35. Todestag von Gilles Villeneuve (01:19 Min.)

Gilles Villeneuve musste in seiner Karriere um alles kämpfen - nur seinen unbändigen Grundspeed und das scheinbar unerschöpfliche fahrerische Talent bekam er in die Wiege gelegt. Am 18. Januar 1950 wurde er in Saint-Jean-sur-Richelieu im französischsprachigen Teil Kanadas geboren. In jungen Jahren waren es zunächst Schneemobilrennen, die ihn zum Motorsport brachten. Parallel dazu sammelte er mit 17 in einem aufgemotzten Ford Mustang in der regionalen Drag-Szene erste Erfahrungen auf vier Rädern.

F1-Debüt mit McLaren

Bald jedoch packte Villeneuve die Leidenschaft für echte Asphaltrennen. Nachdem er die nordamerikanische Formel Atlantic gewonnen hatte, fuhr er 1977 sein erstes Formel-1-Rennen im McLaren in Silverstone. Es blieb sein einziger Grand Prix für das Team, denn schon beim darauffolgenden Kanada GP saß er im Ferrari. Auch 1978 ging der Pilot für die Scuderia an den Start. Nach vielen Ausfällen zu Saisonbeginn verbesserte sich seine Performance im Verlauf des Jahres zusehends. Beim Österreich GP fuhr Villeneuve als Dritter erstmals aufs Podest. Beim Saisonfinale auf dem damals neuen Circuit Ile Notre-Dame in Montreal konnte er sogar gewinnen. Die Strecke wurde später nach ihm benannt.

Villeneuve fuhr immer auf der letzten Rille, immer über dem Limit und machte niemals den Anschein, vor etwas Angst zu haben. Die Tifosi waren von so viel Mut und Hingabe tief beeindruckt. Weggefährte und Ex-F1-Pilot Chris Amon sagte einmal: "Im Rennauto kannte Gilles keine Furcht. Sein Mut rührte aber eher vom sachlichen Akzeptieren des Risikos als von Ignoranz oder mangelnder Einsicht. Er wusste, wie es war, sich zu verletzen - aber er akzeptierte das." Den besten Beweis für seinen ungebrochenen Wagemut lieferte Villeneuve in seiner zweiten vollständigen Ferrari-Saison 1979. Unvergessen bleibt sein rundenlanger Zweikampf mit Rene Arnoux auf dem Weg zu Platz zwei in Dijon, legendär auch sein Auftritt im niederländischen Zandvoort wenige Wochen später.

So liebten die Tifosi ihren Villeneuve: Wie in Zandvoort 1979 war er durch nichts zu stoppen, Foto: Sutton
So liebten die Tifosi ihren Villeneuve: Wie in Zandvoort 1979 war er durch nichts zu stoppen, Foto: Sutton

Liebling der Tifosi

Villeneuve war aufgrund eines Reifenschadens von der Strecke gerutscht. Er fuhr jedoch unbeeindruckt davon aus den Fangzäunen und dem Kiesbett heraus zurück auf die Strecke, um das Rennen auf drei Rädern wieder aufzunehmen. Physikalische Grenzen ignorierend setzte der in seiner eigenen Welt lebende Rennfahrer den Grand Prix fort, bis schließlich die komplette Radaufhängung seines Ferrari in Fetzen dem Boliden hinterherschleifte. Neben der Vizeweltmeisterschaft 1979 sicherte sich Villeneuve in seiner F1-Karriere insgesamt zwei Pole Positions und sechs Siege, darunter 1981 den Monaco GP.

1982 hatte der zweifache Vater, dessen Sohn Jacques 1997 die Formel-1-WM gewann, mit dem Ferrari 126C2 erstmals nach zwei durchwachsenen Saisons wieder das Material, um nach dem Titel zu greifen. Gemeinsam mit seinem schnellen Teamkollegen Didier Pironi, der bereits in der Vorsaison zur Scuderia gestoßen war, rieb er sich jedoch in einem erbitterten internen Duell auf. Zwischen den beiden Stars entwickelte sich eine große Rivalität, die in den kontroversen Ereignissen beim Großen Preis von San Marino in Imola in jenem Jahr gipfelte. Um Sprit zu sparen, hatte die Scuderia ihre beiden in Führung liegenden Piloten angewiesen, die Pace an der Spitze herauszunehmen und den Doppelerfolg sicher ins Ziel zu bringen.

Der Zweitplatzierte Pironi brach jedoch den "Nichtangriffspakt" und überholte Villeneuve in der letzten Rennrunde in der Tosa-Kurve, um diesem den Sieg wegzuschnappen. Der Kanadier war anschließend zutiefst enttäuscht und sprach mit seinem französischen Stallkollegen kein Wort mehr. Keke Rosberg erinnerte sich Jahre später: "Gilles war wahrscheinlich der verrückteste Bastard, den ich jemals getroffen habe. Im Vergleich zu Prost oder Lauda war er ein ganz anderer Typ Fahrer. Das Siegen bedeutete auch ihm alles, aber es zählte auch die Art und Weise, wie er gewann. Er nahm jedes Rennen als neue, ganz persönliche Herausforderung. Er war ein unglaublich harter Racer, aber immer fair."

Die Tragödie von Zolder

Beim folgenden Rennen wollte Villeneuve zurückschlagen, doch dazu kam es nicht mehr. Im Qualifying zum Großen Preis von Belgien war Villeneuve auf einer schnellen Runde unterwegs, als er auf den langsamen March-Ford von Jochen Mass auflief. Als der Deutsche Villeneuve im Rückspiegel sah, wechselte er auf die rechte Spur, um dem Ferrari links die Rennlinie zu überlassen. Der Kanadier hatte sich jedoch schon dazu entschieden, Mass vor der folgenden Rechtskurve innen zu überholen und seinerseits die Spur gewechselt. Villeneuve konnte nicht mehr ausweichen, krachte in das Heck des Vordermannes und stieg in die Luft auf. Mit einer Geschwindigkeit von über 200 km/h schlug sein Bolide auf der Wiese neben der Fahrbahn auf und zerbarst in seine Einzelteile.

In Zolder schlug das Schicksal eiskalt zu, Foto: Sutton
In Zolder schlug das Schicksal eiskalt zu, Foto: Sutton

Villeneuve verlor dabei seinen Helm und wurde mitsamt der Sitzschale, an die er immer noch geschnallt war, im hohen Bogen über die Fangzäune geschleudert. Man flog ihn sofort mit dem Helikopter in das Universitätskrankenhaus der nahegelegenen Stadt Löwen, wo das medizinische Personal einen Genickbruch feststellte. Trotz der sofort eingeleiteten lebenserhaltenden Maßnahmen erlag der 32-Jährige am 8. Mai 1982 um 21.12 Uhr seinen schweren Verletzungen. In Maranello bauten sie Gilles Villeneuve anschließend ein Denkmal - dem Liebling von Enzo Ferrari, dem Liebling der Tifosi... der unvergessenen Nummer 27.