciardo bereits am Freitag große Teile des Motors wechseln musste.

In Sepang sei es aus Renault-Sicht hingegen bereits besser gelaufen, schilderte der Franzose, und man habe einen Vorgeschmack darauf bekommen, was von Red-Bull-Renault zu erwarten sei. "Für uns hat die Saison eigentlich in Malaysia begonnen", gab Taffin zu und wagte einen optimistischen Ausblick: "In China wird Red Bull seine Probleme gelöst haben und dann beginnt der Spaß."

Kein Zufallsweltmeister

Angesichts der bisherigen Performance von Mercedes und Ferrari dürfte es für Red Bull jedoch auch mit einem verbesserten Paket schwer werden, um die absolute Spitze zu kämpfen, was Taffin durchaus bewusst ist. "Ich sage natürlich nicht, dass wir jedes Rennen gewinnen werden, aber wir haben viel Entwicklungspotenzial, sowohl was den Motor als auch das Chassis betrifft", hielt er fest.

Zwischen Red Bull und Renault gibt es viel Gesprächsbedarf, Foto: Sutton
Zwischen Red Bull und Renault gibt es viel Gesprächsbedarf, Foto: Sutton

Taffin weiter: "Wir sind nicht durch Zufall vier Mal Weltmeister geworden. Red Bull ist gut darin, ein Auto zu entwickeln, und das wird sich früher oder später auszahlen." Darüber, wie gut die Fortschritte tatsächlich sind, wird der Shanghai International Circuit Aufschluss geben, der nicht nur über die längste Gerade der Saison, sondern auch über viele aerodynamisch anspruchsvolle Kurven verfügt.

Im Toro-Rosso-Lager glaubt man übrigens nicht, dass dem großen Schwesterteam langfristig paroli geboten werden kann. "Ich denke nicht, dass wir stärker sind als Red Bull, das war jetzt erst einmal heute so ein Ergebnis", sagte Teamchef Franz Tost nach dem Rennen in Sepang im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Red Bull ist eine sehr starke Mannschaft und ich bin davon überzeugt, dass sie bei den nächsten Rennen wieder vorne mit dabei sein werden."