Mit dem Lied "Rise like a Phoenix" gewann Conchita Wurst in diesem Jahr den Eurovision Song Contest. Zum Gewinn der Weltmeisterschaft reichte es für Williams 2014 zwar nicht, doch die Wiederauferstehung des britischen Traditionsrennstalls hatte durchaus etwas vom Phönix aus der Asche.

Verzeichnete Williams 2013 mit nur mageren fünf Punkten noch das schlechteste Ergebnis in der gleichermaßen langen wie ruhmreichen Geschichte des Teams, wurden in der vergangenen Saison stattliche 320 Zähler auf das Konto geschaufelt, womit man in der Konstrukteurs-Wertung den dritten Rang belegte und Ferrari sowie McLaren hinter sich ließ. Besser schnitt Williams zuletzt in der Saison 2003 ab, als der Vize-Titel errungen wurde.

Rob Smeldey: Ein Puzzlestück des Erfolgs, Foto: Sutton
Rob Smeldey: Ein Puzzlestück des Erfolgs, Foto: Sutton

Das Team: Nach der Horrorsaison 2013 war klar, dass sich in Grove einige Dinge ändern mussten. Williams investierte in großem Maße in Personalressourcen, warb zahlreiche Ingenieure von der Konkurrenz ab. Innerhalb weniger Monate stießen Jakob Andreasen von Force India, Craig Wilson von Mercedes, Rod Nelson und Dave Wheater von Lotus sowie Shaun Whitehead von Red Bull zum Traditionsrennstall.

Die neuen Ingenieure arbeiteten unter der Leitung von Technikchef Pat Symonds, der bereits im Sommer 2013 bei Williams angeheuert hatte und ein schlagkräftiges Team formte. Noch einmal nachhaltig verstärkt wurde diese Mannschaft durch die Verpflichtung von Rob Smedley. Der langjährige Renningenieur von Felipe Massa bei Ferrari nahm die Rolle des Head of Vehicle Performance ein.

Um sich die Neuaufstellung des Rennstalls leisten zu können, der zwar offiziell weiterhin von Teamchef Frank Williams geführt wird, tatsächlich hat mittlerweile seine Tochter Claire die Zügel in der Hand, war es notwendig, neue Geldgeber an Land zu ziehen. Allen voran gelang dies mit dem Engagement des Spirituosen-Herstellers Martini, der als Hauptsponsor gewonnen werden konnte und für eine neue Lackierung des Boliden verantwortlich zeichnete. Das Dunkelblau vergangener Jahre war Geschichte, fortan dominierte Weiß mit dem markanten Martini-Streifen.

Martini ist zurück in der Formel 1, Foto: Sutton
Martini ist zurück in der Formel 1, Foto: Sutton

Das Auto: Die neue personelle Aufstellung war allerdings nur ein Grund für den sportlichen Höhenflug. Mindestens genau so großen Anteil hatte der Umstand, dass Williams die Partnerschaft mit Renault auflöste und auf Power Units aus dem Hause Mercedes setzte, womit man über den mit Abstand besten Antriebsstrang im Feld verfügte.

Punkten konnte der FW36 dank des starken Motors aus Brixworth vor allem auf High-Speed-Strecken, die Aerodynamik blieb hingegen bis zuletzt eine Schwachstelle des Boliden. "Die aerodynamische Performance des Autos ist nach wie vor das A und O in der Formel 1. Für einen starken Antrieb hat Mercedes gesorgt, aber wenn wir weiter aufschließen wollen, müssen wir uns in diesem Kernbereich zwingend verbessern", ist Smedley bewusst.

Die Fahrer: Williams gab 2014 erneut Valtteri Bottas die Chance und der Finne sollte dieses Vertrauen mehr als nur zurückzahlen. Bottas erwies sich als die zu Fleisch gewordene Konstanz, schied nur einmal aus und sammelte in 17 von 19 Rennen Punkte. Besonders erfolgreich war der Finne in den Sommermonaten, als er vier seiner sechs Podiumsplatzierungen einfuhr. Der Lohn: Platz vier in der Fahrer-Weltmeisterschaft.

Felipe Massa hatte einige brenzlige Momente zu überstehen, Foto: Sutton
Felipe Massa hatte einige brenzlige Momente zu überstehen, Foto: Sutton

Mit Felipe Massa bekam Bottas einen neuen Teamkollegen zur Seite gestellt. Der Brasilianer verließ Ferrari nach acht Jahren und ersetzte Pastor Maldonado, der mitsamt seiner Ölmillionen bei Lotus anheuerte. Massa erlebte ein wesentlich schwierigeres Jahr als Bottas, wurde mehrfach unverschuldet aus dem Rennen gerissen und kam erst in der zweiten Saisonhälfte so richtig auf Touren. Neben der Pole Position in Spielberg, der einzigen für einen Nicht-Mercedes-Piloten, stellte der dritte Platz bei seinem Heimspiel in Interlagos das Highlight des Routiniers dar.

Krönender Saisonabschluss mit dem ersten Doppel-Podium seit neun Jahren, Foto: Williams F1
Krönender Saisonabschluss mit dem ersten Doppel-Podium seit neun Jahren, Foto: Williams F1

Beim Saisonfinale in Abu Dhabi belegten Massa und Bottas die Plätze zwei und drei, womit sie Williams das erste Doppel-Podium seit dem Großen Preis von Monaco 2005 bescherten, als Nick Heidfeld und Mark Webber die Fürstenloge beehren durfen.

Schlagzeilen machte auch Susie Wolff. Die Gattin von Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff hatte in der abgelaufenen Saison die Rolle der Entwicklungsfahrerin inne und nahm in Silverstone und Hockenheim jeweils am ersten Freien Training teil - als erste Frau seit 22 Jahren. Bei Williams zeigte man sich mit den Diensten der Britin dermaßen zufrieden, dass es jüngst zu einer Beförderung kam: Susie Wolff steigt 2015 zur offiziellen Testfahrerin auf und wird damit wohl noch öfter als bisher im Cockpit zu sehen sein.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Auch wenn es nicht zum Sieg reichte, der eine oder andere Motorsport-Traditionalist wird angesichts der Wiederauferstehung von Williams vermutlich die eine oder andere Träne verdrückt haben. Es wäre zu billig, die guten Leistungen nur auf den Mercedes-Motor zu schieben, ohne das neu zum Team hinzugestoßene Know-How wäre der FW36 kaum in der Lage gewesen, oftmals die zweite Kraft hinter den Werks-Silberpfeilen darzustellen.

Gelingt es Williams nun auch noch, in puncto Aerodynamik Verbesserungen zu erzielen, spricht nichts gegen den ersten Sieg seit dem Spanien GP 2012. Und spätesten dann sollten sich die anderen Teams fragen, warum ihre ehemaligen Mitarbeiter bei Williams zu Höchstleistungen im Stande sind, während sie selbst stagnieren. Womöglich wird ja Felipe Massas Wunsch Wirklichkeit: "Ich hoffe, dass wir im nächsten Jahr mit der Chance auf die Meisterschaft nach Interlagos und Abu Dhabi kommen können." (Philipp Schajer).