Es ist die Hammer-Nachricht vor dem Saisonstart der Formel 1 in Australien: Fernando Alonso verpasst das erste Rennen des Jahres für McLaren. Dies gab das Team am Dienstag in einer Pressemitteilung bekannt. Stattdessen startet Ersatzmann Kevin Magnussen an der Seite von Jenson Button im MP4-30. Es ist das vorläufige Ende einer mehr als kuriosen Geschichte rund um einen Test-Unfall und zahlreiche widersprüchliche Aussagen aus dem McLaren-Lager. Motorsport-Magazin.com arbeitet chronologisch auf, was alles rund um den Spanier erzählt wurde.

Freitag, 20. Februar: Melbourne erst im Juni?

Rückblickend weist eine Aussage von Fernando Alonso nach seinem ersten Test-Tag in Barcelona einen gewissen Beigeschmack auf. An diesem Freitag testet der Spanier erstmals auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya. Alonso bringt es auf 59 Runden, hat einen positiven Tag. Darüber freut sich der zweimalige Weltmeister auch, doch eine Aussage sorgt für leicht verdutzte Gesichter: "Uns geht es ähnlich wie Red Bull im letzten Jahr: Wir hoffen, dass Australien im Juni oder Juli ist, aber es ist schon im März. Ich weiß nicht, ob wir komplett vorbereitet dort ankommen werden."

Alonso wurde nach dem Unfall ins Krankenhaus geflogen, Foto: Sutton
Alonso wurde nach dem Unfall ins Krankenhaus geflogen, Foto: Sutton

Sonntag, 22. Februar: Ein normaler Test-Unfall?

Am Sonntag der Knall: Alonso verliert in Kurve 3 die Kontrolle über sein Auto und schlägt ungewöhnlich in der Streckenbegrenzung ein. Lange herrscht Konfusion über den Hergang und Ursachen des Unfalls. Das erste Statement erfolgt von einem FIA-Sprecher: "Er wurde ins Krankenhaus gebracht, weil das Prozedere so ist und sich sicher jeder vorstellen kann, dass wir sichergehen wollen, dass alles richtig gemacht wird. Uns wurde gesagt, der Fahrer ist bei Bewusstsein und spricht mit den Ärzten."

McLaren meldet sich mehrere Stunden nach dem Crash zu Wort. Renndirektor Eric Boullier sagt: "Es geht ihm gut. Wir haben ihn zum Check ins Medical Center geschickt und dann nach dem normalen Protokoll ins Krankenhaus. Er hat einen CT-Check und einen MR-Check gemacht und alles ist in Ordnung. Zur Sicherheit bleibt er aber für 24 Stunden hier. Nichts von dem, was man lesen kann und gehört hat, ist wahr. Nichts, außer was ich gesagt habe, ist passiert."

Später am Abend gibt McLaren eine Pressemitteilung heraus, in der Boullier mit diesen Worten zitiert wird: "Fernandos Unfall war einer dieser Dinge, die beim Testen passieren."

Hier schlug Fernando Alonso in die Mauer ein, Foto: Sutton
Hier schlug Fernando Alonso in die Mauer ein, Foto: Sutton

Montag, 23. Februar: Alonso ständig bei Bewusstsein?

Einen Tag nach dem Unfall meldet sich Alonsos Manager Luis Garcia Abad gegenüber spanischen Medien zu Wort. Er ist bemüht, jegliche Brisanz aus der Angelegenheit zu nehmen. Abad sagt: "Fernando ist okay, ich erwarte keine Probleme. Der Einschlag in die Mauer ist der Grund, warum Fernando 24 bis 48 Stunden im Krankenhaus beobachtet wird. Das ist völlig normal. Fernando fühlt sich wohl und ist komplett ruhig. Das Wichtigste war, dass er während der gesamten Zeit bei Bewusstsein war."

Montag, 23. Februar: Kein Schaden am Auto?

McLaren meldet sich später am Tag mit einem Statement zu Wort, beschreibt unter anderem den Unfallhergang sowie den Verlauf. Dazu die Info: "Wir können definitiv sagen, dass es keinen Hinweis darauf gibt, dass Fernandos Auto in irgendeiner Weise einen mechanischen Schaden hatte. Die Daten haben gezeigt, dass es zu keinerlei unregelmäßiger Entladung am ERS des Autos kam, weder vor, noch nach dem Unfall."

Alonso blieb drei Tage im Krankenhaus, Foto: Sutton
Alonso blieb drei Tage im Krankenhaus, Foto: Sutton

Dienstag, 24. Februar: Kein Start beim Test?

Wieder Alonso-Manager Abad, der sich etwas bedeckter zeigt und Alonsos Teilnahme bei den letzten Barcelona-Tests nicht bestätigen kann: "Fernando geht es gut, weshalb es schwer ist ihn im Bett zu behalten. Aber wir müssen abwarten, was die Ärzte sagen. Entscheidend ist nicht, dass er den Barcelona-Test bestreitet, sondern dass er in der Lage ist, bis Ende November um die WM zu kämpfen."

Wenig später kommt heraus, dass Alonso insgesamt drei Tage im Krankenhaus bleiben wird. Abad dazu: "Der Einschlag war ziemlich hart. Wir müssen sichergehen, dass alles in Ordnung ist, weshalb ich nicht sagen kann, ob es ein, zwei oder drei weitere Tage sind."

Mittwoch, 25. Februar: Kein Start beim Test!

McLaren gibt in einer Pressemitteilung bekannt, dass Alonso nicht beim zweiten Barcelona-Test startet. "In Folge seines Test-Unfalls in Barcelona am vergangenen Sonntag können wir bestätigen, dass Fernando Alonso das Krankenhaus jetzt verlassen hat. Er ist zu seiner Familie nach Spanien gereist, um sich weiter auszuruhen und zu erholen. Er wird beim letzten Winter-Test aussetzen."

Die 2. Testfahrten in Barcelona musste er absagen, Foto: Sutton
Die 2. Testfahrten in Barcelona musste er absagen, Foto: Sutton

Donnerstag, 26. Februar: Australien auf der Kippe?

Erste Vermutungen kommen auf, dass Alonso den Saisonstart verpassen könnte. Journalisten fragen konkret bei Alonsos Manager zu Melbourne, der antwortet nur: "Wir denken im Moment nur an den Abu Dhabi GP, denn das ist das wichtigste Rennen, wenn man die Weltmeisterschaft gewinnen will." Und zu Alonsos Zustand: "Er ist okay. Er lacht, spricht, isst und tut das, was normale Leute tun. Wenn er perfekt ausgeruht ist und die Ärzte sagen, dass alles passt, dann wird er die Arbeit wieder aufnehmen."

Donnerstag, 26. Februar: Ron spricht!

Jetzt spricht Ron Dennis. Einberufene Pressekonferenz in Barcelona, der McLaren-Boss stellt sich 20 Minuten lang den Fragen der Presse. "Wir wollen weder Fernando, noch das Team schützen. Und wir wollen nichts verheimlichen", sagt Dennis, der mit der FIA über Untersuchungen zum Unfall gesprochen hat.

Obwohl es dem Spanier ausgezeichnet gehen soll, will Dennis einen Startverzicht seines Star-Piloten in Melbourne nicht kategorisch ausschließen: "Ich wüsste nicht, warum er dort nicht fahren soll, aber ich bin kein Arzt."

Freitag, 27. Februar: Villeneuve hadert

Jacques Villeneuve meldet sich in der Causa Alonso zu Wort, hegt gewisse Zweifel: "Natürlich bin ich kein Arzt und ich habe auch nicht mit Fernando gesprochen, aber die ganze Geschichte verwirrt mich. Immerhin heißt es, dass der Einschlag nicht so hart gewesen ist, sondern einfach der Winkel schlecht war. Aber McLaren hat uns schon so viel erzählt und keiner weiß, was davon wirklich wahr ist."

Dass Alonso das erste Rennen sausen lässt, kann sich der frühere Weltmeister nicht vorstellen: "Der Kopf ist nicht ein Arm oder ein Bein. Ein zweiter Schlag auf den Kopf könnte fatale Folgen haben, trotzdem wette ich, dass Alonso in Australien am Start stehen wird. Als Rennfahrer will man immer fahren."

Freitag, 27. Februar: Erstes Alonso-Statement

Fernando Alonso meldet sich während der laufenden Testfahrten in Barcelona mit einem Video-Statement zu Wort: "Wie ihr sehen könnt, bin ich komplett wohlauf. Ich wäre jetzt gerne bei den Testfahrten in Barcelona, aber die Ärzte haben mir empfohlen, ein bisschen zu warten. Ich werde mich dieses Wochenende erholen und euch in der nächsten Woche ein Update über den Fortschritt geben. Wir sehen uns sehr bald auf der Strecke, danke für eure Unterstützung."

Dienstag, 03. März: Australien-Start abgesagt

Zur Mittagszeit sorgt McLaren zumindest für eine Klarheit: Alonso startet nicht in Melbourne. In der Mitteilung heißt es: "Nach einer langwierigen Serie an Tests und Scans - einige davon zuletzt gestern Abend - haben Fernando Alonsos Ärzte ihn informiert, dass er keine Anzeichen einer Krankheit aufweist und sie keine Hinweise auf eine Verletzung sehen. Sie beschreiben ihn als vollkommen gesund aus neurologischer und kardiologischer Sicht."

Der Grund der Rennabsage sei: "Allerdings haben Fernandos Ärzte ihm empfohlen, dass er alle riskanten Faktoren, die womöglich eine weitere Gehirnerschütterung nach seiner erst vor kurzem erlittenen auslösen könnten, so gut wie möglich ausschalten soll. Daher sollte er auch die Chancen auf ein zweites Schleudertrauma minimieren, wie es die herkömmliche medizinische Behandlung bei solchen Beschwerden vorschreibt."

Der Start beim zweiten Rennen in Malaysia sei aber gesichert, wie McLaren mitteilt: "Fernandos Ärzte wissen, dass er sich fit und wohl fühlt und sich selbst als rennbereit ansieht. In diesem Fall unterstützen sie, dass er wieder mit dem physischen Training begonnen hat; mit Blick darauf, zum Malaysia Grand Prix ins Cockpit seines McLaren-Honda zurückzukehren."