Brasilien ist GP Nummer 18 in dieser Saison. 19 Rennen werden insgesamt gefahren. Die Formel 1 ist also längst auf der Zielgeraden angekommen. Auch wenn es in Abu Dhabi doppelte Punkte gibt, aus Motorensicht ist es nur ein Rennen. Fünf komplette Power Units standen den Teams zu Saisonbeginn zur Verfügung, im nächsten Jahr sind es nur mehr vier - obwohl es ein Wochenende mehr geben wird.

Doch schon in dieser Saison steht es bei einigen Fahrern Spitz auf Knopf mit den Power-Unit-Komponenten. Sebastian Vettel musste bereits einmal aus der Box starten, Daniil Kvyat wechselte sogar schon zweimal seinen Verbrennungsmotor. Doch wie sieht es beim Rest aus? Wer muss beim Motoren-Rennen in Brasilien und dann beim Finale in Abu Dhabi um sein Aggregat bangen? Motorsport-Magazin.com weiß es.

Gibt es ein faires WM-Duell?

Es ist die größte Angst der Beteiligten und zugleich die größte Hoffnung für Nico Rosberg. Der Deutsche kann die Weltmeisterschaft nicht mehr aus eigener Kraft gewinnen, er ist auf Schützenhilfe von Lewis Hamilton angewiesen. Das oberste Gebot bei Mercedes heißt, dass es keine technischen Defekte mehr geben darf. Die Zuverlässigkeit darf am Ende nicht über den Weltmeister entscheiden. Beide Piloten hatten schon ärgerliche Defekte.

Beide Piloten haben in Brasilien ihre letzten neuen Teile eingebaut. Die Batterien sind nagelneu. Teilemäßig steht es formell unentschieden. Aber diese Zahlen alleine sind nicht besonders aussagekräftig. Rosberg hat in dieser Saison insgesamt 12.774 Kilometer zurückgelegt. Damit rangiert er hinter den beiden McLaren-Piloten auf Rang drei. Einerseits gut, andererseits schlecht: Denn seine Power-Unit-Komponenten haben somit schon mehr Kilometer auf dem Buckel als jene von Lewis Hamilton. Der Brite kommt auf 11.790 Kilometer.

Aber auch diese Statistik an sich ist noch nicht besonders aufschlussreich. Leider geben die Teams keine Auskunft darüber, welche Power-Unit-Komponenten wann eingebaut sind. Denn die unterschiedlichen Komponenten werden wild durcheinandergewürfelt. Mal ist Motor 1 zusammen mit Turbolader 4, MGU-K 3, MGH-H 4 und so weiter im Einsatz, mal sind die Komponenten komplett anders zusammengewürfelt. Über die konkreten Laufleistungen führen die Teams streng Buch, öffentlich bekannt sind diese Zahlen aber leider nicht.

So bleibt nur das genaue Beobachten. Und da hat sich der Ungarn GP im wahrsten Sinne des Wortes eingebrannt. Lewis Hamiltons Mercedes brannte im Qualifying fast komplett aus. "Einen erheblichen Teil des Autos werden wir abschreiben müssen", erklärte Paddy Lowe damals. Konkret betroffen waren Verbrennungsmotor, Turbolader, MGU-K und MGU-H. Wie hoch deren Laufleistung zu diesem Zeitpunkt waren, ist unbekannt - ganz neue waren es nicht, das hätte eine FIA-Liste verraten. Weil Ungarn nicht als Motoren-Strecke bekannt ist, könnte es sich schon um Teile mit einigen Kilometern gehandelt haben.

Trotzdem: Eine Renndistanz hat Hamilton damit sicher verloren, schließlich waren die defekten Teile für den Grand Prix in Budapest eingeplant. Die ausgetauschten Teile durften die gesamte Saison über nicht mehr eingesetzt werden, weil sie nach dem Qualifying schon unter Parc-fermé-Bedingungen getauscht wurden. Unter diesen Umständen getauschte Teile dürfen erst wieder beim letzten Rennen in Abu Dhabi eingesetzt werden. Das wird aber wohl nicht passieren, schließlich wurden sie nicht ohne Grund getauscht.

Eine Renndistanz ist nicht unbedingt zu vernachlässigen. Schon bei den Testfahrten vor der Saison gingen Mercedes-Motoren recht nah am Ende ihres geplanten Lebens-Zyklus' kaputt. Auch bei Unfällen und härteren Abflügen führt Hamilton die Statistik an - sicherlich ebenfalls nicht förderlich für die sensiblen Triebwerke. Bislang wurden neue Komponenten bei Rosberg und Hamilton aber immer gleichzeitig eingesetzt, der Fahrplan verlief trotz einiger Störfeuer recht planmäßig.

Alonso am Limit

Alonso leidet unter dem Monza-Debakel, Foto: Sutton
Alonso leidet unter dem Monza-Debakel, Foto: Sutton

Auffällig ist, dass alle Ferrari-befeuerten Piloten verhältnismäßig wenige Kilometer abgespult haben. Kilometer-Primus mit Ferrari-Power ist Fernando Alonso mit lediglich 11.746 Kilometer. Und auch bei Alonso läuft nicht alles nach Plan. In Monza musste er seinen Ferrari im Rennen abstellen. Ferrari teilte nur mit, es habe sich um einen Schaden am Hybrid-System gehandelt - Details gab es nicht.

Trainingsdefekte sind einkalkuliert, Foto: Sutton
Trainingsdefekte sind einkalkuliert, Foto: Sutton

Seitdem muss der Spanier aber extrem mit seinen Power Units haushalten. Sein Pech: Weil Monza die Motoren-Strecke schlechthin ist, waren fast alle eingebauten Komponenten nagelneu. Da offensichtlich einige Komponenten Schaden genommen haben, muss Alonso die Saison quasi mit vier Motoren bestreiten.

Schon in Austin hat Alonso ein Leistungsdefizit in Kauf genommen. Ferrari will auf keinen Fall eine Power-Unit-Strafe erhalten will. Überholen ist nicht die Stärke von Ferrari und es geht in der Konstrukteursweltmeisterschaft noch um Platz vier. Ferrari darf sich keine Ausrutscher erlauben, erst recht nicht, beim Finale in Abu Dhabi mit doppelten Punkten.

Im Training zum Brasilien GP verabschiedete sich dann Alonsos Antriebsstrang spektakulär. Aber kein Problem: Es handelte sich um ein Aggregat, dass bereits am Ende seines Zyklus' angekommen war. Im Freitagstraining kommen für gewöhnlich die ältesten Triebwerke zum Einsatz. Kommt Alonso aber auch ohne Defekt durch den Brasilien GP, sieht es wieder besser aus. Denn für das Finale mit doppelten Punkten hat sich Ferrari extra einen frischeren Motor aufgespart.

Sorgenkind Renault

Am anfälligsten sind übrigens die Power Units von Renault. Bislang gab es nur Strafe für Renault-befeuerte Piloten. Besonders empfindlich sind die Verbrennungsmotoren bei Toro Rosso: Schon in Austin musste Daniil Kvyat sein siebtes Exemplar verbauen, auch Teamkollege Jean-Eric Vergne steht schon bei sechs. Der einzige Pilot, der die gesamte Power Unit gewechselt hat, ist Sebastian Vettel.