Die vergangenen sieben Tage boten für motorsport-magazin.com-User jede Menge Lesestoff. Denn während wir mit unseren motorsport-magazin.com Exklusivinterviews mit Neu-Minardi-Pilot Patrick Friesacher, Toyota-Tester Ricardo Zonta, Bridgestone-Technikchef Hisao Suganuma und BMW-Williams-Star Nick Heidfeld eine perfekte und ungekürzte Einstimmung auf die bald beginnende neue F1-Saison boten, überschlugen sich auch die Ereignisse in der F1-Welt: Jordan präsentierte seinen neuen EJ15 sowie sein Fahrerquartett auf dem roten Platz in Moskau, die Teams schlossen ihre Wintertestfahrten in Valencia und Silverstone ab und unzählige Fahrer, Experten und Verantwortliche gaben ihre Meinung zum bevorstehenden Saisonbeginn ab.

Nur Max Mosley und die GPWC verschonten sowohl die Redaktion als auch die Leserschaft mit weiteren vielseitigen Briefwechseln.

Im Mittelpunkt des Interesses stand jedoch erwartungsgemäß die Präsentation des mit Spannung erwarteten neuen Ferrari Boliden – des F2005. Doch schon bevor der erneut evolutionär aussehende neue rote Wagen am Freitag um kurz nach 11:00 Uhr in Maranello enthüllt wurde, sorgten einige Fahrer mit Ferrari-Statements für Schlagzeilen.

So kündigte Ralf Schumacher an, dass die Roten derzeit nicht mehr die "Meßlatte" in der Formel 1 wären und prophezeite Jenson Button ein Ende der roten Erfolgsära. Michael Schumacher nahm beides gelassen auf und verwies auf den nahenden Saisonstart: "Dann ist die Zeit der Sprüche vorbei und heißt es sich auf der Rennstrecke zu beweisen."

Dass man aber auch in den Reihen der Scuderia leichte Zweifel an der Konkurrenzfähigkeit des überarbeiteten F2004 M hegt, macht zumindest Ross Brawns Ankündigung deutlich das Debüt des neuen F2005 möglicherweise schon um zwei Rennen auf den Bahrain GP vorzuziehen.

Die Frage ob Ferrari seinen neuen F2005 gleich in die Wüste schicken wird, werden allerdings erst die ersten Testfahrten mit dem F2005 sowie das Abschneiden des F2004 M in Australien und Malaysia beantworten.

Doch selbst wenn die Roten in den ersten vier Saisonrennen bis Imola gegen die zumindest bei den Wintertests erstarkte Konkurrenz von Renault, McLaren & Co kein Land sehen sollten, dürfte dies in Maranello noch keine allzu großen Sorgenfalten heraufbeschwören. Jedenfalls so lange der neue F2005 sich als konkurrenzfähig und zuverlässig erweist. Schließlich stehen ab dem geplanten Barcelona-Debüt Anfang Mai noch immer ganze 15 Rennen aus, also fast eine ganze Saison früherer Jahre.

Eben jene längst vergangenen, früheren Jahre sind es auch, die Ferrari-Teamboss Jean Todt im Rahmen der Präsentation wieder einmal als ruhmreichen und traditionellen Deckmantel für eine bevorzugte Behandlung seines Rennstalls vorschob.

Entsprechend verteidigte er die von Max Mosley und Bernie Ecclestone immer wieder gerechtfertigte und durchgeführte finanzielle Bevorzugung der Scuderia damit, dass die Italiener bereits seit der ersten F1-Weltmeisterschaft im Jahre 1950 dabei wären und seitdem "etwas einzigartiges" erreicht hätten.

"Es ist wie bei der Produktion eines Films", zog der kleine Franzose einen Vergleich zu Hollywood, wo derzeit auch ein Film über Gilles Villeneuve vorbereitet wird. "Man braucht Stars, die dafür sorgen, dass der Film sich überall auf der Welt gut verkauft." Und Ferrari sei nun einmal der große Star der Formel 1, womit Todt noch nicht einmal Unrecht hat.

Und unterschiedliche Stars haben laut dem roten Sportdirektor eben "unterschiedliche Verträge", was sich sowohl in der GPWC – vor dem Ferrari-Ausstieg – als auch in den bisherigen Concorde Agreements niederschlug. Minardi-Teamboss Paul Stoddart fragte nicht umsonst vor einigen Wochen offen und ehrlich: "Warum muss Minardi für Ferrari bezahlen?"

Jean Todt hat eine einfach Antwort darauf parat: "Ferrari ist der Star dieses Business und möchte entsprechend wie ein Star bezahlt werden." Da Hollywood-Stars sich gerne als zickige Diven geben, kann Todt die Verärgerung der anderen neun Teamchefs über diese Starbehandlung der Italiener durchaus nachvollziehen.

Von der eigenen Meinung möchte man aber dennoch nicht abrücken. Dann müsste man ja auch die Starvorteile aufgeben und die gleiche Behandlung wie die "Nebenrollendarsteller" von McLaren bis Minardi erdulden. Ferrari-Präsident Luca Montezemolo scherzte deshalb im Hinblick auf die fehlenden Unterschriften der neun "Gaststars" unter dem neuen Concorde Agreement: "Für 2008 bereiten wir eine komplette Ferrari-Weltmeisterschaft vor, was sehr interessant sein sollte."

Nun bleibt also nur noch die Frage zu beantworten, ob ein Film in dem der Megastar Ferrari nicht nur eine Doppelrolle, sondern gleiche alle zehn Hauptrollen spielt, das zahlende Publikum wirklich wie in Maranello erwartet in Scharen in die Kinosäle, sprich an die Rennstrecken und vor die heimischen TV-Geräte, ziehen wird oder ob doch die neun kleineren Gaststernchen in ihrer neuen Ensembleshow namens GPWC die Herzen der Zuschauer erobern werden?