15 Autos in der Startaufstellung, 13 nach einer Runde noch in der Wertung und ein Rennverlauf, der kaum Spannung bot. Dazu schon im Vorfeld Negativschlagzeilen rund um den "Fall Van der Garde" und um das Manor-Marussia-Team. Der Auftakt in die Saison ging für die Formel 1 gewaltig in die Hose. Viele Formel-1-Fans sind nach dem Auftaktrennen in Melbourne enttäuscht oder gar erbost. Der Auftritt der Königsklasse in Australien verstärkte den Eindruck, dass die F1 in einer handfesten Krise steckt.

Das sind die aktuellen Problemfelder, mit denen sich die Formel 1 schleunigst auseinander setzen sollte:

Problemzone 1: Finanzen

Vor vielen Jahren fantasierte Bernie Ecclestone von einer Startaufstellung mit 26 Autos. Mehr als 24 waren es seit der Erweiterung 2010 nie, in dieser Saison werden wir maximal 20 Fahrer am Start stehen sehen. In Melbourne traten im Qualifying gar nur 18 Autos an. Das hat einen Grund: Geldnot. Sämtliche Versuche der vergangenen Jahre, eine Budgetobergrenze einzuführen, sind gescheitert. Die Formel 1 ist nach wie vor eine riesige Geldvernichtungsmaschine für jeden, der dort ein Team betreiben will.

Giedo Van der Garde führte mit seiner Klage die Geldnot der kleinen Teams vor die Augen der Öffentlichkeit, Foto: Sutton
Giedo Van der Garde führte mit seiner Klage die Geldnot der kleinen Teams vor die Augen der Öffentlichkeit, Foto: Sutton

Von den zehn aktuellen Rennställen kann man nur bei Mercedes, Ferrari, McLaren, den beiden Red-Bull-Teams und Williams davon ausgehen, dass sie finanziell auf sicheren Beinen stehen. Lotus dürfte es zwar etwas besser gehen als in junger Vergangenheit, doch vor allem bei Sauber, Force India und dem mutmaßlich geretteten Manor-Marussia-Team steht das Budget auf tönernen Füßen. Von einer Startaufstellung mit 26 Autos fantasiert schon lange niemand mehr und die Fans müssen ausgedünnte Starterfelder wohl oder übel hinnehmen, solange Ecclestone die Geldschleuse (genug Einkünfte hat die Formel 1 ja) nicht weiter öffnet. Das verschärft die Paydriver-Problematik und öffnet Tür und Tor für weitere Gerichtsfälle a la Van der Garde.

Problemzone 2: Technik

KERS, DRS, MGU-K, Token - wer den Sport im Jahr 2015 wirklich verstehen will, sollte immer sein Handbuch mit Fachbegriffen parat haben. Mit der Einführung der modernen Turbo-Formel samt diverser Hybrid-Ideen glitt die technische Komponente der Formel 1 endgültig auf ein Niveau ab, dass für Otto Normalfan nicht mehr zu verstehen ist. Die modernen Power Units sind sogar so komplex, dass die besten Ingenieure der größten Automobilhersteller daran verzweifeln.

Die Triebwerke von Honda und Renault sind nicht konkurrenzfähig und noch viel weniger zuverlässig. Ehemalige Weltmeister-Teams wie McLaren oder Red Bull sehen plötzlich wie Stümper aus. "Das zeigt, dass es auch im zweiten Jahr unter dem neuen technischen Reglement schwierig ist, dieses umzusetzen", analysiert Sebastian Vettel. "Aber wenn man jetzt mal wieder den Vergleich zieht mit der goldenen Ära vor 30 Jahren: damals sind noch weniger als elf Autos ins Ziel gekommen."

Problemzone 3: Mangelnde Spannung

Vorsprung durch Technik - dieser Leitspruch von Audi lässt sich seit gut einem Jahr 1:1 auf Mercedes ummünzen. Diffizilere Technik sorgt dafür, dass diejenigen, die sie durchschauen, den Konkurrenten meilenweit voraus sind. Das war lange Zeit bei Red Bull Racing so und das ist seit gut einem Jahr bei Mercedes der Fall. Die Dominanz der Silberpfeile langweilte in Melbourne sogar die internationale Regie so sehr, dass man über weite Strecken des Rennens lieber Kämpfe um die Positionen im hinteren Mittelfeld zeigte, als den Formationsflug von Hamilton und Rosberg an der Spitze.

Silberpfeil 1, Silberpfeil 2, dann lange nichts - das ist seit 2014 die F1-Hackordnung, Foto: Sutton
Silberpfeil 1, Silberpfeil 2, dann lange nichts - das ist seit 2014 die F1-Hackordnung, Foto: Sutton

Williams' Performance-Chef Rob Smedley sieht darin aber kein Problem: "Nein, das ist nicht schlecht für den Sport. In der Formel 1 geht es immer um das Niveau der Perfektion. Und dieses Level, das Mercedes erreicht hat, ist außergewöhnlich und für alle anderen der absolute Richtwert. Ich ziehe meinen Hut, setze mich aber nicht hin und meckere herum, weil sie schneller sind als wir."

Die Fans meckern hingegen schon. Denn so schön Dreikämpfe im Mittelfeld auch sein mögen, eine Saison wirkt nur dann als spannend auf den Zuschauer, wenn an der Spitze und um den WM-Titel Kämpfe entbrennen. Und auch Ausfälle und technische Gebrechen bleiben nur dann im Gedächtnis, wenn es einen der Spitzenpiloten erwischt.

Problemzone 4: Reglement

Effizienz, Sprit sparen, Reifen schonen - drei Schlagworte, die seit Jahren jedes Rennen bestimmen. Die Formel 1 will dem Motorsport seit Jahren ein grünes Mäntelchen umhängen und richtet das Reglement entsprechend danach aus. Doch damit macht die Königsklasse aus geschwindigkeitsfanatischen Rennfahrern nach und nach ferngesteuerte Sprit- und Reifenverwalter, die während einer Runde mehr Knöpfe auf ihrem Lenkrad drücken müssen, als sie in der gesamten Saison Überholmanöver durchführen. Gerade die Abhängigkeit vom Kommandostand, wo die unterschiedlichen Parameter überblickt werden, bietet aber Nährboden für Verschwörungstheorien, wenn zum Beispiel Fahrer A auf Fahrer B aufholt und plötzlich angehalten wird, Sprit zu sparen oder Reifen zu schonen.

"Man muss auf dieser Strecke am meisten Sprit sparen, darum hatte Nico nie die Waffen, um zurückzuschlagen", gestand Toto Wolff nach dem Rennen. Fans wollen nicht sehen, wer mit der geringsten Spritmenge auskommt oder wer seine Reifen am besten streichelt, sondern welcher Racer den größten Mut im Duell mit den anderen beweist.