Bei Red Bull Racing ist die Stimmung nach dem Saisonauftakt in Australien auf dem absoluten Nullpunkt angekommen. Die schwerwiegenden Probleme mit dem Renault-Motor, die sich bereits hartnäckig durch das Jahr 2014 gezogen hatten, flammten in Melbourne erneut auf und stellen die Beziehung zwischen dem ehemaligen Weltmeisterteam und dem französischen Autobauer auf eine harte Belastungsprobe.

Nachdem Daniel Ricciardo bereits am Freitag nach wenigen Kilometern seinen Motor wechseln musste, schaffte es Teamkollege Daniil Kvyat am Sonntag wegen eines Getriebeproblems gar nicht erst in die Startaufstellung. "Der fünfte Gang ist nicht reingegangen", knurrte Motorsportberater Dr. Helmut Marko nach Rennen.

Renault würden derzeit rund 80 bis 100 PS fehlen, klagte der Österreicher. "Wir mussten mit weniger Power fahren, damit es überhaupt funktioniert." Angesichts dessen war Ricciardos sechster Platz sicherlich das Optimum, das Red Bull im Albert Park in der Lage zu erreichen war, wenngleich dies naturgemäß niemanden wirklich zufriedenstellte.

Dr. Helmut Marko zog in Melbourne ein langes Gesicht, Foto: Sutton
Dr. Helmut Marko zog in Melbourne ein langes Gesicht, Foto: Sutton

Red Bull mietet sich bei AVL ein

Ausschlaggebend dafür, dass es so gar nicht nach Wunsch läuft, ist ein Problem mit der Motorsoftware. Die Schwierigkeiten wurden laut Marko allerdings erst mit der jüngsten Entwicklungsstufe so akut, wie sie sich derzeit darstellen, bei den Testfahrten in Barcelona habe es hingegen noch besser ausgesehen.

Wie geht es nun weiter, um wieder in die Spur zu finden? "Renault muss von der technischen Seite intern selbst eine andere Struktur aufstellen ", forderte Marko. "Das wird demnächst vielleicht passieren. Wir können auf Seiten der Simulation helfen."

Red Bull hat sich bereits ab der 19. Kalenderwoche bei AVL in Graz eingemietet, um die dort verfügbaren Prüfstände intensiv zu nutzen. "Dort gibt es Prüfstände, die akkurat Tag und Nacht arbeiten. Dort gibt es eine richtige Racing-Einstellung ohne gewerkschaftliche Behinderung", erklärte Marko auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

Zieht Dietrich Mateschitz den Stecker?, Foto: Sutton
Zieht Dietrich Mateschitz den Stecker?, Foto: Sutton

Kosten-Nutzenrechnung entscheidet

Dass im Lager der Bullen ob der schwierigen sportlichen Situation keine Hochstimmung herrscht, liegt auf der Hand. Aber auch die generelle Lage der Formel 1 bereitet dem Getränkekonzern wenig Freude.

"Die ist gegeben", antwortete Marko auf die Frage, ob Firmenboss Dietrich Mateschitz die Lust an der Königsklasse verlieren könnte. Nachsatz: "Man muss es sich genau überlegen. Es gibt ja nicht nur von unserer Seite eine Unzufriedenheit, wie die Formel 1 derzeit reglementiert und geführt wird."

Steigt Red Bull also nach mehr als zehn Jahren aus der Formel 1 aus? Aktiv werde das zwar nicht überlegt, beruhigte Marko, doch das Unternehmen führe jedes Jahr im Sommer eine Kosten-Nutzenrechnung durch, die durchaus entscheidend für das Engagement in der Königsklasse sei. "Wenn die weiterhin so negativ ausfällt, wird man sehen, was passiert", gab sich der Österreicher kryptisch.

Verkauf von Toro Rosso an Renault?

Ein Indiz dafür, dass Red Bull die Lust an der Formel 1 vergehen könnte, sind Gespräche mit Renault über eine Übernahme von Toro Rosso. "Es stimmt, dass wir mit Renault über eine andere Form der Kooperation bezüglich Toro Rosso sprechen. Es kann sein, dass die Autos komplett in Gelb fahren oder es kann auch überhaupt eine Übernahme durch Renault geben", verriet Marko.