Sie lieben und sie hassen sie: Kommentatoren. Jeder Formel-1-Fan kommt unweigerlich mit den Formel-1-Kommentatoren in Berührung. Deutschsprachige Fans haben eine große Auswahl: Insgesamt vier Sender übertragen die Königsklasse des Motorsports. Motorsport-Magazin.com traf sich mit allen vier deutschsprachigen Kommentatoren. Heute stellen wir Ihnen Michael Stäuble vom SRF vor.

Südamerika statt Speditionsbrüo

Michael Stäuble ist wohl der extreme Quereinstieg aller deutschsprachigen Kommentatoren gelungen. Da können die abgebrochenen Medizin- und BWL-Studien einpacken. Stäuble machte zunächst eine kaufmännische Lehre und arbeitete in einer Spedition. Lange dauerte es aber nicht, da überkam ihn die Abenteuerlust.

Michael Stäuble wollte immer zum Fernsehen, Foto: SRF
Michael Stäuble wollte immer zum Fernsehen, Foto: SRF

Als in der Schweiz Lokalradios richtig aufkamen, wollte auch Stäuble sein Glück in dieser Branche versuchen. "Da habe ich mir gedacht: Medien, das würde mich reizen." Gesagt, getan. Eine erste Bewerbung beim Fernsehen war aber aussichtslos. "Ohne Erfahrung musste ich dort Sprachtests machen. Zuvor hatte ich noch nie in ein Mikrofon gesprochen. Da bin ich hochkant rausgeflogen", erinnert er sich an seine Anfänge.

Beim Radio hatte der heute 55-Jährige mehr Erfolg. "Ich hatte mir fest vorgenommen, nur mit einem Rucksack eine große Südamerikareise zu machen. Ich habe dann wirklich sämtliche Zelte abgebrochen, die Wohnung verlassen, die Stelle bei der Spedition aufgegeben und bin auf Reisen gegangen. Jemand vom Lokalradio hat mir ein Aufnahmegerät mitgegeben und gesagt: Du bist jetzt unser Korrespondent da unten, schicke doch ab und zu einen Bericht."

Nach vier Jahren in der Spedition arbeitete Stäuble von 1985 bis 1991 beim Radiosender Munot. Parallel machte er als freier Mitarbeiter erste Gehversuche beim SRF. Bis sich 1993 die ganz große Chance auftat: "Ich hatte damals Ski Alpin kommentiert. Dann wurde bei der Formel 1 etwas frei und das war die Gelegenheit. Da musste ich mich sofort bewerben!" Sein Kommentatoren-Vorgänger hatte übrigens von der Formel 1. "Ich gehe zu einer Bank und mache dort Sportsponsoring. Da verdient man mehr", hatte er Stäuble gesagt.

Seit 1993 reist Stäuble nun mit dem Formel-1-Zirkus um die Welt. Bis 2007 mit Hans Markus Tschirren, seitdem kommentiert er das Geschehen meist alleine, wenn nicht Sebasien Buemi als Experte aushilft.

Hey, was machst du hier eigentlich?

In den 22 Jahren hat der in Schaffhausen geborene Journalist schon die ein oder andere lustige Situation erlebt. Im Vergleich zu RTL ist der Aufwand, den das SRF für die Formel 1 betreibt, gering. Während der Kölner Privatsender mit rund 40 Leuten bei jedem Rennen vor Ort ist, muss sich Stäuble mit 2 Kollegen an der Strecke begnügen. Deshalb muss er auch von der Kommentatorenkabine in den Paddock laufen, um sich selbst um die Interviews zu kümmern.

Kameramann und Techniker machen sich schon früher auf den Weg in den Paddock, um für die Interviews bereit zu sein. "Einmal standen Kameramann und Techniker einfach mit Mikrofon vor Felipe Massa. Dann hat der Massa gefrag: Hey, wo ist euer Journalist? Es war so eine Komik in der Situation. Massa kam später zu mir und hat mich gefragt: Hey, was machst du eigentlich hier?"

Manchmal ist es auch andersrum. Als Jacques Villeneuve 1997 Weltmeister wurde, machte sich Stäuble auf den Weg in die Mixed Zone. Regeln gibt es da heute noch wenige, damals allerdings noch weniger. "Plötzlich stand Villeneuve vor mir und ich habe damit begonnen, ihn zu interviewen", erinnert sich Stäuble. "Alle anderen standen nur da und keiner hat angefangen, ihn zu interviewen. Später ist mich der kanadisch Kommentator angegangen: Was mir da einfällt, er sei doch der Heimkommentator und ich schnappe ihm da einfach den Villeneuve weg." Das Verhältnis zwischen dem kanadischen Kommentator und Stäuble hat sich inzwischen wieder normalisiert.

"Manchmal rede ich zu viel"

Auch wenn Stäuble im Winter Ski Alpin kommentiert, sein Herz hängt vor allem am Motorsport. "1967 war ich Fan von Denny Hulme. Ich kann nicht einmal sagen warum, aber als er Weltmeister geworden ist, war ich richtig happy. Da war ich gerade einmal acht Jahre alt." Eigentlich hätte der 55-Jährige auch gar keine kaufmännische Lehre machen müssen. Sein Werdegang zeichnete sich schon im heimischen Spielzimmer ab. "Als kleines Kind habe ich schon meine Eltern genervt, weil ich mit den Autos auf dem Boden gespielt habe, Rennen gefahren bin und dabei noch meinen Senf dazu gegeben habe. Für meine Eltern war das nicht so toll", erzählt er.

"Ich bin sicherlich sehr emotional", sagt Stäuble über seinen eigenen Kommentatorenstil. Selbstironisch sagt er: "Manchmal rede ich zu viel - das sagen die Chefs noch immer. Aber ich bin begeisterungsfähig und das versuche ich auch so rüberzubringen."

Was wäre aus ihm geworden, würde er heute nicht für das Schweizer Fernsehen die Formel 1 kommentieren? "Das ist eine gute Frage. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich es bei der Spedition ausgehalten hätte, auch wenn es dort spannend war. Aber es ist natürlich nicht vergleichbar mit dem, was ich hier mache. Ob ich jetzt noch irgendwo bei der Spedition wäre? Vielleicht. Wenn es nach meinen Eltern gegangen wäre sicher. Die hätten mich gerne bei der Spedition, bei der Post oder bei der Bank gesehen."

Am Sonntag stellen wir Ihnen Ernst Hausleitner vom ORF vor.