Mercedes AMG hat bei den Wintertestfahrten in Spanien alles in Grund und Boden gefahren. Nico Rosberg und Lewis Hamilton ließen die Konkurrenz erblassen, indem sie überlegene Longruns auf den Asphalt knallten und die schnellsten Rundenzeiten erzielten ohne dabei auf die superweichen Reifen von Pirelli zurückzugreifen. Wie etwa Valtteri Bottas. Dem Williams-Mann, Mercedes-Verfolger Nummer eins, fehlten trotz des schnelleren Reifens stolze drei Zehntel auf die Silberpfeile.

Die schier übermächtigen Silberpfeile, möchte man ergänzen. "Wie es scheint sind sie mindestens eine halbe Sekunde vor allen anderen, was zu diesem Zeitpunkt der Saison eine harte Feststellung ist", warnt Bottas gegenüber Finnlands MTV3. Andere sprechen sogar von einer Sekunde Vorsprung auf den Rest der Welt.

Nicht Niki Lauda. Der Mercedes-Boss wiegelt ab: "Diese Saison wird wirklich interessant, es geht nicht nur um Mercedes", sagt Lauda der österreichischen Nachrichtenagentur APA. "Der Titel in der Fahrer-Weltmeisterschaft wird nicht unbedingt nur zwischen Lewis und Nico vergeben. Ein Dritter oder Vierter wird in den Kampf eingreifen", sagt Lauda.

Kann Daniel Ricciardo im Red Bull erneut die Silberpfeile ärgern?, Foto: Sutton
Kann Daniel Ricciardo im Red Bull erneut die Silberpfeile ärgern?, Foto: Sutton

Verfolger-Trio lauert

Die Eindrücke der Wintertestfahrten seien in der Formel 1 nur selten wahr. "Ich glaube nur an jene Dinge, die ich in Melbourne sehen werde", sagt Lauda. Selbstverständlich sei Mercedes natürlich trotzdem gut vorbereitet, ergänzt der Österreicher. Wenngleich Lauda mit seinem ehemaligen Team Ferrari einen dritten Widersacher - neben Williams und Red Bull - ausgemacht haben will. "Es läuft gut bei ihnen", gesteht Lauda. Und McLaren? Da sei das Gegenteil der Fall. "Aber das kann sich ganz schnell ändern", warnt der Mercedes-Aufsichtsrat.

Unterstützung erhält Lauda von einem seiner Fahrer. "Wenn du vorne liegst, versuchen deine Rivalen immer dich einzubremsen. Das ist geschehen als Red Bull dominiert hat, und auch als es Ferrari tat. Da gibt es einige Kämpfe - auch auf politischem Level", sagt Nico Rosberg der Gazetta dello Sport. So hatte die Konkurrenz in der jüngeren Vergangenheit darauf gepocht, die neue Ära der Hybrid-Motoren - das Mercedes-Steckenpferd schlechthin - sei ein Fehler, man solle sich besser wieder den V8-Aggregaten zuwenden.

"Aber es geht in der Formel 1 auch um die beste Ingenieursleistung, nicht nur um die schnellsten Fahrer", ergänzt Toto Wolff. "Du musst einfach alles daransetzen, dir den größtmöglichen technischen Vorteil zu sichern", verteidigt der Teamchef das gegenwärtige Reglement. So argumentiere er übrigens nicht nur aus Eigeninteresse. "Die Autos sind jetzt viel effizienter als vor zwei Jahren, aber fast genauso schnell geblieben", sagt Wolff und ergänzt: "Darum geht es hier doch: Innovation, technologische Revolution und den Transfer auf die Straßenautos."

Wegen Zahlungsproblemen bekam Force India den VJM08 erst am drittletzten Testtag flott, Foto: Sutton
Wegen Zahlungsproblemen bekam Force India den VJM08 erst am drittletzten Testtag flott, Foto: Sutton

Wo bleiben da die Privat-Teams?

Dafür brauche es eben ein ordentliches Budget. Doch fahren in der Formel 1 mit Williams, Sauber und Force India auch Privatrennställe. Sie müssen keinem großen Automobilhersteller im Rücken Rechenschaft ablegen, indem sie neue Technologien zur Implementierung ins Tagesgeschäft vorlegen. Stattdessen müssen diese Teams penibel genau darauf achten, keinen Euro zu viel auszugeben.

Dass die Budgets im Mittelfeld und am Ende des Feldes auf Kante genäht sind, zeigte sich zuletzt mannigfaltig. Marussia und Caterham stürzten in die Insolvenz. Lotus, Sauber und Force India kämpften ebenfalls mit ihren Mitteln, sollen zeitweilig gar mit Boykott gedroht haben. Zuletzt wurden darüber hinaus Sorgen laut, mehrere Rennställe könnten wegen Cashflow-Problemen, gerade bei den kostspieligen Übersee-Rennen am Anfang Saison, ins Straucheln geraten - was Bernie Ecclestone schnell mit einer Vorauszahlung regelte, um neuerlich feurige Diskussionen im Keim zu ersticken.

Echte Menschen, die ihre Familie ernähren müssen

Dennoch: "Die Formel 1 ist ein Haifischbecken - selbst im Kampf der kleinen Teams. Wenn eines verschwindet, bleibt mehr für anderen", kommentiert Wolff das Verhalten mancher Rennställe beim Versuch Manor Marussias wieder Fuß zu fassen. "Aber das ist nicht nett. Wir sprechen über ein Team mit echten Menschen, die ihre Familien mit ihrem Einkommen ernähren müssen. Wir müssen die Jobs sicherstellen. Alles andere ist zweitrangig. Wir freuen uns, dass Marussia bleibt", sagt Wolff.