"Gewinnen ist Teil der Ferrari-Historie, aber man kann nicht immer gewinnen", sagte FIA-Präsident und Ex-Teamchef Jean Todt in einem Interview mit dem italienischen TV-Sender Rai.

Der letzte Ferrari-Sieg, Foto: Sutton
Der letzte Ferrari-Sieg, Foto: Sutton

12. Mai 2013: Fernando Alonso gewinnt den Großen Preis von Spanien. In den 582 Tagen seit diesem Datum hat sich einiges getan: Die Formel 1 braucht inzwischen 30 Prozent weniger Benzin, Mercedes hat 19 Siege und zwei Weltmeisterschaften gewonnen, Fernando Alonso fährt inzwischen für McLaren und Sebastian Vettel für Ferrari. Doch es gibt auch noch Konstanten im Motorsport: Die Anzahl von Ferraris Siegen in der Formel 1 ist seit besagtem Datum gleich geblieben.

Für Maranello eine Katastrophe. Deswegen muss der konstanten Erfolglosigkeit mit inkonstanter Personalpolitik entgegengesteuert werden. Nach 21 Jahren Amtszeit ist Luca di Montezemolo Geschichte. Stefano Domenicali war nicht ganz so lange Teamchef, hatte aber auch schon ein paar Ferrari-Krisen mitgemacht, bevor er 2014 seinen Hut nehmen musste. Marco Mattiacci hingegen musste nur kurz leiden, ehe er seines Amtes enthoben wurde. Domenicali, Montezemolo und Mattiacci sind nur die Spitze des schmelzenden Eisbergs.

Jean Todt sieht es nicht so düster wie viele anderen, Foto: Sutton
Jean Todt sieht es nicht so düster wie viele anderen, Foto: Sutton

Doch nicht jeder sieht die Lage der Nation Ferrari so düster. Ex-Teamchef und FIA-Präsident Jean Todt zum Beispiel. "Ferrari ist nicht krank", sagte er in dem leicht merkwürdig wirkendem Interview. "Das wird alles ein bisschen übertrieben", fügte er an.

Die Übertriebenen Reaktionen aus Italien kennt Todt noch bestens. Nach einer beispiellosen Erfolgsserie mit sechs Konstrukteurstitel und fünf Fahrertitel in Folge meinte der ein oder andere, Ferrari sei nicht mehr erfolgshungrig genug. "Aber in Wahrheit existiert so etwas wie Genugtuung in einer solchen Situation nicht."

Parallelen: 2015 wie 1995

"Wir kennen alle den großartigen Charme, der von Ferrari in die ganze Welt ausgeht, aber noch viel mehr in Italien. Dort ist es eine sehr emotionale Angelegenheit", weiß Todt. Der Franzose weiß, wovon er spricht. 1993 übernahm er das Amt des Teamchefs bei der Scuderia. Damals hatte die Mythosmarke seit 1008 Tagen keinen Sieg mehr gefeiert. Der letzte Ferrari-Sieger Alain Prost wurde Ende 1991 entlassen, weil er den Formel-1-Ferrari mit einem Lastwagen verglichen hatte.

Todt musste 1993 ersteinmal aufräumen, Foto: Sutton
Todt musste 1993 ersteinmal aufräumen, Foto: Sutton

"Die Faszination bedeutet manchmal, dass Ferrari Entscheidungen schneller trifft, als andere Teams", gibt Todt zu. Doch diese Entscheidungen dürften jetzt nicht zu extream ausfallen, meint er: "Man kann sagen, dass Ferrari vielleicht jemand ist, der ein bisschen müde ist und deshalb zum Arzt gehen sollte. Aber die Situation muss im Detail analysiert und ein Plan zur Verbesserung gemacht werden - ohne eine Revolution."

Dabei gab es unter Todt selbst 1993 eine Revolution. Die Parallelen sind unübersehbar. Todt holte 1995 Michael Schumacher als Doppelweltmeister von Benetton zu Ferrari. 2015 kommt Sebastian Vettel als vierfacher Weltmeister von Red Bull zu Ferrari. Schumacher brachte auch noch ein ganzes Techniker- und Ingenieursrudel mit. Ohne Zweifel wird Neu-Teamchef Maurizo Arrivabene daran arbeiten, die Parallelen an dieser Stelle auszubauen.

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