"Was für ein Start in die neue Saison für Sebastian Vettel! Erstes Rennen für Ferrari, erstes Podium - besser geht es fast nicht." Mit diesen Worten begann unsere Rennanalyse des Großen Preises von Australien vor zwei Wochen. Nur 14 Tage später strafen uns Vettel und Ferrari Lügen. Es geht sehr wohl besser. Viel besser. Gleich in seinem zweiten Rennen für die Scuderia kletterte Sebastian Vettel auf dem Podium noch zwei Stufen höher. Am Sonntag gewann er den Großen Preis von Malaysia, feierte seinen 40. Sieg in der Formel 1.

Anders als in Australien begünstigte diesmal keinerlei Schützenhilfe die Leistung der Scuderia. Ferrari und Vettel besiegten die Mercedes von Lewis Hamilton und Nico Rosberg aus eigener Kraft. Vier Faktoren ließen die Mannschaft aus Marnello dabei zu einem unbezwingbaren Gegner für Mercedes wachsen. Motorsport-Magazin.com analysiert die rote Triumphfahrt in Sepang.

Faktor 1: Die gute Ausgangsposition

Am Start behauptete Vettel Rang zwei, Foto: Sutton
Am Start behauptete Vettel Rang zwei, Foto: Sutton

Den Grundstein für seinen Erfolg legte Sebastian Vettel bereits am Samstag. Im Qualifying stellte er seinen Ferrari auf einen starken zweiten Platz. Angesichts der gerade einmal 0,074 Sekunden Rückstand auf die Pole-Zeit von Lewis Hamilton haderte Vettel sogar noch ein wenig mit seiner Leistung. "Schade, dass es dann am Ende nicht ganz gereicht hat", sagte Vettel.

Noch dazu fokussierte sich Ferrari im Training mit großem Erfolg darauf, die Longrun-Pace für das Rennen zu optimieren. Nicht nur Vettel selbst, sondern insbesondere Kimi Räikkönen beeindruckte mit einer schier außerirdischen Performance. Oder anders ausgedrückt: mit einer besseren Leistung als Mercedes. Das erkannte auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff: "Ferrari hat am Freitag einen Longrun mit Räikkönen hingelegt, der beeindruckend war. Es war im Longrun das schnellste Auto."

"Für Sebastian ist das Podium das absolute Minimum", posaunte Sportdirektor Massimo Rivola deshalb nach der Qualifikation heraus. Vettel strotzte ebenfalls vor Selbstvertrauen: "Ich denke, wir können das Rennen gewinnen." Was viele da noch als relativ naiv abtaten, sollte sich später im Rennen als wahr erweisen. Aber der Reihe nach.

Faktor 2: Freie Fahrt mit Puffer

Der Start in das Rennen verlief ideal für Ferrari. Vettel behauptete seinen zweiten Platz zwischen Hamilton und Rosberg. Richtig interessant wurde es in Runde vier. Marcus Ericsson warf seinen Sauber in der ersten Kurve ins Kiesbett. Die Rennleitung schickte das Safety Car auf die Strecke. Prompt steuerten fast alle Piloten zum Reifenwechsel an die Box, auch die Mercedes. Vettel hingegen blieb auf der Strecke und übernahm hinter Bernd Mayländer die Spitze.

Neben Vettel entschieden sich nur noch die beiden Force India, Romain Grosjean und Carlos Sainz gegen einen frühen Boxenstopp. Das Quartett bildete beim Restart nach Runde sechs folglich einen ordentlichen Puffer zwischen dem neuen FührendenVettel und Hamilton auf dem sechsten Platz. Rosberg fiel sogar auf Rang neun zurück, weil er bei seinem Boxenstopp zunächst darauf warten musste, bis die Mercedes-Crew Hamilton abgefertigt hatte. "Das war eine blöde Situation. Danach musste ich dann alle überholen. Durch das 'stacking' verliert man automatisch vier Sekunden. Dann kamen auch noch Massa und Kvyat vorbei und haben mich aufgehalten", haderte Rosberg im Interview mit Motorsport-Magazin.com.

Vettel übernahm in der Safety-Car-Phase die Spitze. Der Knackpunkt., Foto: Sutton
Vettel übernahm in der Safety-Car-Phase die Spitze. Der Knackpunkt., Foto: Sutton

Erst in der zehnten Runde hatte Hamilton den zweiten Platz zurückerobert. Zu diesem Zeitpunkt fehlten dem Weltmeister allerdings bereits zehn Sekunden auf Vettel. Bis Rosberg in Runde 14 schließlich ebenfalls alle Puffer überwunden hatte gelang es Hamilton jedoch nicht, Boden auf Vettel gut zu machen. Rosberg lag zu diesem Zeitpunkt gar 18 Sekunden hinter der Spitze.

Faktor 3: Ferrari als Reifenflüsterer

Der Grund für die gescheiterte Aufholjagd war das klar bessere Reifenmanagement des Ferrari in der Hitze von Sepang - der dritte und wichtigste Siegfaktor. Durch den schonenden Umgang mit den Pirellis profitierte die Scuderia gleich doppelt. Erstens war es möglich mit nur zwei Stopps über die Renndistanz zu kommen, während die Konkurrenz fast geschlossen einen dritten Reifenwechsel benötigte. Zweitens kitzelte der Ferrari trotz der längeren Stints noch immer mehr und vor allem länger und konstanter Speed aus den Reifen.

"Fakt ist, dass die Reifen - allem voran der Option - bei Ferrari wesentlich länger gehalten haben und besseren Speed hatten", bestätigte Toto Wolff. "Bei Lewis ist der Reifen nach 13 oder 14 Runden eingegangen, bei Sebastian nach 17 oder 18 Runden." In allen Stints auf den Reifen konnte Vettel deutlich länger schnelle Rundenzeiten als die silberne Konkurrenz fahren, wie das Diagramm unten vor Augen führt.

Mit den frischen Medium-Reifen spielte Vettel gegenüber seinen beiden Konkurrenten auf der harten Mischung dementsprechend in einer eigenen Liga. So peitschte er nach seinen Stopp in Runde 17 wieder an die Silberpfeile heran, fuhr die kleine Lücke blitzschnell zu. In der letzten Kurve der zwanzigsten Runde überholte Vettel Rosberg mühelos. Exakt dasselbe Schicksal teilte Hamilton vier Runden später. Der Brite bog während des Überholmanövers allerdings nach Außen Richtung Box ab. Ein paar Runden später stoppte auch Rosberg ein zweites Mal.

Das Resultat dieser Phase: Vettels Vorsprung hatte sich dank des Reifenvorteils verdoppelt. Er führte 20 Sekunden vor Hamilton und 30 vor Rosberg bei jeweils einem noch ausstehenden Stopp. Allerdings musste Vettel noch die harte Mischung fahren, während Mercedes diese bereits zuvor benutzt hatte. Nun galt es also aufzuholen. Doch die Jagd der Silberpfeil verlief nur bedingt erfolgreich. Lewis Hamilton säbelte nur sechs Sekunden seines Rückstands ab, bis sich Vettel in Runde 37 die harten Reifen holte.

Faktor 4: Mercedes-Reifen gehen ein

Mercedes sah Ferrari nur von hinten, Foto: Sutton
Mercedes sah Ferrari nur von hinten, Foto: Sutton

Eine Runde später stoppte auch Hamilton. Sein Team verpasste ihm zur Verblüffung aller ebenfalls die harte Mischung, obwohl der Brite auch Medium hätte fahren dürfen. Doch Mercedes war von diesem Reifen nicht überzeugt. "Wir haben bei Lewis im dritten Stint die Options aufgezogen, um zu sehen, was möglich ist. Ab Runde 14 hat er sich massiv beschwert und nach 15 oder 16 Runden ging die Pace deutlich zurück", erklärte Toto Wolff die Entscheidung. Da der letzte Stint noch 18 Runden dauerte, habe keine andere Möglichkeit bestanden, als die harten Reifen zu verwenden.

Auch ein späterer erster Stopp, um die Stints komplett entsprechend nach hinten zu schieben, sei nicht machbar gewesen. "Für uns hat der Algorithmus ganz klar ausgeworfen, dass es ein Dreistopp-Rennen sein würde", erklärte der Motorsport-Chef. Bei Ferrari war das nicht der Fall. Die Scuderia hatte von vornherein nur zwei Stopps geplant und damit eine unschlagbare Waffe in petto. Das musste schließlich auch Wolff eingstehen: "Es war seit langer Zeit nicht mehr der Fall, dass wir nicht die Kontrolle über die Dinge hatten."

Erst im Schlussstint lief es bei Mercedes etwas besser, doch konnten Hamilton, geschweige Rosberg, nicht mehr entscheidend aufholen. "Sie waren heute ganz einfach unschlagbar. Weil sie eine perfekte Strategie hatten und Vettel einen unglaublichen Job gemacht hat. Das Auto hat gut performt und die Reifen haben gehalten", beschrieb Niki Lauda, was bei Ferrari stimmte und bei Mercedes so gar nicht passte. Der Seb-Sieg war perfekt.