Lehre 1: Es gibt keine Lehren

Jedes Jahr der gleiche Zirkus: Zum ersten Mal nach der Winterpause treffen sich die Teams in Jerez zum Testauftakt. Jeder in der Szene weiß, wie wenig Aussagekraft die ersten Testfahrten haben und doch wird ständig im Fahrerlager diskutiert. Hat Ferrari wirklich einen Schritt gemacht? Dreht Sauber nur Showrunden? Jeder weiß, dass es niemand weiß - und trotzdem spricht jeder darüber. Das Jerez-Testerkenntnis-Paradoxon, dem sich niemand entziehen kann.

Lehre 2: Neun Konstrukteursweltmeister

Die kurze Team-für-Team-Zusammenfassung:

Mercedes: Bester Test aller Zeiten, so viele Runden, kaum Probleme.
Red Bull: Trotz einiger Probleme und weniger Runden sagen die Fahrer, dass sich das Auto gut anfühlt. "Die ersten Eindrücke sind top!"
Williams: Wenig Probleme, Fahrer sagen Auto ein richtiger Schritt nach vorne.
Jaja, auch McLaren befindet sich voll im Zeitplan, Foto: Sutton

Jaja, auch McLaren befindet sich voll im Zeitplan, Foto: Sutton
Ferrari: Viel besser, als im Jahr zuvor. Auto gutmütig und zuverlässig.
McLaren: Fahrer sagen, dass das Auto gutes Feedback gibt, das Chassis ist top. Honda verspricht die Probleme zu lösen und jede Menge Power.
Force India: Nicht da, aber kein Problem. Mit dem altem Auto hätte der Test ohnehin nichts gebracht.
Toro Rosso: Super! Es ging nur darum, Kilometer zu sammeln. Mit jungen Fahrern soooo viel gefahren, Feedback trotz jungen Alters hervorragend.
Lotus: Ersten Testtag verpasst, den letzten vorzeitig abgebrochen. Aber Auto so viel besser als 2014 und dazu Mercedes-Power.
Sauber: Auto soooooo viel besser als im Vorjahr, auch Ferrari hat riesen Schritt mit Power Unit gemacht.

Na, fällt etwas auf? Egal wie es bei den Teams wirklich lief, alle wollen uns versichern, dass alles nach Plan läuft. Vor allem bei McLaren nimmt das eigenartige Züge an.

Lehre 3: Neuwagen neu definiert

Wo soll der bitte beschädigt sein?, Foto: Motorsport-Magazin.com
Wo soll der bitte beschädigt sein?, Foto: Motorsport-Magazin.com

Beim Abholen des Leihwagens wollten die Angestellten des Autovermieters gar keine richtige Fahrzeugübergabe machen. "Das Auto hat eh keine Schäden, das ist noch ganz neu!" Ganz so neu war es dann aber doch nicht. Nachdem ich reklamiert habe, wurden noch acht Schäden in das Übernahmeprotokoll aufgenommen. Kleiner Trost für die Scherereien: Ich wurde upgegradet und bekam eine Fahrzeugkategorie höher.

Lehre 4: Deutschland - England 1:0

Bei den Rennen kleben solche Aufkleber auf de Tischen, Foto: Motorsport-Magazin.com
Bei den Rennen kleben solche Aufkleber auf de Tischen, Foto: Motorsport-Magazin.com

Ich reiste bereits am Freitag nach Jerez, um für alle möglichen Präsentationspläne der Teams gewappnet zu sein. Als das Media Center am Samstag seine Pforten öffnete, war ich der Erste, der sich einen der begehrten Plätze am Fenster zur Boxengasse sicherte. Normalerweise sucht man sich einen Platz aus und bleibt dann für den Rest der Tage dort. Bei den Rennen werden spezielle Aufkleber auf den Tischen angebracht, damit es nicht zu Missverständnissen kommt. Bei den Testfahrten gibt es so etwas nicht. Zwei britische Kollegen wollten das ausnutzen und setzten sich am zweiten Testtag einfach auf meinen Platz. Der Putzdienst hatte über Nacht auch noch sämtliche selbst gemachten Platzschilder entfernt. Trotz Diskussionen - schließlich hatte ich auch schon längst für das Internet auf diesem Platz gezahlt - wollten die Briten nicht weichen. Obwohl die Formel 1 auch bei den Journalisten ein umkämpftes Umfeld ist, gibt es aber trotzdem noch Kollegialität. Der Kollege Grüner bekam von der Diskussion mit und half dabei, die Briten wieder zu verscheuchen. Danke!

Lehre 5: Keine 90 Millionen für Hamilton - zumindest nicht Dollar

90 Millionen soll Lewis Hamilton fordern, Foto: Motorsport-Magazin.com
90 Millionen soll Lewis Hamilton fordern, Foto: Motorsport-Magazin.com

Toto Wolff sagt, was er sich denkt. Er zeigt aber auch, was er sich denkt. Als er an der Glasfassade der Mercedes-Hospitality saß und mich draußen vorbeigehen sah, winkte er mir fröhlich zu. Statt nur zurückzuwinken, schrieb ich eine Summe auf meinen Notizblock und zeigte sie Wolff: 90 Millionen Dollar. Diese Summe machte an jenem Tag die Runde, weil Lewis Hamilton angeblich so viel für einen Dreijahresvertrag verlangen soll. Wolffs Reaktion? Er zeigte mir lächelnd den Vogel. Ob es vielleicht sogar 90 Millionen Pfund sind? Wir werden Wolff demnächst mal fragen.