Für Sauber geht der Blick 2015 nach oben. Tiefer geht es auch kaum, fuhr der Schweizer Traditionsrennstall doch nicht einen einzigen Zähler 2014 ein. Bei den zurückliegenden Testfahrten präsentierte sich Sauber zuverlässig. Das Team legte mit 5709 Kilometern die zweitlängste Distanz aller Rennställe zurück. In Jerez bescherte Felipe Nasr dem Team sogar eine Tagesbestzeit. Die Fahrer sehen klare Verbesserungen im Vergleich zum letzten Jahr.

Das Team: Sauber hat chronische finanzielle Probleme. Bei den Testfahrten fehlten Sponsorenaufkleber auf den Autos fast komplett. Bernie Ecclestone zahlt dem Team aus Hinwill einen Teil seiner (geringen) Preisgelder von 2014 bereits vor Beginn der Saison aus, damit man in Australien überhaupt an den Start gehen kann. Russische Investoren sollten dem Team helfen, ob es diese Zusammenarbeit gibt und wie diese aussieht, ist unklar.

Die Infrastruktur bei Sauber ist top. In Hinwil verfügt das Team über eine hochmoderne Basis mit einer Fläche von 15.600 Quadratmetern - Windkanal nicht eingeschlossen. Sauber profitiert hierbei noch immer vom Status als BMW-Werksteam von 2006 bis 2009. Etwa 330 Mitarbeiter beschäftigt das Team heute. Durch eine Zusammenarbeit mit Hewlett-Packard kann das Team zusätzlich auf einen neuen Supercomputer bauen, der bessere Rennsimulationen ermöglichen soll.

Monisha Kaltenborn steht bei Sauber unter Druck, Foto: Sutton
Monisha Kaltenborn steht bei Sauber unter Druck, Foto: Sutton

Ein schwerer Schlag, von dem sich Sauber bis heute nicht erholt hat, war der Abgang des Technikchefs James Key 2012. Mit dem Briten verlor das Team quasi sein Gehirn. Momentan ist Willem Toet Aerodynamikchef, Eric Gandelin fungiert als Chefdesigner.

Team-Note: ausreichend

Die Fahrer: Um die finanziellen Probleme wenigstens etwas in den Griff zu bekommen, tauschte Sauber sein Fahrer-Duo im Vergleich zu 2014 komplett aus. Esteban Gutierrez und Adrian Sutil mussten gehen, mit Felipe Nasr und Marcus Ericsson kamen zwei Fahrer mit einer großzügigen Mitgift.

Felipe Nasr kann zwar auf eine gute Nachwuchskarriere blicken, ein Formel-1-Auto ist er jedoch nur bei diversen Freitags-Trainings für Williams gefahren. Zumindest diese Zeit will er bei Sauber einbringen. "Ich habe dort natürlich einige positive Dinge gesehen, die ich zu Sauber mitnehmen kann", sagte Nasr am Rande der Tests in Jerez. "Es gibt definitiv Raum für Verbesserungen."

Das neue Fahrer-Duo bei Sauber: Felipe Nasr (l.) und Marcus Ericsson, Foto: Sutton
Das neue Fahrer-Duo bei Sauber: Felipe Nasr (l.) und Marcus Ericsson, Foto: Sutton

Nasr wird durch die Banco do Brasil unterstützt. Als Paydriver sieht sich der 22-Jährige nicht. "Ich glaube nicht, dass das irgendeinen Sinn macht", weist Nasr die Anschuldigungen, sein Cockpit bezahlt zu haben, zurück. "Sie verkaufen nicht ihre Sitze. Sie sind ein professionelles Team und suchen gute Fahrer."

Teamkollege von Nasr wird der Schwede Marcus Ericsson. Der 24-jährige Schwede bestritt 2014 seine erste Saison und kam in den ersten 16 Rennen bei Caterham zum Einsatz, ehe das Team insolvent wurde. Gegen seinen Teamkollegen Kamui Kobayashi hatte Ericsson meistens das Nachsehen.

"Ich bin stolz darauf, dass mir Sauber das Vertrauen für die Saison 2015 schenkt, zumal Sauber als Talentschmiede bekannt ist", sagte der Schwede kurz nach seiner Verpflichtung. Als beste Platzierung steht für Ericsson bislang der elfte Rang beim GP von Monaco zu Buche.

Fahrer-Note: ausreichend

Das Auto: Nach dem Flop mit dem C33, dem so gut wie in allen Bereichen die Performance fehlte, soll es mit dem C34 wieder aufwärts gehen. Bei den Testfahrten zeigte sich Sauber wiedererstarkt, Felipe Nasr gelang in Jerez sogar eine Tagesbestzeit. An den letzten vier Testtagen in Barcelona fehlte etwa eine Sekunde nach ganz vorne. Marcus Ericsson erkannte im Vergleich zum letztjährigen Auto, das er in Abu Dhabi gefahren ist, deutliche Unterschiede. "Das diesjährige Auto ist definitiv besser. Es ist viel stabiler, vor allem auf der Bremse und durch die Kurven. Das gibt dir als Fahrer mehr Vertrauen", sagte Ericsson.

Der neue Sauber C34 soll den Flop C33 vergessen lassen, Foto: Sauber
Der neue Sauber C34 soll den Flop C33 vergessen lassen, Foto: Sauber

Doch da ein Auto bekanntlich immer aus Chassis und Motor besteht, liegt auch nahe, wo es bei Sauber 2014 ebenfalls klemmte: bei der Power Unit. Ferraris Aggregat war nicht konkurrenzfähig. Auch in diesem Bereich hat Ericsson eine Weiterentwicklung ausgemacht. "Über den Winter haben sie Fortschritte gegenüber jener Power Unit gemacht, die ich in Abu Dhabi getestet habe", gab der Schwede in Barcelona zu Protokoll. "Es fühlt sich stärker zu fahren an. Ich denke, sie haben in allen Bereichen des Motors Fortschritte erzielt und das ist wirklich positiv", so Ericsson.

Auto-Note: befriedigend

Die Zuverlässigkeit: Der Sauber lief bei den Testfahrten wie ein Schweizer Uhrwerk. 5709 Kilometer bedeuteten am Ende der zwölf Tage Rang zwei in der Kilometerliste, nur Mercedes spulte mehr ab. Marcus Ericsson, der 2014 mit Caterham quasi ohne Testkilometer nach Australien kam, zeigte sich sehr glücklich.

Bei den Testfahrten lief der Sauber wie am Schnürchen, Foto: Sutton
Bei den Testfahrten lief der Sauber wie am Schnürchen, Foto: Sutton

"Als ich vor einem Jahr nach Melbourne ging, hatte ich nicht viele Runden gefahren, keine Boxenstopps trainiert, keine Rennsimulationen und so weiter. Jetzt habe ich praktisch schon zwei Rennsimulationen absolviert, dazu Long- und Short-Runs. Ich fühle mich jetzt vorbereitet", meinte Ericsson am vergangenen Samstag. Betrachtet man nur die vier Abschlusstage in Barcelona, so hat Sauber gar die meisten Kilometer zurückgelegt. Gäbe es für Fließ einen Titel, so hätte Sauber ihn sich nach den Tests durchaus verdient.

Zuverlässigkeit-Note: sehr gut

Saisonziel: Punkte, Punkte und nochmals Punkte

Pro

  • Das neue Auto ist deutlich stärker als das Vorjahresmodell
  • Zusammen mit der neuen Power Unit von Ferrari verfügt Sauber über ein gutes Paket
  • Gerade zu Saisonbeginn hilft die gute Zuverlässigkeit, von Fehlern der Konkurrenz zu profitieren

Contra

  • Die Fahrerpaarung der Schweizer gehört zu den schwächsten im Feld
  • Die Konkurrenz hat ebenfalls weiterentwickelt
  • Die schlechte finanzielle Lage lässt keinen Spielraum für Weiterentwicklungen während der Saison