Jedes Jahr drängt sich aufs Neue die gleiche Frage auf: Wer wird Weltmeister? Die Motorsport-Magazin.com-Redakteure haben ihren Tipp zu Saisonbeginn 2014 abgegeben. Und jetzt, wo sich das Jahr zu Ende neigt, lösen wir auf, wer Recht hatte und wer sich mit einem gänzlich falschen Tipp gehörig blamierte.

Samy Abdel Aal: Als Kimi-Verehrer verbietet sich mir eigentlich ein Tipp gegen den eigenen Liebling, aber ich komme nicht um das Gefühl herum, dass sich Lewis nach 2008 seinen zweiten Titel schnappt. Er scheint motiviert, der Mercedes ist klar und deutlich das beste Auto im Feld und die Konkurrenz strauchelt gehörig. Mit Hamilton als Weltmeister könnte ich ehrlich gesagt mehr als nur gut leben, denn wer die Red-Bull-Langeweile letztlich durchbricht, ist mir dann auch egal. Ein Gutes hätte Hamiltons Titelgewinn sicher für alle: Die Zeit für pausenlose 'Twitterei' und Roscoe-Videos würde sicher etwas knapper...

Das wurde draus: Richtig getippt, aber Pech gehabt. Die Zahl an Roscoe-Tweets schien mit jedem Sieg sogar noch zuzunehmen...

Sönke Brederlow: Eine Prognose über den Ausgang der Weltmeisterschaft zu treffen ist schwierig. Sicher ist, dass Mercedes nicht nur das schönste Auto, sondern auch das stärkste Paket hat. Die Power-Unit der Silberpfeile scheint zu funktionieren und die Fahrerpaarung bleibt im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Doch die Saison ist lang. Red Bull und Ferrari haben lange genug Zeit, um den Anschluss zur Spitze herzustellen. Sollten sie nach den katastrophalen Testfahrten nun zügig nachlegen können, wird der Kampf um die WM-Krone zu Saisonende noch einmal spannend. Dennoch bin ich mir sicher: Nico Rosberg holt 2014 mit Mercedes seinen ersten Weltmeistertitel in der Formel 1!

Das wurde draus: Sorry, Sönke. Da hast du in jeder Hinsicht falsch gelegen. Auf die "zügige" Aufholjagd von Renault und Ferrari warten wir noch immer. Aber wenigstens eines stimmt: sie haben noch lange Zeit, um den Anschluss an die Spitze zu schaffen... wahrscheinlich bis zum neuen Motorenreglement 2020.

Kerstin Hasenbichler: Mein Herz wünscht Kimi Räikkönen den Titel. Die Sensation wäre perfekt, wenn der Finne nach seiner Rückkehr zu Ferrari, den Titel nach Maranello holt. Mein Verstand sagt mir allerdings, dass der Titel dieses Jahr wohl über einen der beiden Mercedes-Piloten geht. In diesem Fall drücke ich Lewis die Daumen.

Das wurde draus: Da hat der Verstand (leider) über das Herz gesiegt. Aber warten wir es ab, schließlich weiß Kimi, was er tut...

Wer ist der Tippkönig oder die Tippkönigin der Redaktion?, Foto: Motorsport-Magazin.com
Wer ist der Tippkönig oder die Tippkönigin der Redaktion?, Foto: Motorsport-Magazin.com

Stephan Heublein: Lewis Hamilton! Das habe ich vor einem Jahr getippt. Angriffslustig, sauschnell und Hundeliebhaber - eigentlich konnte bei dem Tipp doch gar nichts schief gehen... Der Silberpfeil war 2013 noch nicht so weit - das ist in dieser Saison anders! Klar, Tests sind nur Tests, aber die Power Unit aus Brixworth scheint der Konkurrenz um Meilen voraus zu sein. Schafft es Lewis also diesmal? Nein. Ich setze auf seinen Teamkollegen Nico Rosberg. Er hat gegen Hamilton und einen gewissen Michael Schumacher (wenn auch nicht mehr in Bestform) bewiesen, dass er das Zeug zum ganz Großen hat. In diesem Jahr muss er es beweisen - sonst wird es vielleicht nie etwas...

Das wurde draus: Schade, Stephan. Wärst du doch nur beim ersten Tipp geblieben! Mit dem letzten Satz könntest du jedoch Recht behalten...

Michael Höller: Jetzt ist Mercedes dran! Weil Red Bull schwächelt und Ferrari es wieder einmal nicht so gut gebacken bekam wie die Konkurrenz, schlägt 2014 die große Stunde der Silberpfeile. Gerade in der ersten Saisonhälfte führt kein Weg an Lewis Hamilton und Nico Rosberg vorbei. Wer am Ende die Nase vorne hat? Hamilton. Weil er der aggressivere Fahrer ist und im Gegensatz zu Rosberg die psychischen Belastungen eines Titelkampfes kennt.

Das wurde draus: Fast perfekt, allerdings führt bis vermutlich 2016 kein Weg an den Silberpfeilen vorbei...

Weltmeister 2014: Lewis Hamilton, Foto: Mercedes-Benz
Weltmeister 2014: Lewis Hamilton, Foto: Mercedes-Benz

Annika Kläsener: Ein Sieg, vier weitere Podestplätze, fünf Pole Positions und eine schnellste Rennrunde - wenn sich Lewis Hamilton mit diesen Leistungen im vergangenen Jahr bei Mercedes gerade einmal warm gefahren hat, dann muss sich die Konkurrenz 2014 warm anziehen. "Ich bin heißer denn je zuvor", warnt er die Rivalen vor dem Saisonauftakt. Sechs Jahre nach seinem ersten Titelgewinn könnte er sich im heiß diskutierten Saisonfinale in Abu Dhabi erneut die Krone aufsetzen - mit mehr als einem Punkt Vorsprung. Sollte Felipe Massa wie 2008 Vize-Champion werden - was ich nicht ausschließen würde - gäbe es mit Sicherheit Martini statt Tränen.

Das wurde draus: Richtig getippt, aber statt Martini gab's zum Saisonende nur Rosenwasser für Massa.

Nico Pappelau: Noch nie war ich mir vor einem Saison-Start so unsicher, was den Favoriten angeht. In den letzten Jahren war man mit Sebastian Vettel und Red Bull immer auf der sicheren Seite. Mal schauen, was für die Dauerweltmeister nach dem Horror-Winter geht. Ich sehe in diesem Jahr mehrere Favoriten: Kimi Räikkönen im Ferrari, Lewis Hamilton im Mercedes und wer weiß, was Kevin Magnussen alles schaffen kann. Ihm traue ich zu, als Rookie für das ein oder andere Highlight zu sorgen. Gespannt bin ich auch auf die Performance von Felipe Massa im klar schönsten Auto und Nico Hülkenberg bei seiner Rückkehr zu Force India. Habe ich jemanden vergessen? Ach ja, Max Chilton: Mal sehen, ob er seinen tollen Rekord aus dem Vorjahr wiederholen kann und erneut alle Rennen beendet!

Das wurde draus: Tja, Nico. Du bist leider disqualifiziert. Meinst du wirklich, du kommst so einfach davon, einfach keinen WM-Tipp abzugeben und stattdessen das halbe Feld aufzuzählen?

Massa war zwar auf dem Podest, aber Siege oder WM-Titel waren nicht greifbar, Foto: Sutton
Massa war zwar auf dem Podest, aber Siege oder WM-Titel waren nicht greifbar, Foto: Sutton

Marion Rott: Ich gehe jetzt einfach mal aufs Ganze und setze auf Felipe Massa. Williams war während der Testfahrten eines der stärksten Teams in Sachen Zuverlässigkeit und Massa setzte die schnellste Runde der gesamten Tests. Vielleicht brauchte der Brasilianer nach acht Jahren Ferrari einfach wieder frischen Wind. Sebastian Vettel und Red Bull werden sicher noch aufschließen und auch Mercedes darf man sicher nicht außer Acht lassen. Aber Williams hat bereits bewiesen, dass es Titel gewinnen kann. 20 Jahre nach Ayrton Sennas Tod würde sich ein Kreis schließen, wenn ein Brasilianer im Williams vollendet, was Senna nicht mehr gelang.

Das wurde draus: Nix. Tut uns leid, Marion. Massa und Weltmeister - das passt einfach nicht. Stattdessen hätte der Williams-Motorenpartner etwas mehr Beachtung verdient gehabt....

Philipp Schajer: Es mag nicht sonderlich kreativ sein, aber ich springe auf den Mercedes-Bandwagon auf. Wer bei den Testfahrten gute Zeiten fährt und gleichzeitig praktisch keine technischen Probleme hat, während die anderen Teams quer durch die Bank schwächeln - ein großes Lob an die Jungs in Brackley und Brixworth an dieser Stelle -, muss sich den Titel eigentlich nur abholen. Teamintern wird Lewis Hamilton die Nase vorne haben - alleine schon deshalb, weil ich mich auf Bilder von Roscoe im WM-Pokal freue.

Das wurde draus: Schade, so gut getippt und dann passte der pummelige Roscoe nicht in den Pokal... wie wäre es mit einem Chihuahua?

Fabian Schneider: Die Testfahrten haben uns so gut wie gar nichts gelehrt, zu viel hat sich in der Formel 1 verändert. Williams und Mercedes haben den Ton angegeben, die Konkurrenz bescheinigte dem Red Bull aber auch, in den Kurven richtig schnell zu sein. Man wagt es sich gar nicht, vor dem Saison-Start ein Prognose abzugeben. Macht es Vettel schon wieder? Denkbar wäre es. Gelingt Felipe Massa im Williams das große Wunder? Nein, denn am Ende wird es Nico Rosberg machen, der vor allem im ersten Drittel der Saison von seinem standfesten Mercedes profitieren wird.

Das wurde draus: Wäre die Saison schon nach dem ersten Drittel vorbei gewesen, hättest du mit Rosberg Recht gehabt. Aber Bernie hatte andere profitablere Pläne für den Rennkalender...

Magnussen war ein schlechter Tipp, Foto: Sutton
Magnussen war ein schlechter Tipp, Foto: Sutton

Robert Seiwert: Der Weltmeister 2014 heißt Kevin Magnussen. Haltet mich für verrückt, aber der Junge besitzt so viel Potenzial wie ein gewisser Lewis Hamilton. Hamilton und McLaren, da war doch mal was... Der junge Däne schafft das Kunststück allerdings schon im Rookie-Jahr. Nach den Vettel-Jahren wird es Zeit für eine Wachablösung an der Spitze, und was würde zur umwälzenden Regeländerung besser passen als ein Weltmeister, mit dem niemand gerechnet hat.

Das wurde draus: Hahaha. Test- und Ersatzfahrer statt Weltmeister!

Stephan Vornbäumen: Sebastian Vettel wird zum fünften Mal in Folge Weltmeister der Formel 1. Adrian Newey & Co. werden ihren momentanen Rückstand im Laufe der Saison aufholen. Zur Not kann Vettel ja im letzten Rennen doppelte Punkte einfahren und anschließend mit einem fünffachen Donut die Titelverteidigung feiern. Red Bull wird allerdings nicht den fünften Konstrukteurs-Titel holen, da sind andere Fahrer-Paarungen stärker einzuschätzen. Die beiden Mercedes- und Ferrari-Piloten werden sich um die Plätze zwei bis fünf duellieren. Nico Hülkenberg wünsche ich eine erfolgreiche Saison und anschließend einen Wechsel zu einem Top-Team. Geheimtipp ist natürlich Cocktail-Williams. Massa wird im bianco-farbenen Renner trocken einige Punkte holen.

Das wurde draus: Voll daneben! Seb konnte den Titel noch nicht mal mit dem Fernglas erspähen. Stattdessen sah er stets nur das Zahnpastalächeln eines Honigdachses.